11. März 2025
Online-Meldung

Klimawandel beeinflusst genetischen Austausch unter Polardorschen

Neue genetische Erkenntnisse enthüllen Einfluss des Klimawandels für arktische Schlüsselart
Der Polardorsch Boreogadus saida in der Arktis (Foto: Hauke Flores)

Der Polardorsch, eine der zentralen Fischarten im Arktischen Ozean, steht durch den Klimawandel vor erheblichen Herausforderungen. Als Hauptnahrungsquelle vieler arktischer Säugetiere und Vögel spielt die Art eine Schlüsselrolle im empfindlichen Gleichgewicht des arktischen Ökosystems. Eine internationale Studie in der Fachzeitschrift Molecular Ecology unter Beteiligung des Alfred-Wegener-Instituts liefert neue Einblicke in die genetische Vielfalt des Polardorschs – und warnt vor den potenziellen Folgen der Erderwärmung.

Forschende des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) haben mit einem internationalen Team aus belgischen, kanadischen, grönländischen, isländischen, norwegischen, US-amerikanischen, russischen und schwedischen Partnern die Populationsstruktur des Polardorsches mit modernsten genetischen Analyseverfahren untersucht. Erstmals flossen umfangreiche Proben aus der zentralen Arktis in die Analyse ein, die während AWI-Expeditionen mit dem Forschungsschiff Polarstern und anderen Eisbrechern gesammelt wurden.

„Polardorsch unter dem Meereis zu finden, scheint unmöglich. Dank der Bemühungen vieler Kolleginnen und Kollegen und der Besatzungen von Polarstern und Sikuliaq, die mit dem Oberflächen- und Untereisschleppnetz und manchmal mit bloßen Händen arbeiten, hatten wir das Glück, eine einzigartige Probensammlung aus dieser rauen Umgebung zusammenzustellen“, berichtet AWI-Biologe Dr. Hauke Flores von den herausfordernden Probennahmen. 

Die Ergebnisse zeigen, dass im Arktischen Ozean mindestens drei genetisch unterschiedliche Populationen des Polardorsches existieren. Eine Population lebt in der Beaufort- und Tschuktschensee entlang der Nordküsten Kanadas, der USA und Russlands, eine weitere in Westgrönland, während sich die dritte Gruppe über die transpolare Meereisdrift von der sibirischen Küste bis zur europäischen Arktis und nach Island erstreckt. Die bislang bestehende Meereisdrift und Meeresströmungen ermöglichen einen genetischen Austausch zwischen diesen Populationen – ein Mechanismus, der wesentlich zur Anpassungsfähigkeit der Art beiträgt.

Doch diese natürliche Vernetzung ist in Gefahr: Der Rückgang des Meereises und sich ändernde Ozeanbedingungen könnten den genetischen Austausch einschränken und die Überlebenschancen der Polardorschpopulationen verringern. Dies würde nicht nur die Widerstandsfähigkeit dieser Schlüsselart gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels schwächen, sondern auch die Stabilität der gesamten arktischen Ökosysteme gefährden.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen die Dringlichkeit, die Anpassungsfähigkeit des Polardorsches und anderer arktischer Arten zu bewahren“, erklärt Hauke Flores. „Die Studie liefert wichtige Grundlagen, um Schutz- und Managementstrategien zu entwickeln, die den einzigartigen Bedingungen in der Arktis gerecht werden.“

Die rasanten Veränderungen in der Arktis könnten nicht nur ökologische, sondern auch wirtschaftliche und kulturelle Auswirkungen haben. Besonders bedroht ist die traditionelle Lebensweise der lokalen Gemeinschaften, die eng mit der arktischen Tierwelt verbunden ist. Die Forschung betont die Notwendigkeit eines vorausschauenden Meeresmanagements, um die vielfältigen Auswirkungen des Klimawandels auf die Arktis abzumildern.

Originalpublikation:

Sarah M. Maes, Marie L. Verheye, Caroline Bouchard, Enora Geslain, Bart Hellemans, Torild Johansen, Magnus Lucassen, Felix C. Mark, Anna H. Ólafsdóttir, Pauline Snoeijs-Leijonmalm, Daria Zelenina, MOSAiC Team Eco, Filip. A.M. Volckaert, Henrik Christiansen, Hauke Flores: Reduced-representation sequencing detects trans-Arctic connectivity and local adaptation in polar cod (Boreogadus saida); Molecular Ecology (2025). DOI: 10.1111/mec.17706

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