17. März 2022
Online-Meldung

Satelliten messen UV-Licht im Ozean

Forschende des Alfred-Wegener-Instituts und der Universität Bremen zeigen: Neue Satelliten-Sensoren können unsichere Datenlage zu UV-Licht in den Ozeanen verbessern
Triaxus (Foto: Jessica Vial, MPIM)

Ultraviolettes Licht aus der Sonne beeinflusst maßgeblich das Leben und die Chemie der Ozeane. In Klimamodellen müssen diese Effekte deshalb möglichst präzise abgebildet werden, damit gute Prognosen möglich sind. Forschenden des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) und des Instituts für Umweltphysik (IUP) an der Universität Bremen ist es nun gelungen, aus den Messungen des TROPOMI Sensors an Bord des Satelliten Sentinel-5P die Ausbreitung von UV-Licht in den Ozeanen zu berechnen. Die Studie, die jetzt im Fachmagazin Frontiers of Marine Science erschienen ist, zeigt, dass mit der neuen Methodik global flächendeckende und präzise Daten zum UV-Licht im Meer erzeugt werden können.

Sonnenlicht spielt eine zentrale Rolle in den Ozeanen der Welt. Es heizt die obersten Schichten der Meere auf und beeinflusst damit maßgeblich das Weltklima. Zudem nutzen unzählige einzellige Algen das Licht für Photosynthese zum Aufbau von gigantischen Mengen an Biomasse. Die Energie aus der Sonne legt so die Lebensgrundlage für fast alle Organismen in den Ozeanen – vom winzigen Flohkrebs bis hin zum riesigen Wal.

„Auf allen Ebenen der Meeres- und Klimaforschung sind möglichst exakte Daten zum Sonnenlicht unabdingbar“, sagt Astrid Bracher vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). „Nur mit flächendeckenden Informationen über Intensität, Absorption und Eindringtiefe des Sonnenlichts im und in das Wasser der Ozeane sind Klimamodelle verlässlich und korrekte Aussagen zu wichtigen Leistungen der Meere – wie etwa der Primärproduktion durch das Phytoplankton – möglich. Im sichtbaren Spektrum des Lichts liefern uns Sensoren an Bord von zahlreichen Satelliten heute eine gute Datengrundlage. Im kurzwelligen ultravioletten Bereich des Spektrums fehlte diese Grundlage bislang. Informationen zum UV-Licht in den Meeren mussten deshalb über empirische Verfahren indirekt aus den Satellitendaten zum sichtbaren Licht abgeleitet werden und sind oft ungenau.“

UV-Licht schädigt auch im Ozean die Zellen von Mikroalgen und Mikroorganismen. Zudem verändert es die Chemie der Meere. So beeinflusst es die Bioverfügbarkeit wichtiger Spurenmetalle wie Eisen und Kupfer sowie den Austausch von Spurengasen zwischen Wasser und Atmosphäre. „Sollen alle diese Effekte etwa in Klimamodellen präzise berücksichtigt werden, müssen wir die Unsicherheiten in der Datenlage beheben“, sagt Astrid Bracher. „Mit unserer Studie zeigen wir eine neue Methodik auf, mit der genau das gelingen kann.“

Für die von der europäischen Raumfahrtagentur (ESA) finanzierte Studie nutzte das Forschungsteam um Astrid Bracher und Studienerstautorin Julia Oelker Daten des TROPOMI-Spektrometers an Bord des Sentinel-5-Precursor-Satelliten. Sentinel-5P ist ein 2017 im Rahmen des Copernicus-Programms der Europäischen Union von der ESA gestarteter Erdbeobachtungssatellit. Sein TROPOMI-Sensor (TROPOMI: TROPOspheric Monitoring Instrument) liefert als einer der ersten Satelliten-Sensoren überhaupt räumlich hoch aufgelöste Messdaten im ultravioletten Spektrum des Lichts. Er detektiert dabei das aus den Meeren zurückgestrahlte UV-Licht mit einer hohen spektralen Auflösung von 0,5 Nanometern.

Aus diesen Daten konnte das Studienteam den sogenannten „Diffuse Attenuation Coefficient“ (Kd) für UV-Licht berechnen, der ein Maß dafür ist, wie stark Licht mit zunehmender Wassertiefe gestreut wird. „Die berechneten Werte für Kd stimmen sehr gut mit den Daten überein, die im Rahmen einer Polarstern-Expedition 2018 direkt im Atlantik gemessen wurden“, erklärt die AWI-Wissenschaftlerin. „Die meisten dieser spektral vom UV bis zum infraroten Licht hochaufgelösten Daten wurden mit einem Radiometer kontinuierlich gemessen, das auf einer im Wasser bis auf 200 Meter Tiefe Plattform – dem sogenannten Triaxus – befestigt war. Diese Plattform wurde auf mehreren Transekten entlang der Schiffsroute von Südamerika bis zum Ärmelkanal hinter dem Schiff geschleppt. Die gute Übereinstimmung zeigt, dass unsere Methode das Potential hat, für etwa 95 Prozent der globalen Meeresfläche verlässliche Daten zum UV-Licht in den Ozeanen zu liefern. Insbesondere bei der Klimamodellierung kann das zu einer deutlichen Verbesserung der Prognosen führen.“ Die ESA plant, ab 2023 weitere Sentinel-Satelliten mit UV-Licht-Spektrometern ins All zu schicken. Damit wird in den kommenden Jahren die logistische Grundlage dafür geschaffen, die neue Methodik global und flächendeckend anwenden zu können.

 

Originalpublikation:

Oelker J., Losa S. N., Richter A., Bracher A. (2022) TROPOMI-retrieved underwater light attenuation in three spectral regions in the ultraviolet to blue. Frontiers in Marine Science 9. doi: 10.3389/fmars.2022.787992

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