06. Juni 2019
Online-Meldung

Die epische Suche nach dem ältesten Eis in der Antarktis beginnt

Bohrphase des EU-Projektes Beyond EPICA - Oldest Ice startet offiziell
Sonniger Tag (Foto: Alexander Weinhart)

Am 1. Juni 2019 begann offiziell das europäische Projekt „BEYOND EPICA – Oldest Ice Core“ mit dem Ziel, 1,5 Millionen Jahre altes Eis zu erbohren und aus der Antarktis zu bergen. Das vorherige Projekt EPICA (1996-2005) barg Eis, dass 800.000 Jahre alt war. Jetzt möchte ein internationales Forschungsteam darüber hinaus gehen, auf englisch: „to go BEYOND“!

Der in der Antarktis gewonnene Kern soll Informationen über die Treibhausgase geben, die im sogenannten Übergang des mittleren Pleistozäns (vor ca. 900.000 bis 1,2 Millionen Jahre vor heute) in der Atmosphäre vorhanden waren, so hoffen die Forschenden. Zu Beginn des Pleistozän vergletscherte die Arktis, in der Mitte des Pleistozän entstand die Gattung Homo mit den Urmenschen. In dieser Zeit änderte sich die Periodizität im Wechsel von Kalt- und Warmzeiten von 41.000 Jahre auf 100.000 Jahre. Während die 41.000-Jahreszyklen über regelmäßige Neigungsänderung der Erdachse verursacht werden, sind die 100.000-Jahreszyklen mit der Exzentrizität der Erdbahn verknüpft. Herauszufinden, was diese Änderung hervorrief, ist Ziel des Projektes.

Dazu haben sich Experten aus zehn europäischen Ländern und 16 Forschungsinstitutionen unter der Koordination von Carlo Barbante und seinem Management-Team von Nationalen Forschungszentrum und der Ca’ Foscari Universität in Venedig, Italien, zusammengeschlossen, um das Projekt im Rahmen des EU Forschungsprogramms Horizon 2020 durchzuführen.

Der Ort der Bohrung, der sogenannte Little Dome C, wurde in der vorangegangenen Projektphase von Beyond EPICA unter der Führung des Glaziologen Prof. Olaf Eisen vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) ausgewählt. Glücklicherweise ist der Bohrpunkt nur ca. 40 km von der Concordia-Station entfernt, einer italienisch-französischen Forschungsbasis auf dem hohen antarktischen Plateau am Dome C, über 1000 km von der nächsten Küste entfernt auf einer Höhe von 3233 Meter über dem Meeresspiegel, betrieben von der französischen und italienischen Polaragenturen IPEV und PNRA. Hier erreichen an einem milden Sommertag die Temperaturen maximal -25°C, während sie im Hochwinter unter -80°C fallen. Auch wenn es absurd klingt, wenn man sich auf drei Kilometern gefrorenem Wasser befindet, aber Dome C ist ebenso trocken wie die Wüste Sahara. „Wegen der geringen jährlichen Niederschlagsmengen sammelt sich der Schnee nur langsam an. Dabei werden allmählich wertvolle Luftblasen im Eis eingeschlossen, die wir analysieren werden, um die Zusammensetzung der Atmosphäre in der tiefen Vergangenheit unseres Planeten bestimmen zu können“, so Prof. Frank Wilhelms, ebenfalls vom AWI, der die eigentliche Tiefbohrung leiten wird. „Sorgfältige Analysen der Isotopenverhältnisse in diesem uralten Eis werden unser Thermometer sein“, so Wilhelms.

„Wir hoffen, das vergangene Klima unseres Planeten so untersuchen zu können und damit unser Verständnis der gegenwärtigen Prozesse im Klimasystem und unsere Modelle für die zukünftigen Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels weiter zu verbessern.“, so Prof. Eisen.

Das gesamte Bohrprojekt wird etwa elf Millionen Euro kosten und insgesamt sechs Jahre benötigen, um das Eis aus der großen Tiefe zu erbohren, nach Europa zu verschiffen und zu analysieren – wenn alles nach Plan geht. In der kommenden Antarktissaison 2019/20 werden etwa zehn Personen die Arbeiten zur Errichtung des Bohrcamps und der eigentlichen Bohrung beginnen, begleitet von weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen.

Kontakt

Wissenschaft

Frank Wilhelms
+49(471)4831-1551

Wissenschaft

Olaf Eisen
+49(471)4831-1969

Pressestelle

Folke Mehrtens
+49(0)471 4831-2007