Kontakt:
Dr. Mario Hoppmann
Webseite:
Lilian Schubert
Verankerungen sind Messsysteme, die mehrere Jahre an einer bestimmten Stelle im Ozean verbleiben. Eine Verankerung besteht zunächst aus einem Grundgewicht, einem langen Seil, und einigen Auftriebskörpern, die das Seil senkrecht in der Wassersäule halten. An dem Seil werden verschiedenen Messinstrumente befestigt, die selbstständig z.B. die Wassertemperatur, den Salzgehalt, die Strömungsgeschwindigkeit und -richtung, und viele weitere wichtige Größen messen können. Darüber hinaus gibt es auch Geräte, die z.B. die Eisdicke messen, die Schwebstoffe im Wasser auffangen, Wasserproben nehmen, oder sogar die Laute von Meeressäugern aufzeichnen können.
Verankerungen können mehrere Kilometer lang sein. Sie werden während Schiffsexpeditionen mithilfe von Kränen, Schiebebalken und Seilwinden ins Wasser gelassen. Das Grundgewicht wird auf dem Meeresboden abgestellt, und die am Seil befestigten Auftriebskörper halten das Seil (nahezu) senkrecht in der Wassersäule. Das Seil ist genau abgemessen, so dass sich die obersten Auftriebskörper in sicherem Abstand zur Wasseroberfläche befinden. Die Messgeräte werden vorher mit einem Computer programmiert, und während des Ablassens am Seil befestigt. Sie messen dann eigenständig z.B. jede Stunde die Wassereigenschaften. Die Batterien der Geräte halten meistens mehrere Jahre.
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Die geographische Position solch einer Verankerung muss beim Auslegen genau aufgeschrieben werden. Innerhalb der nächsten 1-5 Jahre wird dieser Ort wieder von einem Schiff besucht, um die Verankerung, und insbesondere die Messgeräte mit ihren wertvollen Daten, wieder einzusammeln. Aber wie bekommt man das Ganze wieder aus dem Wasser?
Ganz unten am Ende des Seils, direkt über dem Grundgewicht, ist ein besonderes Gerät befestigt: ein sogenannter (Posidonia-) Auslöser, oder englisch: „Releaser“. Dabei handelt es sich um ein Instrument, dass mittels akustischer Signale angesprochen werden kann, um dann einen Haken zu öffnen. Dieser Haken ist mit dem Grundgewicht verbunden. Durch dieses „Auslösen“ kann sich nun das gesamte Seil vom Grundgewicht lösen, und mit all seinen Auftriebskörpern und Geräten aufschwimmen.
Die Signalübertragung von Bord des Schiffs erfolgt mithilfe einer sogenannten Posidonia-Anlage, die sogar in der Lage ist, den Aufstieg der Verankerung im Wasser zu verfolgen. Die akustische Kommunikation mit solch einem Auslöser funktioniert selbst in Tiefen bis zu einigen Kilometern. Im Laufe der nächsten Minuten nach dem Auslösen tauchen die Auftriebskörper dann nach und nach an der Wasseroberfläche auf, und die Verankerung kann eingesammelt werden. Das tonnenschwere Grundgewicht, normalerweise bestehend aus mehreren Eisenbahnrädern, verbleibt auf dem Meeresboden. Dort wird es nach und nach von Organismen besiedelt. Die einzelnen Geräte werden vom Seil gelöst, und die Daten per Computer ausgelesen.
Schiffsexpeditionen, insbesondere in die Polargebiete, sind sehr teuer und logistisch aufwändig. Sie sind aber gleichzeitig dringend notwendig, um das Klimasystem, und deren dramatische Veränderungen, besser zu verstehen. Vor Allem in der Meeresforschung gibt es im Hinblick auf das Sammeln von Beobachtungsdaten folgende 3 besondere Herausforderungen:
Nur durch den Einsatz selbstständig messender Sensoren an geeigneten Plattformen (wie z.B. Verankerungen, aber auch an Messbojen) kann all diesen verschiedenen Aspekte begegnet werden. Ein Beispiel dafür wäre der Betrieb mehrerer Verankerungen mit physikalischen und biogeochemischen Sensoren verteilt über ein bestimmtes Gebiet (z.B. in der Framstraße, oder im Weddellmeer) über eine Dauer von mehreren Jahren, oder sogar Jahrzehnten. Dies wird am AWI seit Langem so gemacht, und bildet das Rückgrat unserer Langzeitbeobachtungen.
Das klingt in der Theorie alles ziemlich einfach, aber tatsächlich können eine Menge Probleme auftauchen. Hier ist eine kleine Auswahl:
Das Design einer Verankerung muss während der Planungsphase penibel genau durchgerechnet werden. Insbesondere das Verhältnis zwischen den luftgefüllten (aber druckfesten) Auftriebskörpern und dem Gewicht der angehängten Geräte muss stimmen. Auch müssen die Auftriebskörper an geeigneten Stellen am Seil eingebaut werden. Dasselbe gilt natürlich auch für die Art der Sensoren und die Tiefen, in den sie hängen sollen. Dies wird im Vorfeld vom zuständigen Wissenschaftler bestimmt. Es kann manchmal sein, dass die Auftriebskörper platzen, Wasser in Sensoren eindringt, Seile reißen, Schäkel oder Ringe (oder sogar Sensoren) korrodieren. Zum Glück passiert das aber eher selten.
Dadurch dass die Sensoren so lange im Wasser sind, sind insbesondere die flacheren Instrumente von „Biofouling“ betroffen. Das bedeutet, dass sie im Laufe der Zeit von Organismen bewachsen werden, die die Qualität der Messdaten stark beeinflussen.
Manchmal passiert es, dass man eine Verankerung nicht wiederfindet, oder dass sie nach dem Auslösen einfach nicht auftaucht. Dies kann sehr viele verschiedene Ursachen haben. Die Position kann falsch sein, der Auslöser defekt, das Seil lange vorher gerissen, oder es kann nebelig und die Sicht beeinträchtigt sein. Im offenen Wasser bereitet die Aufnahme trotzdem normalerweise kein Problem, es sei denn, der Wind ist extrem stark.
Im Eis muss man die Verankerung entweder akustisch einpeilen und im Umreis das Meereis frei brechen, oder man hat Glück, dass sich die Auftriebskörper selbst ihren Weg zwischen den Eisschollen an die Oberfläche suchen – und finden. Dann muss sich das Schiff geschickt der Verankerung nähern, ohne sie zwischen den Schollen zu zerquetschen. Die letzten Meter werden dann mit Hilfe des bemannten Mummy-Chairs überwunden, von dem aus eine Seilverbindung zum Schiff hergestellt wird.