Anfang Februar brach ein internationales Expeditionsteam in die Antarktis auf, um das 1915 im Weddellmeer gesunkene Schiff von Sir Ernest Shackleton – die Endurance – zu finden. Drei Wochen nach dem Start konnte das Team das bisher verschollene Wrack orten. Mit an Bord waren auch Forschende des Alfred-Wegener-Instituts.
Sir Ernest Shackleton stach ursprünglich 1914 mit der Endurance in See, um als Erster die Antarktis zu durchqueren. Die Route sollte vom Weddellmeer aus über den Südpol bis zum Rossmeer führen, doch das Schiff blieb bereits im dicken Packeis des Weddellmeers stecken und sank schließlich nach mehreren Monaten. Das Schiff galt seither als verschollen. 100 Jahre nach dem Tod von Shackleton machte sich ein internationales Team um Expeditionsleiter John Shears auf die Suche nach dem Wrack der Endurance und wurde fündig: in einer Tiefe von 3008 Metern im antarktischen Weddellmeer, innerhalb des Suchgebiets, das das Expeditionsteam vor seiner Abfahrt von Kapstadt festgelegt hatte, und etwa vier Meilen südlich von der letzten aufgezeichneten Position.
Das Suchfenster für den Fundort der Endurance war das Ergebnis jahrelanger internationaler Forschung. Mit einem Vorherdsagemodell konnte die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Eisdrift im November 1915 nachbilden und so die Bedingungen analysieren, unter denen das Schiff zwischen dem 18. und 22. November 1915 sank. Die tatsächliche Position des Wracks stimmte sehr gut mit der vorhergesagten überein, sodass das Team es schließlich in der südlichen Mitte des Such-Fensters finden konnte. Die Region im Weddellmeer ist zu großen Teilen von dickem Meereis und massiven, permanenten Schelfeisen bedeckt und nur schwer zugänglich.
Drei Wochen suchte das Expeditionsteam mit hybriden autonomen Unterwasserfahrzeugen nach der Endurance von Bord des südafrikanischen Eisbrechers S.A. Agulhas II aus. Die Tage nach der Entdeckung nutzen die Forschenden um das Wrack genauer zu untersuchen, zu filmen und zu vermessen. Der Rumpf des Schiffes ist völlig intakt und perfekt erhalten. Es ist als historische Stätte und Denkmal im Rahmen des Antarktisvertrags geschützt, es durfte während der Erkundungs- und Filmarbeiten in keiner Weise berührt oder gestört werden.
So half das AWI bei der Suche
Auch Forschende des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) waren bei der Expedition dabei: Stefanie Arndt, Jakob Belter und Christian Katlein sowie AWI-Fotografin Esther Horvath.
„Das Wrack zu finden war eine großartige Meisterleistung in der polaren Unterwasser Robotik. Bei der mehrwöchigen Suche wurden in 3000 Meter Wassertiefe mehrere hundert Quadratkilometer Meeresboden abgesucht“, so Christian Katlein.
„Es waren sehr emotionale Momente, als die ersten Bilder des Wracks auf der SA Agulhas II gezeigt wurden und es ist beeindruckend zu sehen, was wir erreichen können, wenn Menschen mit unterschiedlichen Expertisen und Hintergründen gemeinsam an etwas arbeiten“, sagt Jakob Belter.
Stefanie Arndt ergänzt: „Als die Endurance gefunden wurden, haben wir gerade noch auf dem Meereis gearbeitet. Genau dort, wo auch Shackleton und seine Männer vor über 100 Jahren standen – ein Gänsehaut-Moment im Nachhinein!“
"Für mich als Fotografin war es eine große Ehre, in die Fußstapfen von Frank Hurley zu treten, der der Expeditionsfotograf auf der Endurance war. Ohne seine Bilder wüssten wir nicht, was die 28 Männer wirklich erlebt und durchgemacht haben, es wäre nur eine Vorstellung in unseren Köpfen, die auf der uns bekannten Geschichte beruht“, erklärt Esther Horvath.
Ebenfalls an Bord war Lasse Rabenstein, Leiter der AWI-Ausgründung „Drift+Noise“. Das Unternehmen liefert aktuelle Eisinformationen und unterstützt Schiffe bei der Durchfahrt in Polarregionen. AWI-Forscher Helge Goessling und das SIDFEX-Projekt, das er mit verantwortet, lieferten sehr wertvolle Eisdriftprognosen für die Schollenauswahl. Auch Stefan Hendricks, ebenfalls von der AWI-Meereisphysik, unterstützte die Expedition mit Daten zur Meeereisdicke aus der Cryosat-2-Mission. Außerdem erhielt die Expedition täglich hochauflösende Satellitenradarbilder vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Parallel zu den Tauchversuchen auf der Suche nach der Endurance konnte das AWI-Team zusätzlich Meereisdaten von insgesamt 17 Eisstationen, 40 Eisbohrkernen und etwa 680 Proben für weitere Forschungen erheben.
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