Ein Netzwerk aus 50 Partnerinstitutionen wird zukünftig Zugang zu polaren Forschungsinfrastrukturen ermöglichen. Die Europäische Union fördert das neue Projekt POLARIN (Polar Research Infrastructure Network) in den kommenden fünf Jahren mit 14,6 Millionen Euro. Es startet offiziell am 1. März 2024 und soll interdisziplinäre Forschung fördern, die sich den wissenschaftlichen Herausforderungen in beiden Polarregionen stellt.
Die Polarregionen spielen eine Schlüsselrolle im System der Erde und sind besonders wichtig für unser Klima. Um die komplexen Prozesse in den Polarregionen zu verstehen und vorherzusagen sowie um datenbasierte Informationen bereitzustellen, benötigt die Polarforschungsgemeinschaft Zugang zu Forschungsinfrastrukturen von Weltrang, die in diesen Regionen arbeiten können. Das von der Europäischen Union geförderte Projekt POLARIN (Polar Research Infrastructure Network) wird einen vollständig finanzierten, länderübergreifenden, virtuellen und Fernzugang zu 64 polaren Forschungsinfrastrukturen ermöglichen. Es wird interdisziplinäre Forschung fördern, die sich den wissenschaftlichen Herausforderungen in beiden Polarregionen stellt. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich ein Netzwerk von 50 europäischen und internationalen Partnerinstitutionen (darunter auch Institutionen aus Kanada, den USA, Großbritannien, der Ukraine und Chile) zusammengeschlossen. POLARIN ist das größte Projekt, das das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) derzeit koordiniert. Die EU finanziert POLARIN ab dem 1. März 2024 mit 14,6 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren.
Die Polarregionen sind für unser Klima von entscheidender Bedeutung. Zugleich gelten sie als Frühwarnsysteme des Klimawandels und stehen im Fokus der menschlichen Ausbreitung und der Erschließung neuer Ressourcen. Die Polarregionen sind geprägt durch einen fortschreitenden Verlust des Eises sowie sich rapide verändernder Ozeane und Landmassen. Die Folgen dieses polaren Wandels erstrecken sich auf den gesamten Planeten und betreffen die Menschheit auf vielfältige Weise. Daher benötigt die Politik datenbasierte Empfehlungen für den zukünftigen Umgang mit den Polarregionen. Es existieren jedoch nur wenige Forschungsinfrastrukturen, die in solchen schwer erreichbaren Extremgebieten arbeiten können. Der Zugang zu und die Integration von Forschungsinfrastrukturen stellen den Schlüssel zur Stärkung der europäischen Forschung dar. Des Weiteren tragen sie zur Steigerung der Beobachtungs- und Modellierungskapazitäten zur Bewältigung der großen Herausforderungen bei, mit denen diese Regionen – und über globale Wechselwirkungen das ganze „System Erde“ – konfrontiert sind.
„Das Besondere an POLARIN ist, dass wir zum ersten Mal den Zugang zu Forschungsinfrastrukturen sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis im Rahmen eines einzelnen Projekts anbieten“, erklärt Dr. Nicole Biebow, die Projektkoordinatorin von POLARIN am Alfred-Wegener-Institut. „Wir haben ein Netzwerk komplementärer und interdisziplinärer Forschungsinfrastrukturen geschaffen, das alle verwandten Forschungsbereiche umfasst – von der marinen und terrestrischen Forschung bis hin zur Atmosphäre. Dies ist ein einzigartiger und neuartiger Ansatz.“
POLARIN wird internationalen Zugang zu 64 hochrangigen polaren Forschungseinrichtungen ermöglichen, die arktische und antarktische Forschungsstationen, Forschungsschiffe und Eisbrecher an beiden Polen, Observatorien (an Land und auf See), Dateninfrastrukturen sowie Eis- und Sedimentkernlager umfassen. Es sind dabei einerseits Plätze an beziehungsweise auf den Infrastrukturen eingeplant. Andererseits wird virtueller Zugang beispielsweise zu Dateninfrastrukturen bereitgestellt. Außerdem ermöglicht POLARIN Fernzugriff auf die Infrastrukturen - das bedeutet, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Proben, Datensätze oder ähnliches anfragen können, die dann an einer Infrastruktur erhoben werden, ohne dass die Anfragenden selbst vor Ort sind. Zu dem Konsortium gehören neben dem AWI mit internationalem Zugang zu Forschungseisbrecher Polarstern und zur Neumayer-Station III aus Deutschland das Helmholtz-Zentrum Potsdam Deutsches Geoforschungszentrum (GFZ) und die FL Polar Operation GmbH (FLPO).
Anhand von Ausschreibungen für Projektanträge wird sichergestellt, dass die über POLARIN finanzierten Projekte die von internationalen Organisationen und Programmen identifizierten spezifischen Herausforderungen angehen, zu größeren europäischen und internationalen Initiativen beitragen und die Politikgestaltung unterstützen. Darüber hinaus wird POLARIN Online-Dienste, Datenzugang und Interoperabilität zwischen Systemen verbessern und dafür sorgen, dass neue Generationen für die Nutzung der modernsten Forschungsinfrastrukturen geschult werden. Diese Schulungen umfassen Seminare zu Themen wie Planung der Feldarbeit, nachhaltige Nutzung von Forschungsinfrastrukturen und technologische Ausrüstung sowie die Erhebung und Handhabung von Daten oder ein spezielles Sicherheitstraining für Polarregionen.