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UN-Klimakonferenz in Baku | COP 29
Ab dem 11.11. treffen sich Akteure aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft zur Weltklimakonferenz COP29, die in diesem Jahr in Baku, Aserbaidschan stattfindet. Angesichts der extremem Klima- und Wetterereignisse, die wir 2024 erlebt haben, scheint es wichtiger denn je, dass sich die Teilnehmenden zu konsequenten Maßnahmen bekennen und schnell verbindlich handeln, um die globale Erwärmung und ihre Folgen für Mensch und Natur zu begrenzen. Bei der COP29 wird es deshalb um konkrete Ansätze zum Klimaschutz gehen, aber auch um die gerechte Finanzierung von Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels und zur Anpassung an seine Folgen.
Klimawandel und Artenvielfalt
Anfang November ging die Weltnaturschutzkonferenz im kolumbianischen Cali zu Ende, mit gemischten Gefühlen. So blieben wichtige Beschlüsse aus, etwa zur Finanzierung von Naturschutzmaßnahmen und der Umsetzung des Abkommen aus Montreal, das bis 2030 weltweit 30 Prozent der Fläche an Land und in den Meeren unter Schutz stellen sollte. Allerdings konnten die Teilnehmerstaaten auch einiges auf den Weg bringen, zum Beispiel bei der Errichtung von Meeresschutzgebieten, der Stärkung der Rechte von indigenen Gemeinden und die enge Verzahnung von Natur- und Klimaschutz. Es ist deutlich geworden, das Letzteres nicht ohne einander funktioniert: Der Klimawandel bedroht die Artenvielfalt und die lebenserhaltenden Funktionen der Ökosysteme, darunter auch die Fähigkeit, CO₂ zu binden und den Klimawandel auf natürliche Weise zu bremsen. Umgekehrt beschleunigt die Freisetzung von Treibhausgasen aus absterbenden Wäldern, austrocknenden Mooren und auftauenden Permafrostböden den Klimawandel mit seinen Auswirkungen auf Mensch und Natur. Der Erhalt der Artenvielfalt und unserer natürlichen Lebensgrundlagen wird daher auch auf der COP29 weiter ein Thema sein.
AWI-Ökophysiologe Hans-Otto Pörtner hat an der Konferenz in Cali teilgenommen und wird auch in Baku vor Ort sein. Er fordert entschlossenes Handeln, um Versäumtes nachzuholen und den Klimawandel und seine Schäden zu begrenzen: „Ausbremsen und Verzögern, Kopf in den Sand sind die aktuell dominierenden Strategien in der internationalen Klimapolitik und zum Teil auch auf der nationalen Ebene. Die Verfassungen der Nationen dieser Welt sollten die Fundamente der Existenz des Menschen und der Natur ausformulieren und in dieser Normierung keinen Spielraum für schädliches Verhalten lassen.“ Nur so könne es gelingen, neue wirtschaftliche Entwicklungen nur noch mit Erneuerbaren Energien zu erlauben und den Fossilen mittelfristig den Garaus zu machen. „Sozialer und internationaler Ausgleich ist auf dem Weg dorthin essenziell. Demokratie, Klimaschutz und Biodiversitätsschutz sind zusammen genommen das Fundament einer gesunden Gesellschaft und ihrer gesunden natürlichen Ressourcen.“
Gerechte Klimafinanzierung
Das Thema „Geld“ wird in diesem Jahr die Verhandlungen auf der Weltklimakonferenz in Baku bestimmen. Denn die Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) stehen vor der Aufgabe, ab 2025 ein neues globales Ziel für die internationale Klimafinanzierung festzulegen. Dieses wurde 2009 auf der COP15 in Kopenhagen beschlossen: Industrienationen sollten ab 2020 jährlich 100 Milliarden US Dollar für „Entwicklungsländer“ bereitstellen, damit diese Maßnahmen zu Klimaschutz und Klimaanpassung umsetzen können. Die Umsetzung dieses Ziels ist international sehr umstritten. Zudem zeigen verschiedene Bedarfsprognosen, dass die 100 Milliarden US Dollar längst nicht mehr ausreichen, sollte die Weltgemeinschaft auf dem bisherigen Pfad bleiben. Die Ausgaben müssten sich mindestens verzehnfachen, um die Klimaziele des Übereinkommens von Paris einzuhalten.
