05. Juni 2024
Online-Meldung

Vor dem Eis waren die Flüsse

2_Meeresboden_Bohrgeraet_Karsten_Gohl.jpg (Foto: Alfred-Wegener-Institut)

Forschende der Geowissenschaften der Universität Bremen haben zusammen mit dem Alfred-Wegener-Institut und weiteren internationalen Beteiligten ein riesiges Flusssystem in der Antarktis entdeckt. Vor rund 34 Millionen Jahren gab es hier kein Eis, sondern gemäßigtes Klima. Ihre Ergebnisse haben sie jetzt in der Zeitschrift Science Advances beschrieben. 

Die Antarktis war nicht immer eine isolierte eisbedeckte Landmasse. Bis vor ca. 100 Millionen Jahren bildete sie den zentralen Teil des Superkontinents Gondwana, nach dessen Zerfall sie sich als eigenständiger Kontinent etablierte. Trotz südpolarer Lage herrschten in der Antarktis aber bis zum Ende des Eozäns vor ca. 34 Millionen Jahren gemäßigte Klimabedingungen, und der Kontinent war von weit verzweigten Flusssystemen durchzogen. 

Das bisher größte dieser Flusssysteme wurde nun von Forschenden der Universität Bremen und dem Alfred-Wegener-Institut Bremerhaven in Kooperation mit deutschen, britischen, irischen und schwedischen Universitäten und Forschungsinstituten entdeckt und in der Zeitschrift Science Advances beschrieben.

Das Team untersuchte Sedimentproben, die während einer Expedition des Forschungseisbrechers Polarstern aus dem Amundsen Meer vor der westantarktischen Küste gewonnen wurden. Die Analysen zeigen, dass die meisten Minerale und Gesteinsbruchstücke dieser Proben nicht der Westantarktis entstammen, sondern dem tausende Kilometer entfernten Transantarktischen Gebirge am Rand der Ostantarktis zuzuordnen sind. Dieses Gebirge hob sich seit dem späten Eozän als steile Schulter eines kontinentalen Grabens, des Westantarktischen Riftsystems, der heute die Antarktis in die zwei Landmassen der Ost- und Westantarktis teilt. 

Hebung und Erosion des Transantarktischen Gebirges produzieren seither große Mengen Abtragungsschutt, den der neu entdeckte Strom über eine Distanz von mehr als 1.500 km durch das Westantarktische Riftsystem in das heutige Amundsenmeer transportierte. Dort wurde er in einem sumpfigen Flussdelta abgelagert, was durch die Analyse seismischer Daten bestätigt wurde. Moderne Beispiele für große Flusssysteme in einem ähnlichen geologischen Umfeld sind der Rio Grande im Rio Grande Rift oder der Rhein im Oberrheingraben. 

Die Existenz eines solch transkontinentalen Flusssystems zeigt, dass – anders als heute – große Teile der Westantarktis als ausgedehnte, flache Küstenebenen oberhalb des Meeresspiegels gelegen haben müssen. Aufgrund der geringen Topographie war die Westantarktis im ausgehenden Eozän noch eisfrei, während die gebirgigen Regionen der Ostantarktis bereits zu vereisen begannen.“

 

Originalpublikation:

Maximilian Zundel, Cornelia Spiegel, Chris Mark, Ian Millar, David Chew, Johann Klages, Karsten Gohl, Claus-Dieter Hillenbrand, Yani Najman, Ulrich Salzmann, Werner Ehrmann, Jürgen Titschack, Thorsten Bauersachs, Gabriele Uenzelmann-Neben, Torsten Bickert, Juliane Müller, Rober Larter, Frank Lisker, Steve Bohaty, Gerhard Kuhn, the Science Team of Expedition PS104: A large-scale transcontinental river system crossed West Antarctica during the Eocene; Science Advances (2024). DOI: 10.1126/sciadv.adn6056

Originalpublikation

Maximilian Zundel, Cornelia Spiegel, Chris Mark, Ian Millar, David Chew, Johann Klages, Karsten Gohl, Claus-Dieter Hillenbrand, Yani Najman, Ulrich Salzmann, Werner Ehrmann, Jürgen Titschack, Thorsten Bauersachs, Gabriele Uenzelmann-Neben, Torsten Bickert, Juliane Müller, Rober Larter, Frank Lisker, Steve Bohaty, Gerhard Kuhn, the Science Team of Expedition PS104: A large-scale transcontinental river system crossed West Antarctica during the Eocene; Science Advances (2024). DOI: 

Kontakt

Wissenschaft

Johann Philipp Klages
+49(471)4831-1216

Wissenschaft

Karsten Gohl
+49(471)4831-1361

Universität Bremen
Prof. Dr. Cornelia Spiegel
Tel.: +49 421 218 65280
cornelia.spiegel@uni-bremen.de