Anstieg des globalen Meeresspiegels

Weltweit steigen die Pegel. Zwischen 1901 und 2018 hat sich der Meeresspiegel im globalen Mittel um 20 Zentimeter erhöht – und er wird in Zukunft noch weiter und wohl auch schneller steigen. Die Ursache ist vor allem der menschengemachte Klimawandel. Die wärmere Atmosphäre heizt die Ozeane auf und das vorhandene Wasser dehnt sich aus. Zudem schmelzen weltweit die Gletscher und die Eisschilde auf Grönland und der Antarktis. Das zusätzliche Wasser fließt in die Meere und lässt die Pegel weiter anschwellen. Das bedroht rund 600 Millionen Menschen, die in den Küstenregionen der Welt leben. Für kleinere Inselstaaten geht es sogar um die Existenz.

Die Fakten

Regelmäßig informiert der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) – besser bekannt als „Weltklimarat“ – die Öffentlichkeit mit seinen Sachstands- und Sonderberichten über die Ursachen und Folgen des Klimawandels. Im aktuellsten sechsten Sachstandsbericht zeichnet der IPCC ein klares Faktenbild. Zwischen 1901 und 2018 ist der mittlere globale Meeresspiegel um 20 Zentimeter angestiegen. Der Anstieg hat sich dabei über die Zeit massiv beschleunigt: von 1,3 Millimeter pro Jahr zwischen 1901 und 1971 über 1,9 Millimeter (1971-2006) bis hin zu 3,7 Millimetern pro Jahr zwischen 2006 und 2018. Noch nie in den vergangenen 3.000 Jahren schwollen die Pegel so schnell wie heute. Im 20. Jahrhundert war die thermische Ausdehnung des Ozeanwassers in Folge höherer Temperaturen in der Atmosphäre die dominante Ursache für den Anstieg. Die hohe Beschleunigung in jüngster Zeit ist laut IPCC auf zunehmende Eisverluste in Grönland und der Antarktis zurückzuführen. Heute hat schwindendes Eis (Gletscher, Eisschilde) die thermische Ausdehnung als dominante Ursache abgelöst. Die weitere Entwicklung hängt dabei vor allem von den künftigen Treibhausgasemissionen der Menschheit ab. Werden diese schnell reduziert, würde der Meeresspiegel nach IPCC-Prognosen bis zum Ende des Jahrhunderts um weitere 28-55 Zentimeter steigen. Bleiben die Emissionen hoch, schwellen die Pegel bis 2100 im schlimmsten Fall noch um mehr als einen Meter an. Und auch danach werden die Eisschilde wegen ihrer langsamen Antwort auf klimatische Veränderungen noch über Jahrhunderte zum Meeresspiegelanstieg beitragen. 

Risikofaktor Eisschilde

Der grönländische Eisschild ist mit einer Fläche von rund 1,7 Millionen Quadratkilometern und einer Mächtigkeit von bis zu 3.000 Metern die größte zusammenhängende Inlandeismasse auf der Nordhalbkugel. Der Eispanzer speichert rund 10 Prozent des weltweiten Süßwassers. Schmilzt er komplett ab, ließe das den globalen Meeresspiegel um rund 7 Meter steigen. Die in Folge des Klimawandels immer häufiger auftretenden Wärmerekorde gehen auch am grönländischen Eisriesen nicht spurlos vorbei. Auf dem Eis bilden sich Seen aus Schmelzwasser und die Gletscher fließen immer schneller in den Ozean. Aktuell verliert der Riese jährlich mehr als 250 Milliarden Tonnen Eis ans Meer. Mit der entsprechenden Menge Wasser könnte man jedes Jahr fünfmal den Bodensee füllen. Der antarktische Eisschild ist mit einer Fläche von 12,3 Millionen Quadratkilometern bedeutend größer als der Eispanzer auf Grönland. Er ließe den Meeresspiegel theoretisch um etwa 58 Meter anschwellen, würde er komplett abschmelzen. Lange galt der antarktische Eisschild als weitgehend stabil. Doch in jüngster Zeit verzeichnet die Forschung auch hier – vor allem auf der Antarktischen Halbinsel und in der Westantarktis – starke Eisverluste durch immer schneller ins Meer fließende Gletscher. Aktuell gehen dem Riesen jährlich mehr als 150 Millionen Tonnen Eis verloren.