„Wir brauchen einen regelrechten Quantensprung in der globalen Klimafinanzierung und einen neuen Ansatz für eine tragfähige, internationale Klimafinanz-Architektur. Es müssen Wege gefunden werden, um bei den Finanzhilfen für die Entwicklungsländer in der nächsten Hälfte dieser Dekade von Milliarden zu Billionen US-Dollar zu kommen“, sagt Reimund Schwarze vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Der Klimaökonom hat gemeinsam mit Ralf Röchert vom Alfred-Wegener-Institut ein allgemeinverständliches Hintergrundpapier zu den finanzpolitischen Verhandlungen rund um die Weltklimakonferenz in Baku geschrieben. Das Paper erklärt, wie ein bedarfsorientiertes, gleichzeitig realistisches Verhandlungsergebnis der COP29 aussehen könnte.
Treibhausgasemissionen müssen reduziert werden, und Methan steht neu im Fokus
Anthropogene Emissionen sind derzeit die treibende Kraft der globalen Erwärmung. Vor allem die Vermeidung von Kohlendioxid (CO2) steht häufig im Fokus von Klimaschutzbemühungen. Auf der COP29 wird nun ein weiteres Treibhausgas genauer betrachtet: Methan (CH4). „Methan ist nach CO2 das wichtigste Treibhausgas. Wenn auch in geringerer Konzentration ausgestoßen, jedes CH4 Molekül ist 27-Mal so klimawirksam wie ein CO2 Molekül,“ sagt Lona van Delden, Permafrostforscherin am AWI.
Und es gelangen immer größere Mengen in die Atmosphäre. Zum Beispiel aus der Tierhaltung, der Industrie aber vermehrt auch aus natürlichen Quellen, wie den Feuchtgebieten und tauendem Permafrost, wo große Mengen Kohlenstoff gespeichert sind. Der Klimawandel erwärmt gerade polare Regionen fast viermal schneller als dem Rest der Welt: Die Böden beginnen zu tauen und setzen den gespeicherten Kohlenstoff als Treibhausgase wie CO2 und CH4 frei. „Die verfügbaren Datenmodelle stimmen darin überein, dass die Permafrostregion zunehmend zu einer wichtigen Methan-Quelle wird und somit die CO2 Aufnahme durch boreale Wälder und Feuchtgebiete in den nördlichen Breitengraden weitgehend neutralisiert,“ so Lona van Delden.
Auf der COP wird es darum gehen, wie die Weltgemeinschaft den Ausstoß von Methan schnell verringern kann. „In so einem Zusammenhang ist es unabdingbar, Beobachtungsnetzwerke wie die ‚Global Greenhouse Gas Watch‘ der Weltorganisation für Meteorologie zu stärken, um aktuelle, wissenschaftlich fundierte Daten insbesondere aus diesen gefährdeten und abgelegenen Polargebieten für Forschung, politische Entscheidungsträger und Allgemeinheit verfügbar zu machen.“
Klimafreundliche Industrie und Plastikabkommen
Auf der COP wird es auch darum gehen, wie Klima- und Naturschutz mit der Wirtschaft in Einklang gebracht werden können. Eine klimafreundliche Industrie ist nicht nur notwendig, um Emissionen zu senken, sondern auch, um Ressourcen und Umwelt zu schonen. Dies könnte durch eine effektive Kreislaufwirtschaft erzielt werden, die schon bei der Gewinnung der Rohstoffe anfängt, während der Produktion auf klimafreundliche Prozesse achtet und den Lebenszyklus von Produkten verlängert, um Abfälle zu vermeiden.
