30. August 2023
Online-Meldung

Welchen Einfluss hat die Elbe auf die Deutsche Bucht?

Helmholtz-Forschende analysieren erstmals ganzheitlich den Eintrag von Klimagasen, Umweltchemikalien, Nano- und Mikroplastik sowie Nährstoffen aus der Elbe in die Nordsee
Die Mya II vor Sylt (Foto: Florian Lange)

Deutschlands Nordseeküste wird über die Elbe durch Flusseinträge aus Industrie, Landwirtschaft oder Kläranlagen belastet. Diese Belastungen verändern sich im Flussverlauf durch Zuflüsse aber auch durch Abbau- und Sedimentationsprozesse im Fluss und im Mündungsgebiet. In einem systemübergreifenden Ansatz untersuchen Forschende mehrerer Helmholtz-Zentren über den gesamten Sommer, wie sich die Konzentrationen und die Zusammensetzung der in den Fluss eingetragenen Umweltchemikalien, Nano- und Mikroplastikpartikel sowie Nährstoffe und Klimagase auf dem Weg in die Nordsee verändern.

Gemeinsame Meldung: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Helmholtz-Zentrum Hereon und GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

Die im Rahmen der Forschungsinitiative MOSES (Modular Observation Solutions for Earth Systems) durchgeführte mehrmonatige Messkampagne begann Ende Juni in Tschechien und endet Mitte September in der Deutschen Bucht. Vom 23. bis 25. August hat das Forschungsschiff „Ludwig Prandtl“ des Helmholtz-Zentrums Hereon zwischen Geesthacht und Cuxhaven das Thema beforscht. Vom 28. August bis zum 15. September werden drei Küstenforschungsschiffe vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und vom Helmholtz-Zentrum Hereon nacheinander in der südlichen Nordsee zwischen Büsum, Helgoland und Cuxhaven im Dienst der Wissenschaft unterwegs sein.

Die aufwändig koordinierten Fahrten auf der Elbe und der Nordsee haben zum Ziel, ein definiertes „Wasserpaket“, das bereits seit Ende Juni im Flussbereich (Süßwasser) der Elbe untersucht wird nun auch beim Übergang in den salzhaltigen Küstenbereich und letztendlich bis in die Nordsee hinein weiter zu verfolgen. Das Elbe Ästuar, also der von der Tide beeinflusste Teil der Elbe, der sich von Geesthacht bis Cuxhaven erstreckt, hat dabei eine besondere Aufgabe. Ästuare zeichnen sich durch eine Filterfunktion zwischen dem Fluss und dem Meer aus: Hier werden organische Substanzen abgebaut, umgesetzt oder sedimentieren, denn durch den Tideneinfluss, ist die Verweildauer des Wassers deutlich länger als im Fluss selber.

In der Nordsee wird dann das „Wasserpaket“ auf dem Ästuar mit Hilfe von Transpondern verfolgt, die mit dem Wasserpaket mittreiben und regelmäßig per Funk ihre Position melden. Die Forschungsschiffe orten die Position dieser Signale permanent und können dann gezielt bei den Transpondern Wasserproben entnehmen und detaillierte Sondenmessungen zu den Konzentrationen der Inhaltsstoffe am jeweiligen Ort durchführen. Dafür werden drei „Schwärme“ mit jeweils drei bis vier Transpondern im Elbeausstrom vor Cuxhaven ausgesetzt. Die Transponder folgen dem aus der Elbe kommenden Süßwasser, welches sich dann zunächst vor allem an der Oberfläche des Küstenwassers einschichtet und dann zunehmend sowohl in der Fläche aber auch in die Tiefe mit dem Nordseewasser vermischt. Die Schiffe verfolgen die Transponderschwärme, die sich ebenfalls langsam in der Fläche verteilen werden und können so den Weg und auch die langsame Auflösung des Elbe-„Wasserpaketes“ im Ästuar- und Nordseebereich analysieren. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhoffen sich dadurch, die Veränderungen und die Vermischung des Wasserpaketes mit Nordseewasser im Küstenbereich verfolgen sowie den Verbleib der in dem Wasserpaket gelösten oder partikulären Inhaltsstoffe detailliert analysieren zu können.

Da bisher nicht genau bekannt ist, wie sich das Elbewasser in der Nordsee verhält, können die Forschungsschiffe keine vorher festgelegte Fahrtroute verfolgen, sondern müssen immer wieder das mit den Transpondern gekennzeichnete Wasserpaket suchen und beproben. Dabei kommt unter anderem auch im Rahmen des Helmholtz-Projektes MOSES neu entwickelte Messgeräte zu Einsatz, die dann zeitlich hoch aufgelöste Daten in Echtzeit aufzeichnen und visualisieren. Eines der neuen Messgeräte ist zum Beispiel ein vollausgestatteter MOSES-Labor-Container mit speziellen Sensoren, der, fertig aufgebaut, von Schiff zu Schiff übergeben wird. Dieser spezielle Mess-Container wird in Cuxhaven zunächst von dem Forschungsschiff „Ludwig Prandtl“ des Hereon aufgenommen. Nach einer Woche Transponderverfolgung wird der Mess-Container an das Forschungsschiff „Littorina“ vom GEOMAR übergeben und nach einer weiteren Woche an das Forschungsschiff „Mya“ des Alfred-Wegener-Instituts. Dieses Verfahren ermöglicht es, dass, obwohl unterschiedliche Forschungsschiffe zum Einsatz kommen, einheitliche Messsensorik zu verwenden und damit sicherzustellen, dass auch die gewonnen Daten einheitlich und vergleichbar sind.

Jedes eingesetzte Forschungsschiff und beteiligte Institut hat darüber hinaus aber auch noch einen eigenen fachlichen Schwerpunkt. Der Fokus des AWIs liegt bei der exakten Messung und Analyse der Verteilung der Treibhausgases Methan und CO2 und deren Eintrag in die Atmosphäre. Das GEOMAR untersucht insbesondere die Einträge von Schadstoffen aus der Elbe in die Deutsche Bucht und nimmt dabei mit einem neu entwickelten Probenahmesystem Wasserproben für eine Vielzahl von Schadstoffen, darunter TNT und Quecksilber. Das Hereon bringt zusätzliche Expertise im Bereich Mikroplastikbeprobung, Schwermetalle, gelöste Kohlenstoffe und Nährstoffeinträge ein und das UFZ, welches für die erste Phase des Projektes auf der Elbe zuständig war, wird zusätzliche Wasser- und Sedimentproben analysieren.

Alle diese Arbeiten und Expertisen zusammen leisten einen wichtigen Beitrag zu den langjährigen MOSES-Umweltbeobachtungen im Bereich Elbe und Deutsche Bucht und auch zu einem neuen Projekt der Deutschen Allianz Meeresforschung (DAM) mit Namen „ElbeXtreme“, welches, ab dem Jahr 2024 die Auswirkungen von Extremereignissen auf das deutsche Küstensystem untersuchen wird.

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