Eine neue Studie zu sommerlichen Hitzewellen im Nordostpazifik geht davon aus, dass diese noch intensiver und länger ausfallen könnten, als es anhand der langfristigen Erwärmung angenommen wurde. Dies könnte schwerwiegende Auswirkungen auf Meeresökosysteme und die Fischereiwirtschaft haben. Die Studie wurde kürzlich in der Zeitschrift Communications Earth & Environment von Forschenden des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), veröffentlicht.
Was wäre, wenn die rekordbrechende marine Hitzewelle im Nordostpazifik aus 2019 in einem Klima stattgefunden hätte, das 4 °C wärmer gewesen wäre als heute? Diese Frage beantworten die Autor:innen der Studie, indem sie die ozeanische Hitzewelle in verschiedenen Klimazonen modellieren. Sie verwenden einen sogenannten Storyline-Ansatz, bei dem sie das Ereignis unter verschiedenen Bedingungen simulieren: im vorindustriellen Klima, in der heutigen Situation und in einem um 4 °C wärmeren Klima. Dieser Ansatz bietet die Möglichkeit, die thermodynamischen Auswirkungen des Klimawandels zu untersuchen und die Prozesse zu verstehen, die die Entwicklung von Extremereignissen vorantreiben. Es ist das erste Mal, dass dieser Ansatz erfolgreich auf ein ozeanisches Extremereignis angewendet wurde. "Der Storyline-Ansatz bietet 'Was-wäre-wenn'-Szenarien, die die Auswirkungen des Klimawandels für verschiedene Zielgruppen greifbar machen", sagt Marylou Athanase, Erstautorin der Studie und Wissenschaftlerin für Klimadynamik am AWI. "Wir gehen davon aus, dass dieses intuitive Konzept von der Forschungsgemeinschaft übernommen wird und dass unsere Methode und unsere Ergebnisse in zahlreichen zukünftigen Studien zu marinen Extremen Verwendung finden könnten."
Die Studie zeigt, dass marine Hitzewellen in Zukunft wahrscheinlich noch extremer werden, selbst wenn man den langfristigen Anstieg der Meerestemperaturen aufgrund des Klimawandels berücksichtigt.
Dies wird auf Rückkopplungen zwischen Luft und Meer zurückgeführt, die Temperaturänderungen innerhalb von marinen Hitzewellen beeinflussen können. Zu den identifizierten Prozessen gehören die Verringerung der Wolkenbedeckung und der Tiefe der Mischungsschicht im Ozean sowie die Advektion, also der Transport, von Luft aus sich schnell erwärmenden subpolaren Regionen. Die Autor:innen betrachten das komplexe Zusammenspiel dieser Luft-Meer-Prozesse und modellieren deren Reaktion auf ein 4 °C wärmeres Klima. Sie stellen insgesamt eine Verstärkung der Temperaturen innerhalb der marinen Hitzewelle fest, die im küstennahen und zentralen Nordostpazifik besonders ausgeprägt ist.
Hitzewellen im Meer stellen eine Bedrohung für marine Arten und Ökosysteme dar, da die Temperaturen für einige heimische Organismen zu hoch werden können. Die AWI-Forschenden haben herausgefunden, dass die Temperaturen während solcher mariner Hitzewellen um 50 % stärker ansteigen könnten als die langfristige globale Erwärmung der Ozeane. "Die prognostizierte Verstärkung, die wir ermittelt haben, könnte demnach marine Ökosysteme und die Fischereiwirtschaft noch stärker belasten als bisher angenommen", erklärt Marylou Athanase.
Originalpublikation:
Athanase, M., Sánchez-Benítez, A., Goessling, H. F., Pithan, F., Jung, T. (2024) Projected amplification of summer marine heatwaves in a warming Northeast Pacific Ocean. Commun Earth Environ. https://doi.org/10.1038/s43247-024-01212-1