Wenn Wissenschaftler von Klimaarchiven sprechen, dann haben sie kein echtes Buch und keine Bibliothek im Hinterkopf. Sie meinen stattdessen Gletscher- oder Bodeneis, fossile Tierreste wie Muschelschalen oder eben auch Bodenproben vom See- oder Meeresgrund, die sie mit Bohrern an die Wasseroberfläche geholt haben. Alle drei „Archive“ haben nämlich eines gemeinsam. In ihnen sind entweder Wasser (meist in Form von Eis) oder Siliziumdioxid (u.a. im Opalgerüst der Kieselalgen) gespeichert. Das Besondere daran ist: Der geochemische Fingerabdruck beider Stoffe unterscheidet sich, je nachdem, welche Umweltbedingungen herrschten als die Kieselalge heranwuchs oder der Schnee auf Grönlands Eisschild herabrieselte.
„Sowohl Wasser als auch Siliziumdioxid enthalten Sauerstoffisotope, deren Verhältnis wir in unserem Stabilen Isotopenlabor untersuchen. Denn abhängig von der Umgebungstemperatur werden die stabilen Isotope in einem bestimmten Verhältnis in ein Eiskristallgitter, in die Muschelschale oder eben in das Gerüst der Kieselalge eingebaut. Wir messen in unserem Labor dieses Verhältnis und können anhand unserer Ergebnisse zum Beispiel die Lufttemperatur bestimmen, die zum Zeitpunkt der Bildung vorherrschte“, sagt AWI-Klimaforscher Dr. Hanno Meyer.
Er leitet die ISOLAB Facility - das Labor für Stabile Isotope am AWI Potsdam, in dem einige der weltweit wichtigsten Temperatur-Rekonstruktionen der Klimavergangenheit durchgeführt wurden: so zum Beispiel die Analyse des Dronning-Maud-Land-Eiskernes, welchen AWI-Forscher und ihre internationalen Partner im sogenannten EPICA-Projekt geborgen hatten.