Flügelschnecken (Pteropoden) verbringen als Teil des Zooplankton ihren Lebenszyklus in der Wassersäule. Zur Fortbewegung nutzen sie ihren zu zwei Flügeln umgebildeten Schneckenfuß und „flattern“ damit durchs Wasser. Die dünne Kalkschale ist aus Aragonit und damit besonders empfindlich gegenüber der Ozeanversauerung (OA). Der zunehmende Gehalt an Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre führt gerade in den kalten Polarmeeren zu einer verstärkten Aufnahme von CO2 und damit zur Versauerung.
Drei Biologen vom GEOMAR und der Universität Kiel untersuchen das Vorkommen von Pteropoden im Weddellmeer und überprüfen erste Anzeichen zur Auflösung ihrer Schalen. Die Flügelschnecken wurden entlang der Expeditionsroute mit dem Bongonetz gefischt. Die Schalen werden in den Kieler Laboren mit unterschiedlichen Mikroskopie-Techniken untersucht. An begleitenden Wasserproben wurde die Konzentration des gelösten CO2 bestimmt. Da Pteropoden besonders empfindlich auf OA reagieren, könnten sie „Frühwarnorgansimen“ für einen weiteren Anstieg der CO2-Konzentrationen im Weddellmeer werden.
Des Weiteren wurde untersucht, ob Mikroplastik bereits die antarktischen Gewässer des Weddellmeers erreicht hat. Sieben mit dem Mikroskop inspizierte Schleppnetzproben von der Wasseroberfläche ergaben erste Hinweise auf farbige, künstliche Partikel, wobei aber noch untersucht werden muss, ob es sich dabei um Plastik oder z.B. um Lacksplitter von Polarstern oder anderen Schiffen handelt. Zusätzliche Wasserproben wurden mit einer Pumpe angesaugt und werden zusammen mit Sedimentkernen vom Meeresboden im heimischen Labor untersucht.
Auf der Fahrtstrecke Richtung Zielhafen Punta Arenas besteht das wissenschaftliche Programm weiterhin aus der Vermessung des Meeresbodens mit Fächer- und Sedimentecholot. Der Fächer besteht aus mehreren hundert hydroakustischen Signalen und kartiert einen Streifen mit der mehrfachen Breite der Wassertiefe. Wenig ist bisher vom Weddellmeer kartiert - insofern liefert nahezu jeder Kurs neue bathymetrische Daten zur ständigen Verbesserung der am AWI gepflegten IBCSO-Karte (International Bathymetric Chart of the Southern Ocean). Auf dieser Reise hat Polarstern etwa die Fläche Schleswig-Holsteins kartiert.
Das Sedimentecholot vermisst gleichzeitig die Mächtigkeit der am Boden liegenden Ablagerungen. Das Lot hat nur einen Strahl, der aber fokusierter ist und mit mehr Energie in den Boden eindringt. Der Kurs durchs Weddellmeer bestätigt, dass der Kontinentalhang von mehreren Canyons zerschnitten wird. Dies sind die wesentlichen Transportwege des durch das Eis vom Kontinent abgetragenen Materials in die Tiefsee. Das Echolot kartiert dicke Sedimentpakete, die sich an den Rändern der Canyons abgelagert haben. Beide Lote werden 24 Stunden am Tag durch Wachgänger betreut und die Daten von Fehlmessungen durch Eisschollen unter dem Schiff bereinigt.
Nach einer letzten Tiefwasser-CTD am nordwestlichen Ende des Weddellmeeres verlassen wir dieses und ’Polarstern’ fährt durch den Antarctic Sound Richtung Bransfield Straße, um sich auf die Querung der Drake Passage vorzubereiten. Dies bedeutet: Alles seefest stauen - wir haben das Eis verlassen. Da sich die ’James Clark Ross’ des BAS (British Antarctic Survey) ebenfalls gerade hier befindet, fahren beide Schiff dicht aneinander vorbei und Wissenschaft und Besatzung winken sich zu.
Damit endet die Stationsarbeit auf einer weiteren sehr erfolgreichen Reise der ’Polarstern’, die auch nach 35 Jahren noch einwandfrei und äußerst leistungsfähig ihren Dienst tut - dank des professionellen und sorgsamen Umganges durch die Besatzung.
Alle Fahrtteilnehmer freuen sich auf zu Hause und möchten sich auf diesem Wege ganz herzlich bei Kapitän Stefan Schwarze und allen Besatzungsmitgliedern bedanken, die mit großem Engagement und Können den Erfolg für die Wissenschaft erst möglich gemacht haben.
Dies ist der letzte Beitrag vor Beendigung der Reise.
Für die Wissenschaft
Dr. Michael Schröder
Fahrtleiter PS111
Mit Beiträgen von Thomas Mani (Uni Basel) zum Mikroplastik und Silke Lischka (GEOMAR), Jan Michels und Stanislav Horb (Uni Kiel) zu den Netzfängen.