Bremerhaven, den 11. Oktober 2010. Am Samstag, den 9. Oktober ist das Forschungsschiff Polarstern von einer viermonatigen Expedition nach Bremerhaven zurückgekehrt. Das Schiff hat auf seinem 25. Einsatz in der Arktis insgesamt etwa 16.620 Seemeilen (das entspricht rund 30.780 Kilometer) zurückgelegt. Auf drei Fahrtabschnitten standen ozeanographische, biologische und geowissenschaftliche Fragestellungen im Fokus. Über 120 Wissenschaftler und Techniker von Instituten aus sechs Nationen haben an der Expedition teilgenommen.
Von Bremerhaven aus startete die Polarstern am 10. Juni in Richtung Grönlandsee. Dies ist ein wichtiges Gebiet für die Bildung von Tiefenwasser, sorgt so für eine Durchmischung des Ozeans und treibt die globalen Meeresströmungen an. Die Besatzung um Fahrtleiter Dr. Gereon Budéus vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft hat Instrumente aufgenommen, die in 3,7 Kilometer Wassertiefe in der zentralen Grönlandsee verankert waren. Die Messgeräte an diesen Verankerungen haben über ein Jahr lang Temperatur und Salzgehalt des Wassers erfasst. „Diese hydrographischen Arbeiten bilden einen wichtigen Mosaikstein zu unseren über zehn Jahre bestehenden Langzeit-Messreihen, wie sie für die klimabezogene Forschung unverzichtbar sind“, erklärt Budéus.
Nach einem kurzen Personalwechsel in Longyearbyen (Spitzbergen) steuerte das Schiff in die Framstraße, dem Seegebiet zwischen Spitzbergen und Grönland, und zum sogenannten HAUSGARTEN, einem Tiefsee-Langzeitobservatorium am Kontinentalhang westlich von Spitzbergen, welches das Alfred-Wegener-Institut seit nunmehr über zehn Jahren betreibt. Die Forscher um Fahrtleiter Dr. Thomas Soltwedel dokumentierten hier, wie sich ändernde Klimabedingungen das marine arktische Ökosystem beeinflussen. Hier und im zweiten Untersuchungsgebiet der Expedition, einem hydrographischen Transekt über die Framstraße, bearbeiteten Biologen und Ozeanographen insgesamt über 160 Stationen. Eine Kette von Verankerungen quer über die Framstraße, die den Austausch zwischen dem Nordatlantik und dem Arktischen Ozean seit 15 Jahren überwacht, wurde ausgetauscht, so dass die Temperatur- und Salzgehaltsveränderungen im nächsten Jahr weiter verfolgt werden können. Ein Höhepunkt des zweiten Fahrtabschnitts war der erste Untereis-Einsatz des autonomen Unterwasserfahrzeugs der AWI-Tiefseegruppe. Das unbemannte Tauchboot ist mit unterschiedlicher Sensorik und verschiedenen Probenahmegeräten ausgestattet. Es liefert wertvolle Informationen über physikalisch-chemische und biologische Parameter im ökologisch wichtigen Übergangsbereich zwischen dem eisbedeckten Ozean und seinen eisfreien Randbereichen.
Auf dem dritten Fahrtabschnitt standen geowissenschaftliche Fragestellungen im Vordergrund. Aufgrund eines innerkanadischen Konflikts um das Verfahren für die Forschungsgenehmigung mussten die Arbeiten auf grönländische Gewässer beschränkt werden. Polarstern ist dazu bis über den 80. Breitengrad nach Norden gefahren. Das Team um Fahrtleiter Dr. Volkmar Damm von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe konnte dort Bereiche in der Nares-Straße erforschen, in denen die Datenlage aufgrund der Eissituation bisher sehr lückenhaft ist. „Die bislang vorliegenden Ergebnisse weisen den grönländischen Teil der Baffin Bay als typischen passiven Kontinentrand mit seewärts gerichteten Störungen und tiefen Beckenstrukturen mit mächtigen Sedimentfüllungen aus“, berichtet Damm. Die Geophysiker bringen neue Erkenntnisse über die Strukturen des tieferen Untergrundes der Baffin Bay und die Beschaffenheit der Sedimente und deren Gehalt an mikrobiellen Lebensgemeinschaften mit. Damit können die Forscher die geologische Vergangenheit der Baffin Bay und die Ablagerungsgeschichte der Sedimente in diesem arktischen Randmeer besser rekonstruieren. Die Ergebnisse sind unter anderem wichtig für das Verständnis von Paläoklimaänderungen und die mikrobielle Zersetzung von organischem Material unter polaren Bedingungen. Für Kapitän Uwe Pahl war das Befahren von Nares-Straße und des Smith Sound ein Höhepunkt der Expedition: „Die relativ schmale Wasserstraße zwischen dem Nordosten Kanadas und der westlichsten Ausdehnung Grönlands erfordert konzentriertes Navigieren, um alle wissenschaftlichen Geräte sicher einzusetzen.“
Auch wenn die wissenschaftlichen Fragestellungen und damit die technischen Anforderungen der drei Abschnitte sehr unterschiedlich waren, in einem waren sich alle Fahrtleiter einig: Die Arbeitsbedingungen auf der Polarstern sind hervorragend, weil die Zusammenarbeit zwischen Mannschaft und Wissenschaft optimal funktioniert.
Hier finden Sie die Wochenberichte der Expedition...
Hier gibt es weitere Infos zum ersten Einsatz des AWI-AUV unter Eis...
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