Zahlen und Fakten

130

Meter

Der globale Meeresspiegel lag auf dem Höhepunkt der letzten Kaltzeit vor 20.000 Jahren, als deutlich mehr Eis an Land gespeichert war, um 130 Meter tiefer als heute - vor allem in Nordkanada.

3,7

Millimeter

Der Meeresspiegel stieg zwischen 2006 und 2018 um 3,7 Millimeter pro Jahr, fast doppelt so schnell wie im Zeitraum von 1971 bis 2006.

94

Minuten

Die beiden Erdbeobachtungssatelliten der GRACE-FO-Mission brauchen für einen Umlauf um die Erde in rund 500 Kilometern Höhe 94 Minuten.

FAQ

Werden die Eisschilde bald komplett verschwinden?

Ein nahezu vollständiges Abschmelzen etwa des Eispanzers auf Grönland würde sich über mehrere Jahrhunderte oder Jahrtausende hinziehen. Mit einem plötzlichen Meeresspiegelanstieg um 7 Meter innerhalb kurzer Zeit ist also nicht zu rechnen. Trotzdem werden die Eisschilde künftig wohl noch stärker zum Schwellen der Pegel beitragen. Denn laut IPCC hat sich die Schmelze beschleunigt. Im Vergleich zum Zeitraum 1997 – 2006 hat sich der Massenverlust auf Grönland im Zeitraum 2007 – 2016 verdoppelt. Der Massenverlust in der Antarktis hat sich im gleichen Zeitraum verdreifacht. Laut Weltklimarat könnte die immer schnellere Schmelze der Beginn eines nicht mehr aufzuhaltenden Eisrückgangs sein. Bewahrheitet sich diese Instabilität, würden die Eispanzer kontinuierlich und immer schneller weiterschmelzen und in einigen Jahrhunderten große Teile ihrer Masse verlieren. Ein vollständiges Verschwinden gilt jedoch als unwahrscheinlich.

Wie werden die Eisverluste gemessen?

Für die Berechnung und Überwachung der Massenverluste etwa auf Grönland nutzen die AWI-Experten vor allem drei Methoden. Die beiden Satelliten der deutsch-amerikanischen Mission GRACE-FO (Gravity Recovery and Climate Experiment - Follow on) messen kontinuierlich das Schwerefeld der Erde. Geht Eismasse auf Grönland verloren, macht sich das im Schwerefeld und somit in den Messdaten bemerkbar. Der ESA-Satellit CryoSat-2 misst dagegen die Höhe der Eisbedeckung. Nimmt diese ab, ist auch das ein Hinweis auf schwindendes Eis. Als dritte Informationsquelle nutzen die AWI-Experten mathematische Computer-Modelle. Diese berechnen auf Basis von Wetterdaten, wie viel Schnee und Eis sich in den Polargebieten bilden und wie viel davon wieder schmilzt. Zusammen mit Messungen von Radarsatelliten zur Fließgeschwindigkeit der Auslassgletscher, können sie dann die Massenverluste der Eisschilde bestimmen. Alle drei Methoden haben jeweils eigene Stärken und Schwächen, ergeben kombiniert aber ein gutes Abbild der Realität.

Steigt der Meeresspiegel überall gleichmäßig?

