Mit der Reise PS115.1 von FS Polarstern sollen geowissenschaftliche Forschungsarbeiten durchgeführt werden, die zu einem besseren Verständnis der geologischen Entwicklung des Europäischen Nordmeeres und der Schelfgebiete angrenzender Regionen führen sollen.
Mit neuen Messdaten über die Untergrundstrukturen wollen wir die Ablagerungsgeschichte der Sedimente am Meeresboden seit Beginn der Öffnung des arktischen Ozeans vor ca. 60 Millionen Jahren rekonstruieren und mikrobielle Lebensgemeinschaften in den Meeresbodensedimenten analysieren. Plattentektonische Entwicklungsmodelle für den arktischen Ozean sind nicht nur von wissenschaftlichem Interesse, sondern sind auch hilfreich bei einer belastbaren Bewertung des Rohstoffpotenzials dieser bislang unzureichend erforschten Region. In gleicher Weise bestehen noch große Wissenslücken bei der Risikoabschätzung ihrer möglichen künftigen Nutzung. Zu beiden Fragen will das Projekt GREENMATE beitragen, das die BGR Hannover mit den Partnern AWI Bremerhaven, UFZ Leipzig und Universität Bremen gemeinsam bearbeitet.
Als Nebennutzer sind während der Reise PS115.1 weitere Arbeitsgruppen des GEOMAR Kiel, des AWI und des Instituts für Polarökologie Brüssel an Bord.
Nachdem alle mitgebrachten Forschungsgeräte durch die angereisten Fahrtteilnehmer während der dreitägigen Liegezeit von FS Polarstern an Bord installiert worden waren und alle erforderlichen Forschungsgenehmigungen für die geplanten Arbeiten noch rechtzeitig eingegangen waren, startete PS115.1 in das ca. 450 Seemeilen entfernten Zielgebiet, das im Gegensatz zu der sommerlichen Hitze daheim kühlere Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt erwarten ließ. Die dafür erforderliche Transitzeit war ausgefüllt mit den notwendigen Sicherheitseinweisungen und Rettungsübungen, sowie mit allen Vorbereitungen für den kontinuierlichen Messbetrieb im vorgesehenen Untersuchungsgebiet. Noch vor Erreichen der grönländischen Gewässer, dem eigentlichen Arbeitsgebiet, wurde am Mittwoch eine erste geologische Probenahme am westlichen Ostgrönlandrücken vorgenommen. Ein erfolgreicher Dredgezug lieferte überaus reichliches Probenmaterial, das für stoffliche Analysen und Altersbestimmungen zur Genese dieser Rückenstruktur genutzt werden sollen. Im weiteren Verlauf dieser ersten Woche setzten wir die geologische Beprobungsarbeiten dann auf angrenzenden Schelf mit dem Schwerelot und dem Multicorer fort. Das dabei gewonnene Probematerial wird gleich von mehreren Gruppen an Bord genutzt werden. Dementsprechend ist die Aufbereitung des Materials sehr vielfältig, die für die anschließenden geomikrobiologischen, organisch-geochemischen und weiteren sedimentologischen Untersuchungen vorgenommen werden muss. Während also in den Geologie- und Chemielaboren bereits ab Wochenmitte reger Betrieb herrschte, testete die Geophysikgruppe vor Erreichen des ersten Messprofils noch einzelne Gerätesysteme, bevor dann am Donnerstag zunächst 600 Meter seismischer Streamer ausgebracht wurde und das erste seismische Profil aufgezeichnet werden konnte, das in Richtung Westen bis in Küstennähe führen sollte. Da hier mit zunehmend dichtem Meereis zu rechnen war, galt es, zunächst Erfahrungen zu sammeln, damit auch im Falle sich unerwartet verändernder Eisverhältnisse schnell und sicher gehandelt werden kann und die Geräte bei zu erwartenden Kollisionen mit Eis nicht beschädigt werden.
Dank der Kollegen des Deutscher Wetterdienst an Bord, können wir täglich über eine detaillierte Wetter- und Eisprognose verfügen. Leider ließ jedoch die vorherrschende Wetterlage und der damit verbundene Nebel, keine guten Rahmenbedingungen für die Arbeiten mit unseren geschleppten seismischen Geräten für die Region erwarten. Eine Unterbrechung des Messbetriebes am Folgetag zur Reparatur unserer Luftpulser konnte für weitere Sedimentbeprobungen auf den umliegenden flachen Schelfarealen genutzt werden. Nach 24 Stunden wurden die geophysikalischen Profilarbeiten mit einem küstenparallelen Profil nach Norden wieder aufgenommen. Da die Wetter- und Eisverhältnisse im weiteren Profilverlauf günstigere Bedingungen versprechen, wurde entschieden, den seismischen Streamer auf 3000 Meter zu verlängern, um die Qualität der Messdaten so deutlich erhöhen zu können. Seit Sonntagnachmittag laufen die kontinuierlichen Messungen der marinen Geophysik, die bei 81° nördlicher Breite enden werden. Unsere Arbeiten werden durch Meeresökologen der Firma Seiche begleitet, die sicherstellen, dass unsere seismischen Messungen marine Säuger wie z.B. Wale möglichst wenig beeinflussen und dass alle Regularien und Vorgaben der grönländischen Genehmigungsbehörde eingehalten werden.
An Bord sind alle wohlauf.
Es grüßt im Namen aller Kollegen
Volkmar Damm
(12.8.2018; Position 80°15‘N, 6°51‘W)