Am späten Vormittag war es heute soweit: Die Forschungsschiffe Maria S. Merian und Sonne sind von Bremerhaven aus Richtung Arktis aufgebrochen. Neben den Schiffscrews sind knapp 100 Menschen an Bord gegangen: wissenschaftliche Fahrtteilnehmende und die Polarstern-Besatzung. Sie werden voraussichtlich am kommenden Wochenende bei Spitzbergen auf die Polarstern treffen, um ihre Vorgänger abzulösen. Außerdem wird wissenschaftliches Material ausgetauscht und Proviant übergeben.
Das aktuelle Team ist seit Anfang März auf der Polarstern und der benachbarten Eisscholle im Einsatz, um die Arktis zu erforschen. Der ursprünglich für April per Flugzeug geplante Austausch musste wegen der Pandemie-bedingten Schließungen von Flughäfen abgesagt werden. „Es ist fantastisch, dass wir die Expedition weiterführen können. Unsere Logistikabteilung hat nie aufgegeben und an so vielen Optionen gearbeitet, um den nächsten Austausch zu ermöglichen“, sagt Prof. Markus Rex, Leiter von MOSAiC und Atmosphärenforscher am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI).
Gut zwei Wochen hatten sein Team und er in zwei Bremerhavener Hotels in strenger Quarantäne verbracht. Die drei währenddessen durchgeführten Tests auf das Corona-Virus waren negativ. Aus der Quarantäne fuhren die Fahrtteilnehmenden am Montagmorgen in Bussen direkt zur Gangway und gingen an Bord. Verabschiedet wurden sie unter anderem von AWI-Direktorin Prof. Antje Boetius, Logistik-Leiter Dr. Uwe Nixdorf, Dr. Eberhard Kohlberg, der die Quarantänemaßnahmen koordiniert hat, und Dr. Marcel Nicolaus, AWI-Meereisphysiker und Mitglied des MOSAiC Project Boards. Alle vier standen Journalisten Rede und Antwort, die über den Austausch berichteten. Verständigen konnten sich Fahrtteilnehmende und Verabschiedende jedoch nur laut schreiend oder per Mobiltelefon: Der direkte Kontakt zu den Abreisenden war verboten.
In ein paar Tagen werden die Maria S. Merian und die Sonne vor der Küste von Spitzbergen auf die Polarstern treffen. Das derzeitige Team auf dem Forschungseisbrecher hat in den vergangenen Tagen viele der auf dem Eis stehenden Forschungsstationen abgebaut und an Bord geschafft. Viele autonom messende Sensoren sind jedoch auch auf der Scholle verblieben, so dass die Geräte, die keiner Wartung bedürfen, Ozean, Eis und Atmosphäre auch in der etwa dreiwöchigen Abwesenheit der Forschenden weiter vermessen können. Anfang Juni soll die Polarstern mit dem insgesamt vierten MOSAiC-Team die Scholle wieder erreichen.
Ungefähr zur selben Zeit wird das Team des dritten Fahrtabschnitts mit Merian und Sonne in Bremerhaven ankommen. Dass die beiden Schiffe so unbürokratisch für die Versorgung der MOSAiC-Expedition eingesetzt werden konnten, ist dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Leitstelle Deutsche Forschungsschiffe an der Universität Hamburg zu verdanken. Wegen der Corona-Pandemie hatten die Schiffe ihre eigentlich langfristig geplanten Expeditionen nicht durchführen können. Das großartige Engagement aller Beteiligten hat jetzt den kurzfristigen Einsatz ermöglicht und zeigt den großen Zusammenhalt der Wissenschaftsgemeinschaft. Neben der Organisation der Schiffe selber hatte das AWI-Logistik Team auch damit zu tun, Expeditionsteilnehmende aus über einem Dutzend Ländern die Reise nach Bremerhaven zu ermöglichen.