08. Februar 2009
Pressemitteilung

Stellungnahme des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung zur Auswahl des aktuellen Untersuchungsgebietes von Polarstern

Bremerhaven, den 08.02.2009. In der aktuellen Ausgabe des  „Spiegel“ wird über falsche Vorwürfe berichtet, die das Bundesumweltministerium gegen das Eisendüngungsexperiment des Forschungsschiffs „Polarstern“ erhebt. Das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft nimmt wie folgt Stellung:

Das wichtigste Kriterium für die Auswahl eines für ein Eisenexperiment geeigneten Wirbels ist das Vorhandensein von Arten aus dem Küstenplankton sowie die Stabilität des Wirbels. Nur ein stabiler Wirbel kann die von der Küste beeinflussten Wassermassen halten und vor Vermischung mit Umgebungswasser des offenen Meeres schützen. Die Entfernung von der Küste ist daher nicht das Ausschlag gebende Kriterium. Dies hat auch die <link fileadmin user_upload news selected_news lohafex>Risikoanalyse deutlich gemacht: die Stabilität des Wirbels und das Auftreten von Küstenplankton wurden als wichtigste Merkmale hervorgehoben.

Dieses Jahr sind die Wirbel nördlich von Süd-Georgien unbeständig und weisen keinen geschlossenen Kern auf. Die Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts haben das Gebiet in den Archiven von Satellitenaufnahmen ab 2005 analysiert und hatten im Vorfeld diese Gegend aufgrund regelmäßig auftretender stabiler Wirbel ausgewählt. Die ursprünglich für das Experiment vorgesehenen Ozeanwirbel erwiesen sich aber durch die Untersuchungen vor Ort als nicht sehr tief gehend (ca. 200 Meter Wassertiefe), sie waren kaum geschlossen und daher zu instabil, um über den geplanten Zeitraum das Experiment durchführen zu können. Daher war eine Verlegung notwendig.

Am 22. Januar hat das Alfred-Wegener-Institut auf einer Informationsveranstaltung in Berlin ein Gebiet 360 bis 900 Kilometer nordöstlich von Südgeorgien genannt, das auf der Basis von Satellitenbeobachtungen als geeignet angesehen wurde. Die genauen Analysen vor Ort zeigten, dass ein geeigneter Wirbel für das Eisendüngungsexperiment nur bei 48 Grad Süd und 16 Grad West vorlag. Das liegt 1530 Kilometer von Südgeorgien entfernt, also 630 Kilometer weiter östlich als der Radius, der auf der Informationsveranstaltung angegeben worden war.

Die von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen externen Gutachten beziehen sich nicht auf eine bestimmte Entfernung von der Küste, sondern betonen alle, dass das wichtigste Kriterium die Beeinflussung durch Küstengewässer ist. Diese Beeinflussung wurde durch die Untersuchungen vor Ort nachgewiesen. Die Zusammensetzung im ausgesuchten Wirbel weist eine Reihe von Phytoplanktonarten aus Küstengewässern auf (siehe Daten "Phytoplankton" auf der AWI-Lohafex Webseite).
Der Wirbel liegt im Bereich der Fahne von Küstenarten von Kieselalgen, die sich von der Antarktischen Halbinsel und von Südgeorgien ostwärts erstreckt. Zum Vergleich: Die von der Küste von Crozet Island sich erstreckende Fahne von küstenbeeinflusstem Wasser dehnt sich mindestens 1200 Kilometer aus.

Die in der Risikoanalyse getroffenen Feststellungen und die Gutachten gelten uneingeschränkt für den gedüngten Wirbel. Daher sind die in der Meldung des Spiegel verbreiteten Informationen aus dem Bundesumweltministerium, es handele sich um ein Gebiet, das nicht von der Küste beeinflusst ist und auf das daher die Gutachten nicht zuträfen, unhaltbar.

Prof. Karin Lochte, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, erläutert die Haltung des Alfred-Wegener-Instituts: "Die externen Gutachten bescheinigen, dass das Lohafex-Experiment mit der London-Konvention uneingeschränkt vereinbar ist und auch die Aussagen der CBD-Entscheidung nicht verletzt. Weiterhin bestätigen sie, dass die beteiligten Forscher höchste Reputation genießen und das Experiment den modernsten wissenschaftlichen Standards entspricht. Wer, wenn nicht ein renommiertes Forschungsinstitut wie wir, kann die Daten, die in den internationalen Konventionen für eine fundierte Diskussion gefordert werden, liefern?" Sie betont außerdem: "Wir sind daran interessiert, den scheinbaren Widerspruch zu Umweltschutzorganisationen auszuräumen und befürworten einen Schulterschluss, um in Fragen Klimaschutz zukünftig an einem Strang zu ziehen.“

Weitere Informationen zu Lohafex finden Sie auf der Webseite des Alfred-Wegener-Instituts.

Hinweis für Redaktionen:

Ihre Ansprechpartnerin in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Alfred-Wegener-Instituts ist Margarete Pauls, Tel. 0471 4831-1180 (E-Mail: Margarete.Pauls@awi.de).


Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der fünfzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

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