17. September 2012
Pressemitteilung

50 Jahre Helgoland Reede Langzeitdatenreihe - Meeresdaten für Klimamodellierer, Biologen und Betonforscher

Helgoland/Bremerhaven, den 17. September 2012. „Die Daten der Helgoland Reede sind von großer Bedeutung für nachkommende Generationen.“ Mit diesen Worten nahm der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, Dr. Helge Braun, heute die Jubiläumsprobe zum 50-jährigen Bestehen der Helgoland Reede Langzeitdatenreihe. Braun würdigte das Engagement der Biologischen Anstalt Helgoland, die zum Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft gehört. Mit ihren täglichen Messungen von Temperatur, Salz- und Nährstoffgehalt und der Analyse der vorkommenden Tiere und Pflanzen gilt Helgoland Reede als eine der wertvollsten und detailliertesten Meeres-Datenserien der Welt.

 

Die kontinuierlichen Messungen auf der Helgoland Reede begannen im gleichen Jahr 1962, in dem eine verheerende Sturmflut an der Nordseeküste viele Menschenleben forderte. So bewegt die Zeiten danach auch noch gewesen sein mögen, auf der Reede wurde konsequent weiter gemessen. Sturm ist neben Eisgang auch heute noch ein Grund, dass die Probenahme mit dem Forschungskutter Aade ausfallen muss. Aber sonst geht es jeden Werktag raus auf die Nordsee, um einen möglichst lückenlosen Datensatz zu erheben. Weit mehr als drei Millionen Datenpunkte enthält die Reihe mittlerweile. „Die langfristige Erfassung erlaubt es uns, zwischen natürlichen zyklischen Schwankungen und vom Menschen gemachten Trends zu unterscheiden und globale und regionale Vorhersagen für die nahe und ferne Zukunft zu entwickeln “, so die Leiterin der Biologischen Anstalt Helgoland, Prof. Dr. Karen Wiltshire.

 

So können die Forscher einen mittleren Temperaturanstieg von etwa 1,7 Grad Celsius in der Deutschen Bucht belegen. Das ist mehr als in Schelfmeeren anderswo in Europa. Den parallel gestiegenen Salzgehalt und eine geringere Trübung führen sie auf veränderte Strömungsbedingungen und einen stärkeren atlantischen Einfluss zurück. Die stärksten Veränderungen sind seit Ende der 1980er Jahre aufgetreten. Das gesamte Nahrungsnetz sieht heute anders aus als noch vor 30 Jahren: Das saisonale Auftreten von Kleinstalgen hat sich verschoben, so dass kleine und größere Tiere andere Nahrung zu anderen Zeiten vorfinden. Dies beeinflusst die Zusammensetzung des Zooplanktons, das seinerseits die Nahrungsgrundlage für viele Fische bildet.

 

„Um die vielfältigen und komplexen Zusammenhänge und Wechselwirkungen im Meer besser zu verstehen, brauchen wir langfristige Forschungsansätze“, sagt Prof. Dr. Karin Lochte, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts. „Als Zentrum der Helmholtz-Gemeinschaft haben wir die Möglichkeit, solche gesellschaftlich relevanten Grundlagendaten über lange Zeiträume zu erheben. Sie erlauben uns, fundiert die Folgen menschlichen Handelns abzuschätzen und potentielle negative Auswirkungen zu vermeiden.“ In der „World Data Bank“ PANGAEA des Alfred-Wegener-Instituts werden die Daten für nachkommende Generationen archiviert und bereitgestellt.

 

Bis zu zehn Datenanfragen gehen pro Woche auf Helgoland ein. Das Interesse reicht von Klimamodellierern, die Ihre Modelle eichen möchten, über Biologen, die sich für Meeresnahrungsnetze interessieren, bis hin zu Betonchemikern, die wissen wollen, was für Salzgehalte langfristig Meeresbetonkomponenten überstehen müssen. Im Anschluss an die Jubiläumsveranstaltung findet auf Helgoland bis zum 20. September 2012 ein wissenschaftliches Symposium statt. Hier tauschen sich Langzeitdatenforscher des Alfred-Wegener-Instituts mit Kollegen aus Deutschland, Russland, den USA und sieben europäischen Ländern aus.

 

Hinweise für Redaktionen: Ihre Ansprechpartnerin ist Prof. Dr. Karen Wilthsire (Tel.: 04725 819-3238; E-Mail: Karen.Wiltshire@awi.de). Ihre Ansprechpartnerin in der Abteilung Kommunikation und Medien des Alfred-Wegener-Instituts ist Dr. Folke Mehrtens (Tel. 0471 4831-2007; E-Mail: Folke.Mehrtens@awi.de).

Weitere Informationen und Bilder finden Sie auf unserer Webseite unter "Im Fokus".

 

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der 18 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.