Permafrostforscher Hubberten für Lebenswerk geehrt

Die International Permafrost Association verleiht dem AWI-Wissenschaftler den Lifetime Achievement Award 2024
[18. Juni 2024] 

Der Mineraloge Prof. Dr. Hans-Wolfgang Hubberten hat heute den Lifetime Achievement Award 2024 von der International Permafrost Association (IPA) erhalten. Die Vereinigung ehrt damit die herausragenden lebenslangen Leistungen des ehemaligen Wissenschaftlers des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in der Permafrostforschung und für die Permafrost-Forschungsgemeinschaft.

„Ich freue mich außerordentlich über die Auszeichnung“, sagt Hans-Wolfgang Hubberten. „Mehr als 20 Jahre meiner wissenschaftlichen Laufbahn habe ich dem Permafrost gewidmet und gemeinsam mit vielen Kolleginnen und Kollegen dazu beigetragen, das Verhalten des Permafrosts im Zuge der globalen Veränderungen weitgehend zu verstehen. Daneben war es für mich besonders wichtig, durch mein Engagement in der IPA und in vielen internationalen Gremien und Organisationen die Bedeutung der deutschen und europäischen Permafrostforschung im internationalen Raum zu fördern.“

„Dass Hans-Wolfgang Hubberten mit diesem Award geehrt wird, ist eine wohlverdiente Anerkennung seiner Lebensleistung“, sagt Prof. Dr. Antje Boetius, die Direktorin des AWI. „Hans hat wissenschaftliche Meilensteine in der Erdsystemforschung gesetzt. Er hat auch viele junge Menschen inspiriert, sich in der Arktisforschung zu engagieren, die heute für das Verstehen unseres Klimasystems eine entscheidende Rolle spielt. In seiner eigenen Karriere ist er dabei viele wichtige und mutige Schritte gegangen und ist so Vorbild für viele, die ihm nachgefolgt sind.“

Während die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre akademische Laufbahn einem einzigen Bereich widmen, schaffte es Hans-Wolfgang Hubberten, zwei Leben als Forscher zu führen: eines als Meeresgeologe in seinen frühen Jahren, ein zweites als Permafrostforscher. Seine beeindruckende Karriere begann 1974, als er sein Studium der Mineralogie an der Universität Tübingen abschloss. Drei Jahre später promovierte er an der Universität Karlsruhe, wo er sich 1984 auch habilitierte. Seine erste Professur trat er in Mexiko an der Fakultät für Geowissenschaften der Autonomen Universität von Nuevo Leon in Linares an. Er kehrte 1986 nach Deutschland zurück und arbeitete bis 1991 als Meeresgeologe am AWI in Bremerhaven.

Als Deutschland 1990 wiedervereinigt wurde, beschloss das AWI, eine neue Forschungseinheit auf den Überbleibseln des Zentralinstituts für Physik der Erde der ehemaligen DDR in Potsdam zu eröffnen. Hans-Wolfgang Hubberten wurde angeboten, diesen neuen Standort zu leiten. 1992 wechselte er von Bremerhaven nach Potsdam und begann seine zweite Karriere. Schon kurz nach seiner Ankunft legte er den Schwerpunkt des neu errichteten Instituts auf das Thema Permafrost.

Heute ist die Sektion Permafrostforschung in Potsdam zu einem der angesehensten wissenschaftlichen Zentren für Permafroststudien weltweit geworden. Federführend war er unter anderem bei der Organisation der 11. Internationalen Permafrost-Konferenz im Jahr 2016 in Potsdam. Bis heute ist sie die größte Permafrost-Konferenz aller Zeiten mit mehr als 730 Teilnehmern aus 36 Ländern.

