Angler versus Edelkrebs – ein Faktencheck
Wenn man mit Anglern über einen Besatz mit Edelkrebsen spricht stellt man oft fest, dass es bei einzelnen Vorbehalte gegenüber einer solchen Aktion gibt. Oft sind die Gründe hierfür Verwechslungen mit den invasiven amerikanischen Flussarten aber oft auch schlicht Anglerlatein. Wir haben hier mal ein paar Fragen die uns öfter gestellt wurden aufgelistet und nach dem aktuellen Stand der Forschung beantwortet.
Der Edelkrebs war früher deutschlandweit verbreitet, heute gehört er zu den am stärksten gefährdeten Arten in unseren heimischen Gewässern. Die Erhaltung der Art ist im Wesentlichen auf erfolgreiche Artenschutzmaßnahmen von Angelvereinen zurückzuführen. Doch auch unter Anglern gibt es oft Vorbehalte gegenüber einem Besatz mit Flusskrebsen. In vielen Foren finden dazu Diskussionen statt. Gemeinsam mit dem Anglerverband Niedersachsen e.V. und dem Landesfischereiverband Rheinland-Pfalz haben wir uns die am meisten diskutierten Fragen angeschaut und diese nach dem Stand der Wissenschaft beantwortet. Damit möchten wir Angelvereine ermutigen, sich mit einem Edelkrebsbesatz ihrer Gewässer zu beschäftigen und bei der Entscheidung helfen, ob ein Besatz für sie Sinn macht.
Edelkrebse gehen gewöhnlich in der Dämmerung und nachts auf Nahrungssuche, sodass gelegentlich Köderfische oder Grundköder, wie Wurm und Boilie angefressen werden. Manchmal hängt der Krebs dann auch tatsächlich am Köder. Den Haken kann er aufgrund seines kleinen Mauls nicht schlucken, sodass Edelkrebse fast immer vorsichtig und unbeschadet zurückgesetzt werden können. Wenn die Köder tagsüber verschwinden oder angefressen werden, hat das meist andere Gründe. Oft sind es dann Wollhandkrabben oder amerikanische Flusskrebse, die auch tagsüber auf Nahrungssuche gehen. Zudem ist der Kontakt mit nicht-heimischen Arten heutzutage einfach wahrscheinlicher, weil es diese Arten inzwischen leider deutlich häufiger gibt. Die Angelei wird durch ein Artenschutzprogramm im heimischen Baggersee also nicht gestört.
Edelkrebse fressen alles was sie an Nahrung finden können. Dazu gehört auch Fischlaich und -brut. Allerdings entwickeln Edelkrebse nur sehr selten so dichte Bestände, dass sie Fischbestände deutlich schädigen können. Die Beobachtungen zeigen eher das Gegenteil, nämlich, dass in Seen mit Edelkrebsen oft gesündere und größere Fische vorkommen. Denn die Krebse dienen vielen Fischarten als Nahrung und tragen zu einem gesunden Gewässerökosystem bei. Anders sieht es jedoch bei den invasiven amerikanischen Flusskrebsarten, wie Kaliko-, Signal-, Marmor- und Roter Amerikanischer Sumpfkrebs aus. Diese Arten bilden unter guten Bedingungen schnell Massenvorkommen und können sich dann auch negativ auf Fischbestände auswirken.
Edelkrebse mögen eigentlich keinen schlickigen Untergrund, sondern bevorzugen sandigen und steinigen Boden. Beim Durchwühlen nach Nahrung wird das Sediment belüftet und Nährstoffe werden wieder freigesetzt, sodass die Krebse einen positiven Effekt auf das Gewässer haben. Nur ganz selten bilden Edelkrebse so dichte Bestände, dass sie bei der Nahrungssuche genügend feines Sediment aufwühlen und es zu einer Trübung kommt. Abgerissene Pflanzenteile werden meist nach kurzer Zeit gefressen. Dabei können die Krebse sogar helfen, eine Verkrautung der Gewässer zu reduzieren.
Anders sieht es bei den amerikanischen Flusskrebsarten aus. Gerade Kalikokrebs und Roter Amerikanischer Sumpfkrebs leben gerne auf schlammigem Grund und können bei für sie günstigen Bedingungen einen malerischen Teich innerhalb kurzer Zeit in einen trüben, leeren Tümpel verwandeln. Es gilt also zum Wohle der Gewässer, die heimischen Arten zu fördern und die invasiven Arten so weit wie möglich zu reduzieren, bzw. deren Ansiedlung zu verhindern.
Edelkrebse stehen zwar auf der roten Liste und sind vom Aussterben bedroht, gesetzlich fallen sie jedoch unter das Fischereirecht und genießen damit denselben Status wie eine seltene Fischart. Zudem gibt es in Niedersachsen und auch in anderen Bundesländern fischereirechtliche Regelungen für den Edelkrebs, wie beispielsweise Schonzeiten und Mindestmaße, teilweise auch ein vollständiges Entnahmeverbot. Naturschutzbehörden können aber nur aktiv werden und Einschränkungen durchsetzen, wenn dort Arten vorkommen, die unter das Naturschutzgesetz fallen. In anderen Worten: Es drohen keine Einschränkungen der Angelei, wenn sich ein Verein aktiv für den Erhalt und die Förderung der heimischen Edelkrebse einsetzt. Gegenbeispiele sind uns aus Deutschland nicht bekannt und sind aus den genannten Gründen auch sehr unwahrscheinlich.
