19. November 2018
Online-Meldung

Ozeanversauerung begünstigt Massenvermehrung giftiger Alge

Langzeitexperiment belegt Störung des Nahrungsnetzes bei hohen CO2-Bedingungen
Mesokosmen-Experiment 2014 vor Gran Canaria (Foto: Ulf Riebesell/GEOMAR)

Steigen die Kohlendioxid-Konzentrationen in der Atmosphäre und folglich auch im Ozean weiter an, könnte dies die massenhafte Vermehrung toxischer Algen begünstigen, mit weitreichenden Folgen für das Nahrungsnetz im Meer. Das hat ein Langzeitexperiment vor den Kanarischen Inseln gezeigt, das eine internationale Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter Beteiligung des Alfred-Wegener-Instituts durchgeführt hat.

Die globale Erwärmung ist zweifellos die bekannteste Auswirkung von steigenden Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre. Doch sie ist nicht die einzige. Je höher der Kohlendioxid (CO2)-Gehalt in der Atmosphäre, umso mehr CO2 nimmt auch das Meerwasser auf. Dort löst das Gas chemische Reaktionen aus, die den pH-Wert sinken lassen. Dieser als Ozeanversauerung bezeichnete Prozess beeinträchtigt viele Lebewesen im Meer. Die Folgen für die marinen Ökosysteme können jedoch sehr komplex sein und die Forschung ist noch dabei, sie in ihrer ganzen Bandbreite zu verstehen.

In einem zweimonatigen Freilandexperiment vor den Kanarischen Inseln ist eine international zusammengesetzte Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerin einer möglichen Folge der Ozeanversauerung auf die Spur gekommen, die das Nahrungsnetz im Meer massiv beeinträchtigen könnte. Geleitet wurde das Experiment, an dem auch das Alfred-Wegener-Institut beteiligt war, vom GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel. Wie das Team jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlicht, vermehrte sich die giftige Alge Vicicitus globosus in dem Experiment ab einer Kohlendioxidkonzentration von 600 ppm (parts per million) deutlich, ab 800 ppm kam es zu starken Algenblüten.

„In unseren naturnahen Versuchsumgebungen hatten diese Blüten einen starken negativen Effekt auf die übrige Planktongemeinschaft, insbesondere das artenreiche tierische Plankton. Genau diese Organismen sind aber extrem wichtig für das Nahrungsnetz im Ozean. Der Zusammenbruch der Nahrungskette beeinflusste darüber hinaus wichtige andere biologisch getriebene Prozesse, wie den Kohlenstofftransport in die Tiefe”, erklärt Prof. Dr. Ulf Riebesell, Professor für Biologische Ozeanographie am GEOMAR und Erstautor der Studie.

Für das Experiment hatte das Team neun der Kieler KOSMOS-Mesokosmen vor den Kanarischen Inseln ausgebracht. Sie bestehen jeweils aus einem Auftriebsgestell an der Meeresoberfläche, das einen 15 Meter langen Kunststoffschlauch senkrecht im Wasser hält. Dieser schließt 35 Kubikmeter des natürlichen Meerwassers ein. In dem vom restlichen Ozean getrennten Wasserkörper mit der natürlichen Lebensgemeinschaft haben die Forscherinnen und Forscher dann die CO2-Konzentrationen so erhöht, dass sie verschiedenen für die Zukunft erwarteten Werten entsprachen. Über 57 Tage haben sie anschließend die Entwicklung der eingeschlossenen Planktongemeinschaft beobachtet.

Das pflanzliche und tierische Plankton in den Mesokosmen reagierte durchaus unterschiedlich auf erhöhte Kohlendioxid- und damit niedrigere pH-Bedingungen. Besonders deutlich war aber das massenhafte Auftreten der giftigen Alge Vicicitus globosus ab CO2-Konzentrationen von 600 ppm. „Das sind Werte, die wir in den nächsten drei bis vier Jahrzehnten erreichen könnten, wenn die Menschheit den Ausstoß von Kohlendioxid nicht deutlich reduziert“, betont Ulf Riebesell.

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Website des GEOMAR

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