Viele Jahrzehnte wurde angenommen, dass die Tiefsee ein vergleichsweise monotoner, wüstenähnlicher Lebensraum sei, in dem nur wenige Tierarten leben können. In den letzten Jahren hat sich der Kenntnisstand zur Artenvielfalt (Biodiversität) in der Tiefsee deutlich verbessert und es ist inzwischen gut belegt, dass sich die Tiefsee durch eine sehr hohe Biodiversität auszeichnet. Neben anderen Faktoren spielt insbesondere die Wassertiefe eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Artenvielfalt in der Tiefsee, da die Wassertiefe die Menge und Qualität des Nahrungsangebotes und seine Verteilungswege bestimmt, und damit einen direkten Einfluss auf die Zonierung der Lebewesen hat.

Anders als früher vermutet, leben Tiefseeorganismen nicht in einem abgeschotteten und von den Prozessen an der Meeresoberfläche weitgehend entkoppelten System. Zahlreiche biogeochemische und physikalische Prozesse in der Wassersäule (Bildung und Zersetzung organischen Materials, Remineralsierung von Nährstoffen, advektive Transportprozesse, etc.) nehmen einen unmittelbaren Einfluss auf die Zusammensetzung und Funktionsabläufe innerhalb der Lebensgemeinschaften der Tiefsee und können von erstaunlicher räumlicher und zeitlicher Variabilität sein.

 

Da polare Organismen in hohem Maße an extreme Klimabedingungen und eine ausgeprägte Saisonalität angepasst sind, stellen die aktuellen Klimaveränderungen in der Arktis eine große Herausforderung für die dort angesiedelten Lebensgemeinschaften dar. Sich ändernde Eis- und Nahrungsverhältnisse, eine zunehmende Umweltverschmutzung, die Erwärmung und Versauerung des Ozeans und eine zukünftig möglicherweise erhöhte UV-Belastung werden das gesamte System stark belasten. Die Stabilität verschiedener arktischer Populationen und Ökosysteme ist vermutlich nicht ausreichend, der Summe dieser Faktoren zu widerstehen.

Um die Auswirkungen großräumiger Klimaänderungen auf ein Tiefsee-Ökosystem zu ermitteln, und um jene Faktoren zu ermitteln, welche die außergewöhnlich hohe Artenvielfalt in der Tiefsee ermöglichen, hat das Alfred-Wegener-Institut in einem Übergangsbereich zwischen dem nördlichen Nordatlantik und dem zentralen Arktischen Ozean das Tiefsee-Observatorium HAUSGARTEN errichtet.