Marine Hitzewellen treten immer häufiger und intensiver auf. Auch der Arktische Ozean bleibt von dieser Entwicklung nicht verschont: Das Fehlen von Meereis und die globale Erwärmung führen zu extremen Schwankungen der Wassertemperaturen und abrupten Temperaturveränderungen, die in einer nie zuvor gesehenen Geschwindigkeit auftreten. Eine neue Studie unter der Leitung des Alfred-Wegener-Instituts zeigt, wie marine Hitzewellen im 21. Jahrhundert auch in der Arktis deutlich intensiver und häufiger vorkommen werden. Mit drastischen Folgen für das Ökosystem. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden in der Fachzeitschrift Nature Climate Change.
Der Arktische Ozean ist das einzige Meeresbecken mit großen Flächen, die von Eis bedeckt sind. Unter dem Meereis sind die Temperaturen relativ konstant, weil es Sonnenstrahlen reflektiert und so weitgehend verhindert, dass sich der Ozean über die Atmosphäre aufwärmt. Durch den Klimawandel und seine Folgen zieht sich das arktische Meereis jedoch immer mehr zurück. Als Folge sind immer häufiger Phasen mit abnorm hohen Meerestemperaturen zu beobachten. Diese Hitzewellen und die damit verbundenen Umweltveränderungen können für das moderne Klima beispiellos sein. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) hat in einer Studie nun untersucht, wie sich marine Hitzewellen in der Arktis in Zukunft entwickeln und auf das Ökosystem auswirken könnten.
Für die Studie nutzten die Forschenden hochauflösende Klimamodelle, die Temperaturveränderungen um 0,1° Celsius im Ozean und 0,25° Celsius in der Atmosphäre abbilden können. „Unsere Prognosen zeigen, dass arktische maritime Hitzewellen nicht nur häufiger auftreten, sondern auch von Jahr zu Jahr unterschiedlich stark ausfallen werden, je stärker sich das Meereis zurückzieht“, sagt Ruijian Gou, Gast-Doktorand am AWI und Hauptautor der Studie. Diese extremen Schwankungen werden voraussichtlich die Ökosysteme der Region erheblich stören. „Wir heben in unserer Studie einen wichtigen Rückkopplungsmechanismus hervor: steigende Wassertemperaturen“, sagt Studienleiter Dr. Gerrit Lohmann vom AWI. Sie verstärken die Wasserschichtung im Meer, weil das warme Oberflächenwässer das kältere, dichtere Wasser überlagert. „Das führt zu einer verringerten Nährstoffmischung und gefährdet das Leben im arktischen Ozean, da es die ohnehin schon schwierigen Bedingungen für arktische Arten, die auf stabile Lebensräume angewiesen sind, weiter verschärft.“
Extreme Temperaturfluktuationen und Nährstoffmangel könnten sich auf das gesamte Ökosystem auswirken – von Plankton bis hin zu Raubtieren – und möglicherweise die Struktur des arktischen Nahrungsnetzes verändern. Um diese Auswirkungen besser zu verstehen und vorherzusagen, brauche es laut Studie integrierte Klimamodelle, die hochauflösende Klimasimulationen mit physikalischen und biologischen Erkenntnissen kombinieren – ein Bereich, in dem es derzeit an entsprechenden Modellen mangelt. Ohne diese werde es zunehmend schwieriger, die Auswirkungen von marinen Hitzewellen abzumildern und die arktischen Ökosysteme zu bewahren.
Originalpublikation
Ruijian Gou, Klara K. E. Wolf, Clara J. M. Hoppe, Lixin Wu, Gerrit Lohmann. The changing nature of future Arctic marine heatwaves and its potential impacts on the ecosystem. Nature Climate Change (2024). DOI: 10.1038/s41558-024-02224-7