Wissenschaftler haben Hinweise auf mehr als 1000 uralte Moorablagerungen rund um den Globus zusammengetragen, die heute unter Feldern, Wäldern oder Seen liegen. Obwohl diese Orte heute unter der Erdoberfläche verborgen sind, können sie einige der Unterschiede zwischen den Modellen des globalen Kohlenstoffkreislaufs und den realen Beobachtungen erklären. Das ist das Ergebnis einer Studie, die jetzt in den Proceedings of the National Academy of Science (PNAS) erscheint.
Kliffe, Steinbrüche, Straßenbau und wissenschaftliche Probennahmen haben Ablagerungen von ehemaligen Mooren zutage befördert, die unter anderen Erdschichten und Sedimenten liegen. Viele dieser Moorablagerungen zeichnen sich durch dicke Schichten von nicht zersetztem pflanzlichem Material oder Moosen aus, die so gut erhalten sind, dass sie Nachweise für ausgedehnte Feuchtgebiete sind. Manche dieser heute überdeckten Feuchtgebiete sind frühere Marschzonen, die durch den steigenden Meeresspiegel nach der letzten Eiszeit überflutet wurden; andere sind von Gletscherablagerungen, Überschwemmungen oder Dünensand bedeckt worden. Ein internationales Wissenschaftsteam trug jetzt umfangreiche Nachweise von ehemaligen, nun überdeckten Mooren zusammen, inklusive der Informationen, wo sie liegen, wann sie gebildet wurden und warum sie überdeckt wurden.
„Wir waren wirklich überrascht, als wir begannen, unsere Daten aus aller Welt zusammenzuführen. Wir waren von ein paar verborgenen Moorgebieten ausgegangen, die Literaturrecherche ergab dann jedoch mehr als 1000 geologische Nachweise von begrabenen Überresten vergangener Moore“, berichtet Dr. Claire Treat von der Universität Ost-Finnland, die die Studie gemeinsam mit Dr. Thomas Kleinen vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg geleitet hat. Die Permafrost-Experten Prof. Guido Grosse und Dr. Jens Strauss vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Potsdam haben Daten aus den eisigen Dauerfrost-Regionen Sibiriens und Alaskas zur Studie beigetragen. „Der Permafrost ist ein bedeutsames Archiv für solche Überreste von Moorgebieten in den Polarregionen“, sagt Guido Grosse. „In den dauergefrorenen Ablagerungen des Permafrost haben sich beispielsweise Torflagen perfekt erhalten, die irgendwann in der letzten Eiszeit gebildet worden sind und dann durch nachfolgende geologische Prozesse überdeckt wurden“, so der Leiter der AWI-Permafrostforschung.
Insgesamt konnten das internationale Forscherteam ehemalige Moore von Inseln in der Hohen Arktis Kanadas und Sibiriens bis ins tropische Afrika und auch in Indonesien, Südamerika und Neuseeland nachweisen. Einige bildeten sich vor weniger als 1000 Jahren, andere entstanden vor mehr als 100.000 Jahren während der Warmzeit vor der letzten Eiszeit.
Die Forscher stellten fest, dass Feuchtgebiete vor allem in den nördlichen Breiten seit Beginn der letzten Warmzeit vor 130.000 Jahren auf Klimaveränderungen reagierten: Sie bildeten sich, wenn das Klima wärmer wurde, und viele Feuchtgebiete wurden während der Abkühlung unter den sich ausbreitenden des Gletschern begraben. Wenn es kalt und trockener war, entstanden weniger neue Moorgebiete, bis sich das Klima wieder erwärmt hatte. Überraschend viele der so entstandenen begrabenen Torfsedimente sind bis heute erhalten. „Die vielen Vorkommen solcher Ablagerungen legen nahe, dass die verborgenen Torflagen insgesamt zu einer langsamen Übertragung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre an Land führen können, wodurch letztendlich ein kleiner Teil der Klimaerwärmung in der Vergangenheit kompensiert wurde“, ordnet AWI-Permafrostforscher Dr. Jens Strauss ein.
„Die Tatsache, dass diese Torflagen an Land vergraben sind und bleiben, ist im Grunde wie ein Leck im globalen Kohlenstoffkreislauf, den wir bisher als geschlossenes System angesehen hatten. Unsere Annahme war, dass der Kohlenstoff zwischen Atmosphäre, Ozeanen und fester Erde frei zirkuliert. Mit den jetzt wiederentdeckten langfristigen Speicherorten lassen sich einige der Abweichungen unserer Modelle des globalen Kohlenstoffkreislaufs von den Beobachtungen erklären“, resümiert Guido Grosse. „Allerdings“, räumt Grosse auch ein, „könnten vor allem die bisher sehr gut im Permafrost eingelagerten Torfablagerungen durch das Auftauen im Zuge des Klimawandels vor allem in der Arktis einen Teil ihres Kohlenstoffs wieder in die Atmosphäre abgeben.“ Eine bessere Bestimmung der Kohlenstoffmengen und ihrer Verfügbarkeit für mikrobielle Zersetzung ist deshalb das Ziel zukünftiger Arbeiten des Forscherteams.
Originalpublikation:
Treat, C.C., T. Kleinen, N. Broothaerts, A.S. Dalton, R. Dommain, T.A. Douglas, J. Drexler, S.A. Finkelstein, G. Grosse, G. Hope, J. Hutchings, M.C. Jones, P. Kuhry, T. Lacourse, O. Lähteenoja, J. Loisel, B. Notebaert, R. Payne, D. Peteet, A.B.K. Sannel, J.M. Stelling, J. Strauss, G.T. Swindles, J. Talbot, C. Tarnocai, G. Verstraeten, C.J. Williams, Z. Xia, Z. Yu, M. Väliranta, H. Alexanderson, M. Hattestrand, V. Brovkin. Widespread global peatland establishment and persistence over the last 130,000 years. Proc. Proceedings of the National Academy of Science (2019). DOI: 10.1073/pnas.1813305116