Vor genau 75 Jahren am 1. April 1930 startete die „Deutsche Grönland-Expedition Alfred Wegener“ mit vierzehn Teilnehmern in Kopenhagen. Die Ermittlung der Dicke des 2700 Meter mächtigen grönländischen Eisschildes war ein sensationeller wissenschaftlicher Erfolg des ein Jahr dauernden Unternehmens. Die extremen Bedingungen der Arktis machten das Unternehmen allerdings zu einer Strapaze. Ihr fiel auch der Leiter der Expedition zum Opfer, der Begründer der Kontinentaldrifttheorie, Polarforscher und Meteorologe Alfred Wegener. Heute werden Wegeners Forschungsinteressen an dem nach ihm benannten Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung weiterverfolgt.
Die „Deutsche Grönland-Expedition Alfred Wegener“ hat von Beginn an mit den harten arktischen Umweltbedingungen zu kämpfen. Vor Westgrönland vergehen sechs Wochen, bevor 100 Tonnen Expeditionsmaterial und 25 Islandponys von der eisgängigen ‚Gustav Holm’ auf das 1000 Meter hohe Inlandeis gebracht werden können. Unter Zeitdruck werden die drei Landstationen entlang des 72sten Breitengrades errichtet, in denen ein Jahr lang geophysikalische und meteorologische Messungen durchgeführt werden. Besonders Aufbau und Versorgung der zentral gelegenen Station „Eismitte“ erweisen sich als schwierig, da die modernen Propellerschlitten bei den herrschenden Schneebedingungen kaum einsetzbar sind. Bei tiefem Neuschnee und Temperaturen bis minus 54 Grad Celsius werden Ausrüstung und Material über 400 Kilometer mit Hundeschlitten transportiert. Bei der Rückkehr von einer solchen Fahrt nach „Eismitte“ sterben Alfred Wegener und sein grönländischer Begleiter Rasmus Villumsen im Eis. Wegeners Bruder Kurt übernimmt die Leitung der Expedition, deren umfangreiche meteorologische, geodätische und glaziologische Daten Bände füllen. Während der Überwinterung stellen die Forscher auch fest, dass ein damals über dem Inlandeis vermutetes stationäres Hochdruckgebiet nicht existiert. Dieses Ergebnis ist für die Meteorologie des Nordatlantiks und damit für die Schiff- und Luftfahrt von besonderer Bedeutung.
Im Jahr 2005 führen die wissenschaftlichen Erben Wegeners dessen Ideen am Alfred-Wegener-Institut weiter. In den Gewässern um Grönland nimmt der Forschungseisbrecher Polarstern regelmäßig physikalische, chemische, geologische und biologische Messungen vor. Eisbohrungen finden in der Arktis wie auch in der Antarktis statt, die dabei gewonnenen Eiskerne ermöglichen die Rekonstruktion historischer Klimaveränderungen. Auch wenn die Technik seit Alfred Wegeners Expeditionen deutliche Fortschritte gemacht hat, erschweren die extremen Umweltbedingungen auch heute noch die Erforschung der Polargebiete und stellen eine Herausforderung an Menschen und Geräte dar.
Bremerhaven, den 24. März 2005