29. September 2022
Online-Meldung

Die Zukunft von Ozeanwirbeln in einer sich erwärmenden Welt

Neue Studie zeigt Veränderungen der Wirbel als Folge des vom Menschen verursachten Klimawandels
Ozeanwirbel im CMIP6-Klimamodell des AWI (Grafik: Alfred-Wegener-Institut)

Mesoskalige Ozeanwirbel sind kleine, kurzlebige Phänomene, die Eigenschaften des Ozeans wie Temperatur, Geschwindigkeit und Salzgehalt wirkungsvoll beeinflussen. Das hat Auswirkungen auf die Ozeanzirkulation, die Aufnahme von Wärme und Kohlenstoff in der Tiefe, den Gasaustausch mit der Atmosphäre, und den Transport von Nährstoffen. Wie sich der vom Menschen verursachte Klimawandel langfristig auf die Wirbel und daher auch ihre weitreichenden Effekte auswirkt, hat ein Forschungsteam unter der Leitung vom Alfred-Wegener-Institut in einer neuen Studie untersucht. Mit Hilfe von Klimamodellsimulationen zeigen sie, wie sich die Aktivität von Ozeanwirbeln im 21. Jahrhundert in einer immer wärmer werdenden Welt entwickeln könnte. Ihre Ergebnisse stellen die Forschenden nun in der Fachzeitschrift Nature Climate Change vor.

Bisher waren Ozeanwirbel aufgrund ihrer geringen Größe von einigen Kilometern und der begrenzten Verfügbarkeit von passenden Satellitendaten nur schwer zu erforschen und Aussagen über ihre zukünftigen Auswirkungen nur begrenzt möglich. Wie sich die Wirbel im 21. Jahrhundert entwickeln könnten, zeigt nun die neue Studie unter der Leitung von Nathan Beech vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI). Hierfür nutzten die Forschenden am AWI durchgeführte Simulationen für das internationale Klimamodell-Vergleichsprojekt CMIP6, das auch der Weltklimarat IPCC für seine Berichte nutzt. CMIP6 Daten ermöglichen es, Prognosen zu erstellen, wie sich Klimaveränderungen, beispielsweise höhere globale Temperaturen durch den Anstieg von Treibhausgasen, zukünftig entwickeln werden.

Um nun zu simulieren, wie sich Ozeanwirbel in einer Welt entwickeln könnten, die unter dem vom Menschen verursachten Klimawandel immer wärmer wird, verfolgte das Forschungsteam einen neuartigen Ansatz, der am AWI entwickelt wurde: Das CMIP6-Modell des AWI nutzt eine für ein Klimamodell vergleichsweise hohe räumliche Auflösung in Regionen, in denen Wirbel vermehrt vorkommen, während es in anderen Regionen eine gröbere Auflösung beibehält. So konnte das Team analysieren, wie sich die relativ kleinen Wirbel – das Wetter des Ozeans – im Laufe des 21. Jahrhunderts entwickeln, wenn sich die globale Mitteltemperatur weiter erhöht. „Dies ist zweifellos die erste derartige Untersuchung mit einem so umfassenden Datensatz“, sagt Nathan Beech, Erstautor der Studie. „Die Intensität und Klarheit der prognostizierten Veränderungen in der Wirbelaktivität sind bemerkenswert“.

Denn die Modellsimulationen zeigen unter anderem eine Verschiebung der Regionen mit maximaler Wirbelaktivität in Richtung der Pole, die der Bewegung der Meeresströmungen folgt. „Wir gehen davon aus, dass die Wirbelaktivität im Kuroshiostrom, im Brasil- und Malvinasstrom sowie im Antarktischen Zirkumpolarstrom deutlich zunehmen wird, während wir für den Golfstrom einen starken Rückgang prognostizieren“, sagt Prof. Thomas Jung, Leiter der Abteilung Klimadynamik und stellvertretender Direktor des AWI. Der Rückgang der Wirbelaktivität des Golfstroms könnte mit der bereits zuvor prognostizierten Abnahme des Zustroms von warmem Salzwasser aus dem tropischen Atlantik nach Nordeuropa zusammenhängen. Die in der Studie dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die menschlichen Einflüsse auf das Klima weit über den globalen Temperaturanstieg hinausgehen und diverse Ozeaneigenschaften verändern können.


Originalpublikation

Nathan Beech, Thomas Rackow, Tido Semmler, Sergey Danilov, Qiang Wang, und Thomas Jung. Long-term Evolution of Ocean Eddy Activity in a Warming World (2022). DOI: https://doi.org/10.1038/s41558-022-01478-3.


Weitere Informationen

Semmler, T., Danilov, S., Gierz, P., Goessling, H. F., Hegewald, J., Hinrichs, C., Koldunov, N., Khosravi, N., Mu, L., Rackow, T., Sein, D.V., Sidorenko, D., Wang, Q., und Jung, T. (2020). Simulations for CMIP6 With the AWI Climate Model AWI-CM-1-1. Journal of Advances in Modeling Earth Systems, 12, e2019MS002009. https://doi.org/10.1029/2019MS002009

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