FACTS (Fluxes and Fate of Microplastics in Northern European Waters) ist ein europäisches Projekt, das von JPI Oceans finanziert wird. Es verbessert das Wissen und mechanistische Verständnis der Quellen, des Transports, des Vorkommens und des Verbleibs von kleinem Mikroplastik aus europäischen Gewässern in der Arktis. Das Konsortium besteht aus 15 Partnern in 7 Ländern, wobei mehr als 50 Personen an den Forschungsaktivitäten beteiligt sind.
Die Projektfahrt (HE578) ist eine der Kern-Probennahmen-Kampagnen des FACTS-Projekts, die sich mit der geographischen Frage des Mikroplastik-Transports von den gemäßigten Gewässern der südlichen Nordsee bis zu den arktischen Gewässern der Barentssee beschäftigt. Das für diese Expedition ausgewählte Schiff ist die Heincke, ein 55 Meter langes Forschungsschiff des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), das mit allen für eine wissenschaftliche Expedition notwendigen Geräten und Einrichtungen ausgestattet ist und Unterkunft für bis zu 12 Wissenschaftler bietet.
Die Ausfahrt startete am 4. Juni 2021 von Bremerhaven aus in Richtung Norden, um an mehreren Küsten- und Offshore-Stationen in Norwegen Proben von der Verschmutzung durch Mikroplastik zu sammeln. Die Stationen erstrecken sich durch den Shetland-Kanal nach Norden bis zum nördlichsten Probenahmepunkt in einem Gebiet in der Nähe von Bjørnøya (Bäreninsel), einer kleinen abgelegenen Insel zwischen Norwegen und dem Svalbard-Archipel.
Die Aktivitäten an Bord des Schiffes wurden von Fahrtleiter Dr. Gunnar Gerdts koordiniert, Experte für Mikroplastik-Forschung am Alfred-Wegener-Institut auf Helgoland. Mit einer CTD-Einheit wurden ozeanographische Parameter aufgezeichnet, um verschiedene Wassermassen und die damit verbundenen physikalischen Eigenschaften und biologischen Aktivitäten zu identifizieren. Darüber hinaus wurden auch Oberflächen- und Tiefenwasserströmungen mit einem abgesenkten Acoustic Doppler Current Profiler (ADCP) gemessen.
Um einen ganzheitlichen und umfassenden Überblick über die komplexen Mechanismen des Mikroplastiktransports in der Meeresumwelt zu erhalten, wurde während der Fahrt eine Vielzahl von Probenahmemethoden und -strategien eingesetzt. Mikroplastik in der Wassersäule wurde in verschiedenen Tiefen mit einem Kranzwasserschöpfer (Dr. Giuseppe Suaria und Dr. Andrea Paluselli; Institut für Meereswissenschaften des Italienischen Forschungsrates ISMAR-CNR, Italien) und In-situ-Pumpen gesammelt. Letztere sind großvolumige Filtergeräte, die in mehreren Tiefen bis zu mehreren tausend Metern eingesetzt werden (Dr. Karin Zonneveld; Zentrum für Meeres- und Umweltwissenschaften, Universität Bremen - MARUM). Diese Proben werden die Wissenslücken darüber füllen, wie die Mikroplastikpartikel entlang der Wassersäule verteilt sind und ob es spezifische Anreicherungsgebiete gibt, z.B. an der Schnittstelle zwischen verschiedenen Wassermassen. Außerdem wurde die Wasseroberfläche untersucht, indem ein Katamaran geschleppt wurde, der mit einem Neuston-Netz und einem neuartigen Filtersystem ausgestattet war, das von einer Luftpumpe angetrieben wird und Partikel bis zu 10 Mikrometer aus dem Wasser filtern kann (Dr. Gunnar Gerdts, Hannah Jebens, Fangzhu Wu; AWI). Marine Aggregate wurden mit Hilfe von Marine Snow Catchern gesammelt (Jon Roa und Christine Fink; Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung - GEOMAR), großen Probennehmern, die in bestimmten Tiefen eingesetzt werden und Wasser und absinkende Partikel in einem speziellen Bodenbereich sammeln. Die Wissenschaftler konnten diese Aggregate dann für weitere Analysen sichern, um zu verstehen, ob Mikroplastik mit anderen organischen Stoffen aggregiert, sogenanntem Meeresschnee.
Die Beprobung wurde auch während der Fahrt durchgeführt, um die Wissenslücken zwischen den Transekten zu füllen. Dabei wurde ein neuartiges Filtergerät verwendet (AAU - COMPASS - COntinuous Microplastic Automatic Sampling System - Alvise Vianello; Aalborg University - AAU), das es ermöglicht, Partikel bis zu 10 Mikrometer aus großen Mengen Wasser zu sammeln und zu filtern. Mikroplastik wurde auch in marinen Tiefseesedimenten mit einem Multicorer (MUC) beprobt, der bis zum Meeresboden eingesetzt wurde, um mehrere Sedimentkerne gleichzeitig zu ziehen (Gerard Versteegh; AWI), um die Mikroplastikverschmutzung, die den Meeresboden erreicht, und deren Schichtung zu untersuchen. Die Beprobungsaktivitäten umfassten auch Aerosol-Monitoring, das mit großvolumigen Aerosol-Sammlern durchgeführt wurde (Christoph Georgi; Technische Universität Berlin - TUB). Außerdem kamen mobile Impaktoren für die Beprobung kleiner Volumina und speziell für das luftgestützte Mikroplastik-Monitoring entwickelten Luft-Sammlern (Dorte Herzte - Norwegian Institute of Air Research - NILU) zum Einsatz. Dieser ergänzende Datensatz wird es ermöglichen, besser zu verstehen, ob die atmosphärische Ablagerung von Mikroplastik eine bedeutende Rolle bei der Verschmutzung der Ozeane spielt.
Die wissenschaftliche Expedition endete am 7. Juli, als die Heincke den Hafen von Bremerhaven erreichte, nachdem sie hunderte von Proben aus verschiedenen Umweltkompartimenten gesammelt hatte. Die Proben werden nun in den folgenden Monaten vom FACTS-Konsortium analysiert und liefern neue Erkenntnisse über die Quellen, den Transport, das Vorkommen und den Verbleib von kleinem Mikroplastik in nordeuropäischen Gewässern.
Weitere Infos: https://jpi-oceans-facts.eu/