Fischbesatz ist eines der wichtigsten Managementmaßnahmen in Angelvereinen weltweit und natürlich auch in Deutschland. Man sollte sich jedoch immer vor einem Besatz Gedanken machen, welche Ziele erreicht werden sollen. So wird ein massiver Aalbesatz in ein Krebsgewässer zu einem Rückgang und eventuell sogar zum Verschwinden der Flusskrebse führen. Das kann bei amerikanischen Krebsen sogar gewollt sein. Auch viele Welse, Barsche und Hechte werden dafür sorgen, dass ein Krebsbestand zurückgeht oder nur in kleinen Populationen etabliert werden kann. Grundsätzlich profitieren aber Fische, Krebse und somit auch Angler von einem ausgewogenen Fischbestand. Wie so oft in der Natur gilt auch hier, viel hilft nicht immer viel, sondern auch die Umweltbedingungen müssen für die ausgesetzten Tiere passen. Fast immer lässt sich ein Fischbestand nachhaltiger fördern, indem man Laichplätze und Versteckmöglichkeiten anlegt oder Schonbestimmungen anpasst. Wer einen Edelkrebsbestand erhalten möchte, besetzt, wenn überhaupt nötig, in moderater Anzahl und verzichtet auf Aale und Welse.
Wichtig: Die Krebspest kann auch über Besatzfische in ein Gewässer eingetragen werden. Deshalb sollte man beim Züchter nachfragen, ob amerikanische Krebse im Zulauf oder in seinen Zuchtgewässern vorkommen und Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. Auf Mischbesatz aus Seeabfischungen sollte man unbedingt verzichten.
Die Krebspest ist leider die größte Bedrohung für alle einheimischen Krebsarten. Und es gibt viele Eintragswege, so dass man einen Ausbruch nie zu 100% ausschließen kann. Hier sind die wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen für Angler, mit denen sich das Risiko einer Übertragung reduzieren lässt:
- Keine gebietsfremden Krebse aussetzen!
- Keine Krebse, frischen Fisch oder Shrimps als Köder verwenden
- Keine Köderfische aus anderen Gewässern nutzen
- Die Angelausrüstung (insbesondere Stiefel und Wathosen etc.) reinigen und mindestens 24 Stunden gut durchtrocknen lassen, bevor man sie wieder an einem Edelkrebsgewässer nutzt.
- Besatzfische nur aus Zuchten ohne amerikanische Krebse kaufen.
Diese Argumentation wird oft zusammen mit „die Amerikaner sind hier sowieso schon überall“ genannt. Aber abgesehen davon, dass eine Weiterverbreitung der invasiven Flusskrebsarten illegal ist, tut man sich auch aus Anglersicht überhaupt keinen Gefallen damit. Denn die amerikanischen Flusskrebsarten sind im allgemeinen aggressiver, gefräßiger und vermehren sich deutlich schneller als ihre einheimischen Verwandten. Darunter leidet über kurz oder lang das gesamte Ökosystem des Gewässers und letztendlich auch die Fische. In Foren wird oft über die kurzfristigen Erfolge einer solchen Aktion berichtet, wie Eindämmung der Verkrautung, Nahrung für die Fische usw. Das kann für eine gewisse Zeit auch gut gehen, grade wenn man durch Raubfischbesatz den Krebsbestand klein hält. Aber sobald das fragile Gleichgewicht gestört wird, verändert sich das Gewässer. Als erstes leiden Amphibien, Muscheln und Insekten, später Pflanzen und Fische. Eine Widerherstellung ist, wenn überhaupt, nur mit viel Aufwand und Geld möglich. Und los wird man die amerikanischen Krebse im Normalfall auch nicht mehr.
Und natürlich erhöht sich durch die Anwesenheit der amerikanischen Krebse auch die Gefahr, dass man selbst mit seinen Angelsachen die Krebspest weiterverbreitet. Deshalb lieber keine Flusskrebse als Amerikanische.
Film über den Edelkrebs
Zusammenfassung der Vor- und Nachteile eines Edelkrebsbesatzes:
+ Die Krebse halten das Gewässer gesund (beseitigen Laub, Pflanzenreste und tote Tiere).
+ Sie belüften die obere Sedimentschicht.
+ Sie setzen Nährstoffe frei (wichtig für Algen und Plankton).
+ Sie sind Nahrung für viele Raubfische und Vögel.
+ Sie helfen die Verkrautung der Gewässer zu reduzieren.
+ Sie verhindern, dass Insekten oder Schnecken Massenvorkommen bilden und sind ganz einfach Teil einer natürlichen Nahrungskette in heimischen Gewässern.
- Ein Besatz kostet Geld
- Die Tiere dürfen in vielen Bundesländern nicht entnommen werden
- Gelegentlich wird ein Angelköder als Krebsnahrung enden
- Es ist mit zusätzlichem Aufwand verbunden, das Risiko eines Krebspesteintrags zu reduzieren.
- Der Besatz mit Räubern wie Aal, Wels, Barsch und Hecht sollte eingeschränkt oder ganz unterlassen werden.
Mehr Informationen und Hilfe zu Edelkrebsen
Allgemeine Informationen:
Anglerverband Niedersachsen
Forum Flusskrebse
Flusskrebse RLP
Für Besatz bei Naturschutzmaßnahmen
Edelkrebsprojekt NRW
Institut für nachhaltiges Ressourcenmanagement
Krebspest
Universität Koblenz-Landau, Info-Broschüre