Die Gespräche auf der COP könnten direkt in die Verhandlungen der Vereinten Nationen einfließen, die ab dem 25. November in Busan ein verbindliches Abkommen zur Eindämmung der Plastikverschmutzung anstreben. AWI-Meeresbiologin Melanie Bergmann wird die deutsche Delegation nach Busan begleiten. Für die Wissenschaftlerin steht fest, dass die Produktion von Plastik deutlich reduziert werden muss, um das Problem einzudämmen: „Für das globale Plastikabkommen ist es wichtig, ambitionierte Ziele zu formulieren, die den gesamten Lebenszyklus von Plastik in den Blick nehmen: von der Rohstoffgewinnung über die Produktion in der Fabrik und den anschließenden Gebrauch bis hin zum Ende, sei es auf einer Deponie, in der Müllverbrennung oder beim Recycling“. Kryosphäre am Kipppunkt für unumkehrbare Verluste und Schäden
Global Carbon Project
Auf der COP28 in Dubai hat sich die Staatengemeinschaft dazu bekannt, das fossile Energie-Zeitalter zu beenden. Mit einem massiven Ausbau von sauberen und erneuerbaren Energien bis 2030 sollte die Wende gelingen. Allerdings: Trotz der Fortschritte bei sauberen und erneuerbaren Energien treibt der wachsende Erdgas- und Ölverbrauch die globalen fossilen Emissionen weiter in die Höhe. 2024 werden sie so hoch sein, wie nie zuvor. Blieben die Emissionen auf dem Niveau wie bisher, wäre das Kohlenstoffbudget, das uns bleibt, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen (mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit), schon in diesem Jahrzehnt aufgebraucht. Das zeigt der neuste Bericht, den das Global Carbon Project auf der COP vorstellt. Damit fehlen weiterhin Anzeichen für den schnellen und starken Rückgang der Emissionen, der nötig wäre, um die Auswirkungen des Klimawandels einzugrenzen.
Die anhaltend hohen Emissionen und der Klimawandel setzen den natürlichen Senken an Land und den Ozeanen zu. So haben die Ozeane im vergangenen Jahrzehnt durchschnittlich 10,5 Gigatonnen pro Jahr aufgenommen, das sind 26 Prozent der gesamten Emissionen. „Der Klimawandel hat die Fähigkeit der Ozeane, CO2 aufzunehmen, in den letzten zehn Jahren um etwa 6 Prozent verringert,“ sagt Judith Hauck, Umweltforscherin am AWI, die für den Bericht die Beiträge zu der Ozeansenke koordiniert hat
Mehr zum Bericht des Global Carbon Project
Der aktuelle Zustand unserer Schnee- und Eisregionen
Wie sehr setzen die aktuellen und andauernden Klimaveränderungen den Schnee- und Eisregionen unserer Erde zu? Der neueste „State of the Cryosphere Report 2024“, der am 12. November veröffentlicht wurde, gibt Aufschlüsse und warnt davor, dass sich die beschleunigenden Verluste in der Kryosphäre der Welt weitaus stärker auf die Weltwirtschaft auswirken und größere Kosten verursachen können, als bisher angenommen. Denn die jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Kryosphäre aus dem Jahr 2024 zeigen, dass das Risiko steigt, dass wichtige Kipppunkte für die arktischen und antarktischen Eisschilde, viele Landgletscher und den AMOC erreicht oder gar überschritten werden, je länger die globale Temperatur 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau bleibt. Das Auftauen der Permafrostböden nimmt mit jedem Bruchteil der Erwärmung zu – es gibt keinen plötzlichen „Kipppunkt“ und keine „Sicherheitsspanne“ – und mit jedem Anstieg des atmosphärischen CO2 nimmt die Versauerung der polaren Ozeane zu.
Mehr als 50 führende Kryosphärenwissenschaftler, auch vom AWI, haben an dem Bericht mitgewirkt, den die Internationale Kryosphären-Klima-Initiative (ICCI) auf der COP29 vorgestellt hat. Den ganzen Bericht, Zahlen und Hintergrundmaterial gibt es hier: https://iccinet.org/statecryo24/.
Weiterführende Informationen
Der Berichterstattungsdienst Earth Negotiations Bulletin fasst täglich die wichtigsten Ergebnisse der COP 29 zusammen (in englischer Sprache). Mehr erfahren
Das Hintergrundpapier zu den finanzpolitischen Verhandlungen rund um die Weltklimakonferenz in Baku. Mehr erfahren
Die Deutsche Bundesregierung richtet den Deutschen Pavillon auf der COP29 aus. Das Programm wird während der Klimakonferenz live aus Baku übertragen. Mehr erfahren
AWI @ COP 29
AWI-Forschende sind in Baku vor Ort und nehmen an verschiedenen Side Events teil, um wissenschaftliche Impulse in die Verhandlungen einzubringen.