Auch in seiner eigenen wissenschaftlichen Karriere konzentrierte sich Hans-Wolfgang Hubberten mit dem Wechsel nach Potsdam zunehmend auf das Thema Permafrost. Im Jahr 1997 wurde er zum Universitätsprofessor für Isotopengeologie an der Universität Potsdam ernannt, wo er eine unglaubliche Anzahl von Doktorandinnen und Doktoranden betreute und mitbetreute. Einige von ihnen wurden zu führenden Expertinnen und Experten in der Permafrost-Forschungsgemeinschaft. Obwohl Hans-Wolfgang Hubberten nie ein ausgebildeter Permafrostforscher war, zeigt seine Publikationsliste, dass er schnell den Anschluss an die Forschungsgemeinschaft fand und sich mit wissenschaftlichen Fragen auseinandersetzte, die sich später als zentral für die Erforschung des Permafrosts erwiesen. Mit 174 von Fachleuten begutachteten Veröffentlichungen gehört er zu den besten Permafrostforschern unserer Zeit. Er leitete bahnbrechende Studien über submarinen Permafrost und über die quartäre Umwelt. "The periglacial climate and environment in northern Eurasia during the Last Glaciation", veröffentlicht 2004 in Quaternary Science Reviews, wurde zum Klassiker der Permafrostliteratur.

Ab den 1990er Jahren verbrachte er viele Sommer in der sibirischen Arktis und besuchte unermüdlich die vielen anderen Gebiete der arktischen Permafrostlandschaften in Alaska, Kanada, Grönland und auf Spitzbergen, wo er Kolleginnen und Kollegen sowie Studentinnen und Studenten seine unermüdliche Begeisterung für Permafrost und periglaziale Prozesse vermittelte. Er selbst nahm an mehr als 20 Expeditionen in die Arktis und Antarktis teil.

Das Wachstum des AWI als ein führendes Institut in der Permafrostforschung veranlasste Hans-Wolfgang Hubberten, sich in zahlreichen internationalen Initiativen und Ausschüssen zu engagieren. In der IPA war Hans-Wolfgang Hubberten von 2003 bis 2008 zunächst Mitglied des Exekutivkomitees. Während dieser Amtszeit organisierte er die 2. Europäische Permafrost-Konferenz, die 2005 in Potsdam stattfand. Von 2008 bis 2012 wurde er IPA-Präsident. Seine Ernennung erfolgte auf der 9. Internationalen Konferenz für Permafrost in Fairbanks, Alaska. „Die Ernennung zum Präsidenten der IPA ist eine besondere Auszeichnung“, freute er sich damals, „vor allem aber würdigt sie die hervorragenden Leistungen, die unser gesamtes Team in den letzten Jahren für die Permafrostforschung erbracht hat.“

Hubberten war der erste Präsident, der aus einem Land stammte, das nicht zu den großen vier Permafrostländern zählte. Seine Präsidentschaft gilt als ein wichtiger Wendepunkt für die Vereinigung. Die Organisation stellte sich auf die digitale Welt ein, führte Reformen zur Finanzierung von Aktionsgruppen ein, die sich auf innovative Ideen konzentrierten, und unterstützte nachdrücklich die Einbeziehung junger Forschender. In der öffentlichen Wahrnehmung stärkte er die Bedeutung der Rolle des Permafrostes für den Klimawandel.

Eines seiner Verdienste für die Permafrostforschung war der Aufbau neuer akademischer und wissenschaftspolitischer Beziehungen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Er erkannte, dass die Zusammenarbeit mit russischen Kollegen im größten Permafrostland der Erde unerlässlich ist, um einige der drängendsten Fragen der globalen Klimaforschung anzugehen. Seine interdisziplinäre und multilaterale Vision für die Forschung erwies sich als wegweisend für die internationale Gemeinschaft. Für seine Verdienste um die deutsch-russische wissenschaftliche Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Klimaforschung erhielt er schließlich 2021 die höchste Auszeichnung in Deutschland, das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Heute wünscht er sich, dass diese Zusammenarbeit in einer friedlichen Welt irgendwann wieder aufgenommen werden kann.

Weitere Informationen unter: http://www.ipa-permafrost.org

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