Wie ein Förderband transportiert die atlantische meridionale Umwälzzirkulation (AMOC) warmes Wasser aus den Tropen an der Oberfläche Richtung Norden und kaltes Wasser in den Tiefen nach Süden. Durch diese Wärmeverteilung spielt sie eine zentrale Rolle im globalen Klimasystem. Die steigende globale Erwärmung als Folge des Klimawandels verändern jedoch die Zirkulationsmuster der AMOC. Forschende des Alfred-Wegener-Instituts haben in einer aktuellen Studie herausgefunden, dass diese Veränderung seit der letzten Eiszeit dazu geführt hat, dass sich der atlantische subtropische Wirbel asynchron polwärts verschiebt, wegen der „bipolaren Wippe“. Zusätzlich zu den relativ kurzfristigen Veränderungen der AMOC, führt der natürliche globale CO2-Anstieg zu einer langfristigen Veränderung der Wirbel, die auf einer glazialen und interglazialen Zeitskala polwärts driften. Einige der regionalen Drifts erreichten eine Amplitude von mehr als 6°, was auf eine lange Reise hindeutet, so als ob der Wirbel von Bremerhaven nach München gewandert wäre. Es scheint, dass er seine Reise fortsetzen wird. Dies hat Auswirkungen auf das Klima und die marinen Ökosysteme. Die Forscher haben ihre Ergebnisse in der Zeitschrift Geophysical Research Letters veröffentlicht.
Ozeanwirbel gibt es in unterschiedlichen Größen. Ihr Durchmesser reicht von wenigen Metern bis hin zu mehreren Kilometern. Je nach Größe haben sie unterschiedlichen Einfluss auf das Klima unseres Planeten. Sie beeinflussen, wie Ozeane Wärme, Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufnehmen und transportieren und wie Nährstoffe verteilt werden. Subtropische Wirbel sind riesige Ozeanzirkulationssysteme, die die Tropen und die hohen Breitengrade miteinander verbinden. „Satellitenbeobachtungen zeigen, dass die großen Ozeanwirbel der Erde mit einer Geschwindigkeit von etwa 0,1 Grad pro Jahrzehnt polwärts driften. Verdoppelt sich der CO2-Gehalt in der Atmosphäre, könnten sie sogar 1 Grad erreichen“, sagt Tainã Pinho, Erstautor vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI).
Um die Auswirkungen der Veränderungen der subtropischen Wirbel auf das Klima, unsere Gesellschaft und die marinen Ökosysteme vollständig zu verstehen, haben die Forschenden mit Modellsimulationen untersucht, wie sich die subtropischen Wirbel im Nord- und Südatlantik seit der letzten Eiszeit verschoben haben. „Mithilfe der relativen Häufigkeit winzig kleiner, planktonischer Einzeller (Foraminiferen) und numerischen Modellierungsergebnissen konnten wir feststellen, dass sich die subtropischen Wirbel seit der letzten Eiszeit bis heute polwärts verschoben haben“, sagt Tainã Pinho. „Der Anstieg des atmosphärischen CO2 hat diese langfristige Verschiebung in der Vergangenheit verursacht, weil er zu Veränderungen in den ozeanischen und atmosphärischen Zirkulationsmustern führte.“ Die Wirbel sind jedoch nicht zur gleichen Zeit polwärts gewandert, sondern driften in den letzten 22.000 Jahre getrennt voneinander in Richtung hoher Breitengrade. Diese Asymmetrie in der polwärts gerichteten Verschiebung ist eng mit dem Konzept der „bipolaren Wippe“ verbunden, das eine entgegengesetzte thermische Reaktion zwischen den Hemisphären definiert. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der subtropische Wirbel im Südatlantik während des Übergangs von der letzten Eiszeit zum Holozän mit der Erwärmung der Antarktis über atmosphärische Brücken begonnen haben könnte, bevor der subtropische Wirbel im Nordatlantik eine ähnliche Erwärmung der Arktis einleitete.“
Dieses entgegengesetzte thermische Reaktionsmuster ist als „bipolare Wippe“ bekannt und wird mit Veränderungen in der Stärke der AMOC in Verbindung gebracht. „Wir haben herausgefunden, dass sich der subtropische Wirbel während der letzten Eiszeit je nach Stärke der AMOC und der bipolaren Wippe in Richtung Pol bewegt“, erklärt Tainã Pinho. Im Südatlantik verlagerte sich der Wirbel, wenn es in der südlichen Hemisphäre wärmer und die AMOC schwächer wird. Im Nordatlantik hingegen begann der Wirbel polwärts zu driften, wenn die AMOC stärker wird und sich die nördliche Hemisphäre erwärmt – also 1.500 Jahre später der Wirbel im Südatlantik. Diese Ergebnisse aus der Vergangenheit deuten darauf hin, dass die natürliche Verschiebung der Wirbel in der heutigen Zeit von menschlichen Aktivitäten beeinflusst wird. „Die Position von subtropischen Ozeanwirbeln gestalten den Wärmetransport im Atlantik. Zum Beispiel trägt die polwärts gerichtete Verschiebung zur Erwärmung der hohen Breiten im Rahmen der polaren Verstärkung bei.“
Originalpublikation
Pinho, T.M.L., Yang, H., Lohmann, G., Portilho‐Ramos, R.C., Chiessi, C.M., Bahr, A., Nürnberg, D., Repschläger, J., Shi, X., Tiedemann, R., Mulitza, S., 2025. Asynchronous Poleward Migration of the Atlantic Subtropical Gyres Over the Past 22,000 years. Geophys. Res. Lett. 52. https://doi.org/10.1029/2024GL111497