Die Aussagen etwa des IPCC zum Meeresspiegelanstieg sind vorwiegend globale Mittelwerte. Tatsächlich gibt es aber große regionale Unterschiede. So beeinflussen die großen Meeresströmungen, die Gezeiten und vor allem auch vorherrschende Windsysteme die Verteilung des Wassers der Ozeane auf dem Planeten. Der aus dem Osten wehende Passatwind beispielsweise transportiert große Mengen Wasser über den Pazifik nach Westen, so dass der Meeresspiegel in Südostasien einen halben Meter höher liegt als vor der Westküste Südamerikas. Ein weiterer Faktor sind Landhebungen. Nach der letzten Eiszeit schmolzen die gigantischen Eispanzer auf Skandinavien ab. Wegen der Druckentlastung hebt sich bis heute das Land in einer Ausgleichsbewegung mehrere Millimeter pro Jahr. Das führt zu der paradoxen Situation, dass die Pegel in der nördlichen Ostsee bis 2100 sogar um einige Zentimeter fallen werden, weil die Landhebung den Meeresspiegelanstieg überkompensiert. Dies sind jedoch regionale Ausnahmefälle. An den meisten Küsten der Welt steigen die Pegel mit Werten, die nahe am globalen Mittel liegen. 

Was passiert in der Nordsee?

Auch in der Nordsee schwellen die Pegel mit regionalen Unterschieden. In den letzten 100 Jahren stieg der Meeresspiegel vor Norderney um 14 Zentimeter, in Cuxhaven um 18 und in Husum um 20 Zentimeter. Der globale Mittelwert liegt für den gleichen Zeitraum bei 18 Zentimetern. Grund für die Unterschiede sind vor allem Meeresströmungen und Windmuster. Die meisten deutschen Küstenbereiche sind durch Deiche heute gut geschützt. Und auch das Nordseewatt kann zu einem gewissen Grad mit dem Anstieg mitwachsen, weil Ebbe und Flut regelmäßig Sedimente ablagern. Überschreitet der Meeresspiegelanstieg jedoch einen gewissen Punkt – was in Zukunft zu befürchten ist – könnten sich regelmäßig trockenfallende Wattflächen in dauerhaft mit Wasser bedeckte Lagunen verwandeln. Zahlreichen Watt- und Salzwiesenbewohnern – darunter unzählige See- und Zugvögel – droht dadurch ein Verlust an Lebensraum und Futterplätzen.

Mit welchen Maßnahmen zum Küstenschutz reagiert die Politik?

An der deutschen Nordseeküste sollen in den kommenden Jahren die Deiche zu sogenannten „Klimadeichen“ umgebaut werden. Sie werden um einen Meter oder mehr erhöht und auch verbreitert. Zudem sollen auch die Notfallpläne – etwa für die Feuerwehr oder das Technische Hilfswerk – angepasst werden. Denn beim Deichbau und Küstenschutz geht es weniger um den „normalen“ Meeresspiegel, sondern um den Schutz des Hinterlandes bei besonders hohen Pegelständen – etwa bei Sturmfluten, wenn langanhaltender Wind viel Wasser in Richtung Küste drückt. Diese werden in den kommenden Jahrzehnten wegen des Meeresspiegelanstieges häufiger auftreten und auch höher ausfallen. Insgesamt wird die Gefährdung der deutschen Küstenzone in Folge des Klimawandels zunehmen. 

Wie sieht es in anderen Regionen der Welt aus?

Reiche Staaten können sich leichter durch zusätzliche Maßnahmen im Küstenschutz an steigende Pegel anpassen. In ärmeren Regionen – etwa in Südostasien – ist das nur eingeschränkt möglich. Hier werden künftig immer häufigere Sturmfluten und Überschwemmungen auf dicht besiedelte Küsten treffen – mit katastrophalen Folgen für die Bevölkerung. Besonders aussichtslos ist die Lage kleiner Inselstaaten und Atolle. Hier fehlt neben dem Geld schlichtweg Platz und Baumaterial für den Küstenschutz. So droht das flache Land nach und nach im Meer zu versinken. Zudem bedrohen immer häufigere Überschwemmungen die wertvollen Süßwasservorkommen der Inseln und Atolle. So werden viele Menschen wohl langfristig ihre Heimat verlassen und als Klimaflüchtlinge ein neues Zuhause finden müssen.

Links

Links in die Forschung

Kontakt

Portrait Olaf Eisen

Olaf Eisen

Glaziologe Prof. Dr. Olaf Eisen, Experte für die Themen Gletscher und Eisschilde
Portrait von Dr. Ingo Sasgen.

Ingo Sasgen

Glaziologe Dr. Ingo Sasgen, Experte für Eisschilde