Phytoplanktonökolgie im heutigen Südpolarmeer. Mit einer Primärproduktion von ~2 Pg Kohlenstoff pro Jahr haben antarktische Mikroalgen einen starken Einfluss auf den globalen Kohlenstoffkreislauf. Ein großer Teil des Kohlenstoffs wird während ausgeprägter Blüten einiger weniger Arten von Kieselalgen (Diatomeen) und dem Flagellaten Phaeocystis entlang des antarktischen Kontinents gebunden, während pelagisches Phytoplankton zu einem geringeren Teil hierzu beiträgt. Die Unterschiede in der Produktivität von Küstengewässern im Vergleich zu ozeanischen Regionen resultieren aus der unterschiedlichen Verfügbarkeit von Spurenmetallen, insbesondere dem Spurenmetall Eisen (Fe). Während Eisenmangel das Wachstum von Phytoplanktern in den ozeanischen Regionen verhindert, sind die Küstengewässer und Schelfregionen der Antarktis dagegen reich an Eisen, so dass ausgedehnten Phytoplanktonblüten vorkommen. Aus diesem Grunde ist die Primärproduktion und der Export von Kohlenstoff in die Tiefe in Küstenregionen sehr viel stärker ausgeprägt als in ozeanischen Regionen. Neben der Verfügbarkeit von Eisen wird die Limitation von Licht als der zweit wichtigste Umweltparameter angesehen, der die Produktivität antarktischer Phytoplankter maßgeblich beeinflusst. Stürme verursachen im Südpolarmeer eine besonders tiefe Durchmischung der oberen Wasserschicht. Dies führt zu geringen und höchst variablen Lichtintensitäten, die die Produktivität des Phytoplanktons erheblich beeinträchtigen.
Phytoplanktonökologie des Südpolarmeeres im Klimawandel. Klimamodelle zeigen, dass das Südpolarmeer besonders sensitiv gegenüber dem Klimawandel ist mit erheblichen Auswirkungen für die Ökologie antarktischer Mikroalgen. Es wird erwartet, dass die CO2-Konzentrationen der Luft bis zum Jahr 2100 auf Werte ansteigen, die dreimal so hoch sind wie zu Beginn der Industrialisierung. Die Folgen für die Ozeane sind drastisch: Der pH Wert wird um bis zu 0.4 Einheiten sinken, der Säuregrad des Meerwassers steigt folglich an. Zudem führen die global steigenden Temperaturen zu einer Erwärmung der Meeresoberfläche und einer geringeren Durchmischungstiefe der oberen Wasserschichten, welche wiederum die Lichtintensität erhöhen und den Eintrag von Nährstoffen aus tieferen Wasserschichten verringern wird. Klimamodelle prognostizieren, dass sich im Vergleich zu anderen Ozeanregionen die Umweltveränderungen im Südpolarmeer besonders stark auswirken werden. Da die vom Wandel betroffenen Umweltfaktoren (pH-Wert, Temperatur, Licht) außerdem die Löslichkeit und somit die biologische Verfügbarkeit von Eisen beeinflussen, sind zentrale Fragen der Arbeitsgruppe EcoTrace: Wie werden sich zukünftige Phytoplanktongemeinschaften im offenen Ozean und in den Küstenregionen zusammensetzen? Verändert sich möglicherweise ihre Produktivität? Veränderte Umweltbedingungen (Spurenmetalle, CO2, Licht) werden in vielerlei Hinsicht Auswirkungen auf das Phytoplankton im Südpolarmeer haben. Bisher ist aber kaum bekannt, in welchem Maße es auf steigende CO2 Konzentrationen reagieren wird. Insbesondere Untersuchungen zu wechselwirkenden Effekten dieser Faktoren fehlen noch, um die Auswirkungen auf das antarktische Ökosystem besser einschätzen zu können. Die Folgen werden sich in der Antarktis regional unterscheiden und möglicherweise das komplexe Gleichgewicht der biogeochemischen Kreisläufe und deren Rückkopplungsmechanismen verändern.
Forschungsansatz: Anhand eines interdisziplinären Ansatzes, der sowohl Biologie als auch marine Chemie sowie Labor- und Feldarbeit miteinander kombiniert, untersuchen wir die Auswirkungen des globalen Klimawandels auf Mikroalgen des Südpolarmeeres zu erfassen:
Manipulationsexperimente mit natürlichen Phytoplanktongesellschaften, die zukünftige Klimaszenarien simulieren, helfen, die Phytoplanktonarten im Feld zu identifizieren, die besonders sensitiv wie auch tolerant gegenüber dem Klimawandel sind.
Laborexperimente mit den als sensitiv und toleranten Phytoplanktonisolaten aus dem Feld sowie ausgewählten Phytoplanktonarten, die ökologisch eine sehr wichtige Rollen spielen, helfen, ein mechanistisches Verständnis der Physiologie von Phytoplanktern infolge von Ozeanversauerung zu gewinnen.
In situ Beprobungen natürlicher Phytoplanktongemeinschaften sowie deren physiolgische Charakterisierung im Feld helfen, die Umweltfaktoren zu identifizieren, die primär aber auch sekundär die Phytoplanktondynamik von Küstengewässern und ozeanischen Regionen beeinflussen.
Artenkonkurrenzexperimente bringen neue Erkenntnisse darüber, wie Ressourcenbegrenzung (z.B. Spurenmetalle) und die Interaktion von Arten die Zusammensetzung von antarktischen Phytoplanktongemeinschaften beeinflusst.
Die Einspeisung unserer Ergebnisse aus diesen Experimenten in ein Zell- und Ökosystemmodell ermöglicht, Vorhersagen zu treffen, wie das antarktische Ökosystem auf den anthropogenen Klimawandel reagieren wird.
Die Arbeitsgruppe EcoTrace wird von der Helmholtz Gemeinschaft gefördert und ist am AWI innerhalb der Sektion Marinen Biogeologie sowie in der Arbeitsgruppe Marine Botanik an der Universität Bremen angesiedelt.
Momentan laufen die folgenden Projekte
Vitamine, Zink und Kobalt: Potenzielle Kontrollfaktoren der antarktischen Phytoplanktonbiodiversität (nur auf englisch verfügbar)
Licht-, Eisen- und CO2-Verfügbarkeit als Einflussfaktoren der Phytoplanktondynamik in der Ryder Bucht, Westantarktische Halbinsel (nur auf englisch verfügbar)
Der Einfluss von Krill und Salpen auf die Eisenbiogeochemie im eisenlimitierten Ozean (nur auf englisch verfügbar)
Anorgisches im Organischen: Die chemischen und biologischen Kontrollfaktoren der Mikronährstoff- und Kohlenstoffflüsse im polaren Ozean (nur auf englisch verfügbar)
Eisenlimitation und dessen Recycling in unterschiedlichen Regionen des Südpolarmeeres unter heutigem und zukünftigen Klima (nur auf englisch verfügbar)