03. Februar 2025
Online-Meldung

Alte Pflanzen-DNA verrät, wo der Kohlenstoff im Ozean herkommen könnte

Neuartige Verfahren ermöglichen Rückschlüsse aus Pflanzen-DNA, wie unser Planet auf sprunghafte Klimaveränderungen in der Vergangenheit reagiert hat.
Weidenvegetation in Alaska (Foto: Alfred-Wegener-Institut / Ulrike Herzschuh)

Der Ozean gehört zu den größten Senken der Erde, um Kohlenstoff aus landbasierten (terrestrischen) Ökosystemen zu speichern. Trotz seiner entscheidenden Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf ist jedoch noch immer nicht klar, woher dieser Kohlenstoff stammt. Forschende des Alfred-Wegener-Instituts haben mit neuartigen Methoden Sedimentkerne aus dem Pazifik untersucht und können anhand von alter Pflanzen-DNA nun zum ersten Mal detaillierte Aussagen über die genaue Herkunft und die Dynamik terrestrischen Kohlenstoffs in Ozeanen machen. Das kann helfen, die Wechselwirkungen zwischen Land und Meer sowie die Rolle der Ozeane als Kohlenstoffsenken besser zu verstehen. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden in der Fachzeitschrift Communications Earth & Environment

Studien legen nahe, dass etwa ein Drittel des Kohlenstoffs in Meeressedimenten aus der Biosphäre oder dem Boden an Land stammt. Aus welchen Pflanzenarten dieser besteht und wo sie herkommen, ist ein bisher ungelöstes Puzzle. Denn es lässt sich nur schwer rekonstruieren, wie sich seine Verteilung und Zusammensetzung über ganze Zeitalter hinweg verändert hat. Ein Blick in die Vergangenheit kann hier helfen: Forschende des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) haben alte Pflanzen-DNA untersucht, um herauszufinden, aus welchen Pflanzlichen Quellen der Kohlenstoff in den Meeren unseres Zeitalters stammt. „Wir haben sechs Sedimentkerne aus verschiedenen Regionen im Pazifik untersucht, die alle den Übergang vom Pleistozän zum heutigen Holozän abdecken, also 40,000 Jahre“, sagt AWI-Biologin Prof. Ulrike Herzschuh. Während dieser Zeit hat sich der terrestrische und marine Kohlenstoffkreislauf als Reaktion auf Klimasignale stark verändert, ein Phänomen, dass wir in den letzten Jahren wieder beobachten können. „Zu verstehen, wie sich der Kohlenstoff im Meer aus dieser Zeit zusammensetzt, hilft uns zu verstehen, wie sich der Ozean als Kohlenstoffsenke in Zukunft entwickeln könnte und wie wir ihn schützen können.“

Für die Analyse haben die Forschenden die alte Pflanzen-DNA aus den Sedimentkernen gefiltert und kleine Fragmente dieser alten DNA dann den passenden unterschiedlichen Arten zugeordnet (Shotgun-Sequenzierung). So konnten sie erstmals den Anteil verschiedener Pflanzenarten in Sedimenten vom Meeresboden bestimmen und nachvollziehen, wie Kohlenstoff aus terrestrischen Quellen in den Ozean gelangt. Die Ergebnisse zeigen, dass während des Übergangs vom Pleistozän zum Holozän mehr organisches Material von der Landoberfläche seinen Weg ins Meer gefunden hat. Sedimente aus den hohen nördlichen Breiten beinhalten beispielsweise einen hohen DNA-Anteil von Weidengewächsen, was höchstwahrscheinlich die Ausdehnung der Uferwälder widerspiegelt. Diese konnten sich zu dieser Zeit ausbreiteten, weil die Temperatur anstieg und es durch schmelzende Gletscher mehr Wasser gab. Auch konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine große Menge an Gräsern finden, die an ein trockenes, kaltes Klima angepasst waren, was auf einen verstärkten Eintrag aus den weit verbreiteten Gletschersteppen der nördlichen Hemisphäre deutet. 

Die Kerne aus den niedrigen Breitengraden zeigen ebenfalls eine erhebliche Veränderung während des Übergangs, die durch DNA von Baum- und Straucharten geprägt war. Es scheint einen Wechsel von küstennahen Unterwasserpflanzen zu regionalen Landpflanzen gegeben zu haben, der mit einem Anstieg des Meeresspiegels in dieser Zeit einhergeht. Spuren von Birkengewächsen zeigen die massive Ausbreitung dieser Art weit ab von ihren typischen Verbreitungsgebieten, wahrscheinlich als Reaktion auf die Erwärmung im frühen Holozän. Fünf der sechs Kerne weisen größere DNA-Spuren von Farn- und Moosarten auf, die seit Beginn des Holozäns stetig zunehmen. Die mit dem Holozän stark ansteigenden Eintragssignale von Moos und Gras im Südpolarmeer, könnten darauf hinweisen, dass sich früher und schneller als bisher erwartet eine terrestrische Biosphäre etabliert hat. Generell ist die Zusammensetzung der pflanzlichen DNA der einzelnen Sedimentkerne weitgehend von Arten geprägt, die sich vor allem von den Nachbarkontinenten ausgebreitet haben, und zu einer weitreichenden Umverteilung von Kohlenstoffquellen in den Ozeanen geführt haben könnte.

„Unsere Studie trägt dazu bei, die globale Kohlenstoffbilanz genauer zu bestimmen und die Rolle der Ozeane als Kohlenstoffsenke besser zu verstehen,“ fasst Ulrike Herzschuh zusammen. „Die Ergebnisse sind wichtig für die Klimaforschung, da sie unser Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Land und Meer verbessern. So können wir dazu beitragen, effektivere Schutzmaßnahmen für marine Ökosysteme zu entwickeln.“


Originalpublikation

Herzschuh, U., Weiß, J.F., Stoof-Leichsenring, K.R. et al. Dynamic land-plant carbon sources in marine sediments inferred from ancient DNA. Commun Earth Environ 6, 78 (2025). https://doi.org/10.1038/s43247-025-02014-9

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