Während in Deutschland allmählich der Frühling Einzug hält, brechen Forscher des Alfred-Wegener-Instituts in die Arktis auf, um der Klimaerwärmung auf den Grund zu gehen. Im Fokus ihrer Kampagne Arctic aircraft campaign Arctic Boundary Layer Fluxes (AFLUX) sind tiefliegende Wolken am Rand der Meereisfläche und deren Rückkopplung mit bodennahen Prozessen über dem Meereis. Knapp fünf Wochen lang werden die Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, der Universität Clermont-Ferrand in Frankreich sowie der Universitäten Köln und Leipzig von Spitzbergen aus zu einer Reihe von Messflügen aufbrechen.
„Die AFLUX-Kampagne ist die dritte in einer Serie von drei großen Expeditionen mit dem Polarflugzeug im Rahmen unserer Arktisforschung“, sagt Prof. Dr. Manfred Wendisch vom Institut für Meteorologie der Universität Leipzig. Er ist zugleich Sprecher des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereiches / Transregio 172 „Arktische Klimaveränderung“. Im SFB-Forschungsverbund sollen Klimaentwicklungen in der Arktis über längere Zeiträume und mit verschiedenen Methoden beobachtet werden. Die Verlässlichkeit von Modellen zur Vorhersage der Erwärmung weltweit und speziell in der Arktis soll so weiterentwickelt werden. Viele Faktoren, die das Klima dieser Region beeinflussen und so zur überdurchschnittlichen Erwärmung beitragen, sind jedoch noch nicht vollständig verstanden.
Die Messkampagne AFLUX wird von Dr. Christof Lüpkes vom Alfred-Wegener-Institut geleitet. Im Fokus stehen Wolken, die direkt über dem Meereis liegen und ihre Rolle hinsichtlich der arktischen Erwärmung. „Vor zwei Jahren gab es bereits eine große Messkampagne, dort sind aber noch Fragen offengeblieben. Dieses Mal konzentrieren wir uns ganz gezielt auf die Energieflüsse in der arktischen Grenzschicht“, erklärt Lüpkes. Dr. André Ehrlich von der Universität Leipzig fügt hinzu: "Die Randgebiete der arktischen Eisfläche werden sich in Zukunft, bei einem weiteren Abschmelzen des Meereises, ausdehnen. Genau diese Regionen haben jedoch einen sehr starken Einfluss auf Wolken und dadurch auf den Energiehaushalt der Arktis.“ So können sich nach aktuellen Erkenntnissen Wolken, die über die Meereiskante strömen – abhängig von der Verteilung und Dichte der Eisschollen – in nur wenigen Stunden deutlich ändern. Aufgrund fehlender Messdaten sind diese Effekte in aktuellen Klimamodellen leider noch unzureichend beschrieben. Genau hier sollen die Messungen von AFLUX helfen, um gezielt die Prozesse in den Randgebieten des Meereises zu untersuchen.
AFLUX stellt für die Wissenschaftler den Endspurt der ersten Förderperiode des SFB dar. Prof. Wendisch erläutert: „Die erste Phase war hauptsächlich lokal, also räumlich begrenzt orientiert. In der zweiten Phase wollen wir unseren Fokus auf regionale Einflüsse und Ursachen, die nicht vor Ort liegen, erweitern. Wir freuen uns auf zwei weitere große Highlights, die MOSAiC-Expedition und HALO-(AC)³.“ Auf der MOSAiC-Expedition, die im September startet, wird der deutsche Eisbrecher Polarstern in die Arktis aufbrechen und ein Jahr lang fest eingefroren im arktischen Eis durch das Nordpolarmeer driften. Insgesamt werden 600 Menschen aus 17 Ländern teilnehmen. Geleitet wird die größte Arktis-Forschungsexpedition aller Zeiten vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Bei HALO-(AC)³ sollen mit Hilfe des deutschen Forschungsflugzeugs HALO vor allem arktische Kaltluftausbrüche und Warmluft-Vorstöße in die Arktis untersucht werden, denn möglicherweise besteht ein Zusammenhang dieser Kaltluftausbrüche aus der inneren Arktis mit den derzeitigen milden Wintern in Mitteleuropa.