Ein prozessbasiertes Modell zeigt, dass es von Ort zu Ort unterschiedlich ist, wie viel Kohlenstoff Torfgebiete in Zukunft verlieren - oder speichern – können.
So wie ein Gefrierschrank Lebensmittel vor dem Verderben bewahrt, schützt der arktische Permafrost gefrorenes organisches Material vor dem Zerfall. Mit der Erwärmung des Klimas beginnen jedoch zuvor gefrorene Landschaften, wie z. B. Torfgebiete, aufzutauen. Wie viel frischer Kohlenstoff wird in die Atmosphäre freigesetzt, wenn der Torf den „Tiefkühlbereich“ des Permafrosts verlässt? Das wollen Wissenschaftler herausfinden.
In einer aktuellen wissenschaftlichen Studie verwenden Claire Treat, Permafrostforscherin am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Team ein prozessbasiertes Modell, um zu untersuchen, wie verschiedene Faktoren die Kohlenstoffbilanz in Torfgebieten bis zum Ende dieses Jahrhunderts beeinflussen könnten. Die Forschenden simulierten mehr als 8.000 Jahre Moorgeschichte, um Genauigkeit zu gewährleisten, und untersuchten sechs Moorstandorte in Kanada, um einen Gradienten von punktuelleren südlichen Permafrostzonen bis zu kontinuierlichen Permafroststandorten oberhalb der arktischen Baumgrenze abzudecken.
Ihre Ergebnisse zeigen große Unterschiede, abhängig von der Geschichte der einzelnen Standorte. Den Simulationen zufolge werden einige Gebiete Kohlenstoff freisetzen, wenn der Permafrost auftaut oder ganz verschwindet. Andere hingegen werden Kohlenstoff in größerem Umfang ansammeln und speichern, wenn die Vegetation auf wärmere Temperaturen und längere Wachstumsperioden reagiert. Insgesamt wird nur wenig Kohlenstoff entweichen- weniger als fünf Prozent - im Vergleich zu dem, der gespeichert bleiben wird.
Bevor Torf stabil im Permafrost konserviert wird, verbringt er Zeit in einer „aktiven Schicht“, die saisonal gefriert und auftaut. Ungefrorener Torf zersetzt sich weiter, so dass der Torf zu dem Zeitpunkt, an dem er dauerhaft gefroren ist, bereits stark zersetzt sein kann. Wenn solch gefrorener Torf schließlich auftaut, ist kaum noch ein weiterer Abbau möglich, so dass weniger Kohlenstoff verloren geht, als man erwarten könnte. Das bedeutet, dass der größte Teil des Kohlenstoffs, den der Torf freisetzt, entweicht, bevor er überhaupt in den Permafrost gelangt. Dementsprechend setzte in Simulationen zukünftiger Jahre die obere aktive Schicht weiterhin den meisten Kohlenstoff frei - nicht tiefer liegender oder neu aufgetauter Torf.
Frühere Studien waren sich uneinig darüber, ob Torf mehr Kohlenstoff freisetzt oder speichert, wenn der Permafrost auftaut. Die jetzt im Journal of Geophysical Research veröffentlichte Simulation hilft, diese Schwankungen zu erklären, indem sie die Ergebnisse der Kohlenstoffbilanz mit spezifischen Variablen wie der Standortgeschichte und der Tiefe der aktiven Schicht verknüpft. Zukünftige Modelle könnten unser Bild von der Zukunft weiter verfeinern, indem sie neue Variablen wie die Eisschmelze und die Produktivität der Vegetation mit einbeziehen. (Journal of Geophysical Research: Biogeosciences, doi.org/10.1029/2020JG005872, 2021)
—Autorin: Elizabeth Thompson, Science Writer. Dieser Text erschien im Englischen auf Eos.org