Bioniker des Alfred-Wegener-Instituts stellen auf der Hannover Messe vom 25. bis 29. April 2016 ihre neusten Entwicklungen vor. Im Fokus steht dabei das ELiSE-Leichtbauverfahren, das Strukturen aus der Natur nutzt, um einen Entwicklungsvorsprung gegenüber solchen Verfahren zu haben, die bei Null anfangen. Aktuell fragt die Industrie vor allem die Versteifung komplexer flächiger Bauteile nach. Die Bioniker haben eine Holopyramide entwickelt und gebaut, um Messebesuchern die unterschiedlichen Verfahren zu demonstrieren.
Perfekt an ihre Umwelt angepasste Lebewesen sind erfolgreich, solche mit schlechter Anpassung setzen sich im Laufe der Evolution nicht durch. Dieses Prinzip machen sich Bioniker zu eigen: Sie studieren die Baupläne von Tieren und Pflanzen, um Leichtbau-Prinzipien abzuleiten und Strukturen zu optimieren. Am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) haben sich Biologen und Ingenieure des Bereichs Bionischer Leichtbau vor allem auf einzellige Meeresalgen wie Diatomeen spezialisiert. Diese Phytoplankton-Organismen faszinieren die Forscher durch extrem leichte und stabile Silikatschalen, die auf einer Vielzahl komplexer geometrischer Strukturen beruhen.
„Derzeit arbeiten wir an einer Methode, um automatisiert Flächen mit einer belastungsorientierten Wabengeometrie zu versteifen“, berichtet Dr. Christian Hamm, Leiter des Bereichs Bionischer Leichtbau am Alfred-Wegener-Institut vom aktuellen Schwerpunkt. Solche besonders belastbaren, steifen und gleichzeitig leichten Flächen sind momentan in der Automobil- und Flugzeugindustrie besonders gefragt. Aber auch mit Partnern aus dem Gesundheitswesen, Schiffsbauern und Herstellern von Windenergieanlagen haben die AWI-Forscher schon erfolgreich zusammengearbeitet.
Dabei steht bei den AWI-Bionikern ihr patentiertes Entwicklungsverfahren im Vordergrund: ELiSE – Evolutionary Light Structure Engineering. Es folgt mehreren Schritten, um ein Produkt optimal zu entwickeln: Zunächst werden Strukturen aus der 90.000 Organismen umfassenden Hustedt-Diatomeen-Sammlung sowie der internen Datenbank überprüft, um einen biologischen Bauplan mit großer Ähnlichkeit zu finden. Die hinter der Funktion steckenden Wirkprinzipien werden zu bionischen Konzepten abstrahiert, mit Computermodellen analysiert und in mehreren Läufen optimiert.
Die Fertigung so entworfener Bauteile kann dann mit verschiedenen Materialien, wie Metall oder Kunststoffen und unterschiedlichen Verfahren wie 3D-Druck, Spritzguss oder Blechbau erfolgen. So nutzen die AWI-Bioniker beispielsweise die additive Fertigung (additive Manufacturing), um mit einem 3D-Drucker Bauteile herzustellen. Damit die Messebesucher einen möglichst anschaulichen Eindruck von den vielfältigen Möglichkeiten des bionischen Leichtbaus bekommen, haben sich die AWI-Bioniker etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Sie haben eine Holopyramide konstruiert, die die verschiedenen Verfahrensschritte und bionischen Versteifungsstrukturen als dreidimensionale Hologramme visualisiert. Außerdem haben sie selbstgedruckte Bauteile sowie auch das Messe-Ausstellungsstück des letzten Jahres (das im 3D-Druck-Verfahren entwickelte Faltrad Bionic Bike) im Gepäck, damit die Messebesucher auch etwas in die Hand nehmen können.
Insgesamt freuen sich sieben Mitglieder der Arbeitsgruppe Bionischer Leichtbau vom Alfred-Wegener-Institut vom 25. bis 29. April in Halle 2 an Stand A01 Besuchern der Hannover Messe zu ihrer Forschung und Arbeit Rede und Antwort zu stehen.
Video: Bioniker bauen ein Modell
Für die Hannover Messe 2016 fertigt das Alfred-Wegener-Institut ein Modell an, das drei verschiedene Fertigungsverfahren des Bionischen Leichtbaus vorstellt: 3D-Druck-Verfahren, Spritzguss sowie die Blechbau-Weise. Die Eigenschaften dieser Wabenstruktur sind angelehnt an Strukturen der Kieselalgen und wurden durch Software automatisch generiert.