10. November 2015
Pressemitteilung

Meereis spielt eine wichtige Rolle im arktischen Methankreislauf

Nature Studie über Feedback-Mechanismen des Treibhausgases zwischen Atmosphäre, Meereis und Ozean
Arbeiten auf dem Meereis (Foto: Stefan Hendricks)

Der eisbedeckte Arktische Ozean spielt eine größere Rolle für die Konzentration des Treibhausgases Methan in der Atmosphäre als bisher angenommen. Über neuentdeckte Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Meereis und Ozean berichten Forscher vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in einer aktuellen online-Studie in den Scientific Reports der Fachzeitschrift Nature.

Das Meereis bildet einen natürlichen Deckel auf dem zentralen Arktischen Ozean, der den Gasaustausch zwischen Wasser und Atmosphäre begrenzt. In den letzten Jahren ist die sommerliche Meereisbedeckung in der Arktis rapide geschrumpft. „Wir untersuchen, wie sich die veränderten Bedingungen auf die Stoffkreisläufe zwischen Ozean, Eis und Atmosphäre auswirken“, erklärt Dr. Ellen Damm, Biogeochemikerin am Alfred-Wegener-Institut. „Wir konnten nachweisen, dass das Oberflächenwasser in der zentralen Arktis höhere Methankonzentrationen enthält als die Atmosphäre. Das bedeutet, dass der Arktische Ozean eine potentielle Quelle für atmosphärisches Methan ist. Damit unterscheidet er sich grundlegend vom Ozean in niederen Breiten, der - bis auf einzelne punktuelle Quellen - als Methansenke gilt“, so die Erstautorin.

Für die Studie hatten Damm und ihre Kollegen vom AWI, dem finnischen meteorologischen Institut und der Universität Bremen geochemische und ozeanographische Daten ausgewertet, die 2011 auf einer Expedition mit dem Forschungsschiff Polarstern gewonnen wurden. Dafür haben die Wissenschaftler Methan sowohl im Meereis und im Wasser direkt darunter als auch im vom Eis unbeeinflussten Ozeanwasser gemessen. „Unsere Studie zeigt, dass bisher unbekannte Wechselwirkungen zwischen Schmelzen und Bildung von Eis, der Atmosphäre und von Eis beeinflusstem Meerwasser bestehen“, sagt Damm. Unter anderem analysierten sie Salzlake, also Sole, die bei der Bildung von Meereis als hochkonzentriertes Meerwasser in Kanälen im Eis entsteht. Die Sole hatte eine tausendfach höhere Methankonzentration im Vergleich zur Atmosphäre. Das zeigt, dass Meereis eine Quelle für Methan sein kann.

Sowohl Schmelz- als auch Gefrierprozesse führen dazu, dass das Methan aus den Solekanälen in das Ozeanwasser gelangen kann. Schmelzendes Meereis bedingt außerdem, dass das Wasser wegen der unterschiedlichen Dichte von Süß- und Salzwasser stabil geschichtet ist. So bleibt das Methan aus den Solekanälen im Sommer in der oberflächennahen Wasserschicht. Wenn Herbststürme einsetzen und es kälter wird, kommt es zur Vermischung verschiedener Wasserschichten (Konvektion), die das Treibhausgas in die Atmosphäre freisetzen kann. Zu dieser Jahreszeit ist die Meereisdecke brüchig und der Deckel auf dem Ozean ist zu großen Teilen abgeschmolzen, was die Methanfreisetzung in die Atmosphäre begünstigt. Auch im Winter hält die Vermischung durch Konvektion an und Methan kann durch Risse zwischen Eisschollen weiterhin entweichen.

Die stabile Wasserschichtung verhindert weiterhin, dass das Methan in größere Tiefen des Arktischen Ozeans eingemischt wird. Deutlich geringere Methankonzentrationen (im Vergleich zur Atmosphäre) in den vom Eis unbeeinflussten tieferen Ozeanschichten belegen diesen Prozess. Das hat zweierlei zur Folge: Erstens kann der neu entdeckte und bisher unberücksichtigte oberflächennahe Feedback-Mechanismus zur direkten Freisetzung von Methan aus Meereis und Ozean in die Atmosphäre führen. Zweitens ist der Austausch zwischen Atmosphäre und dem tieferen Arktischen Ozean reduziert. Das schränkt auch die Funktion des Arktischen Ozeans als Methansenke ein. „Die Rolle von Meereis für Gasaustausch und Gasflüsse ist also weit vielfältiger als bisher vermutet und die Prozesse im polaren Ozean unterscheiden sich stark von denen in den niederen Breiten. Das muss in zukünftigen Klimamodellierungen berücksichtigt werden“, ordnet Mitautorin und AWI-Ozeanographin Prof. Dr. Ursula Schauer die Bedeutung der Studie ein. Außerdem werfe die Studie die Frage auf, woher das Methan ursprünglich stammt. Denkbar sei die Methanproduktion im Meereis während seiner Drift durch die Arktis oder der Transport von im Meereis eingeschlossenen Methan aus anderen Regionen.

Originalpublikation

Ellen Damm, Bert Rudels, Ursula Schauer, Susan Mau und Gerhard Dieckmann: Methane excess in Arctic surface water-triggered by sea ice formation and melting. Nature online: Scientific Reports | 5:16179 | doi:10.1038/srep16179

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