Küstenforschung: Im Brennpunkt des Geschehens

Prof. Dr. Karen Wiltshire

Küstenforschung

Küstenökologie

Ökologie des Schelfmeersystems

Prof. Dr. Karen Wiltshire war die stellvertretende Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) sowie Direktorin der AWI-Standorte Helgoland und Sylt. Im Juli 2024 wurde sie beurlaubt, um am Trinity College Dublin ein Klimainstitut zu gründen. 

Als Küsten- und Klimaforscherin arbeitete sie im Brennpunkt des Geschehens. Die Küstengewässer und Gezeitenzonen sind die Wiege des Lebens im Meer: Hier finden nicht nur Mikroalgen und Seegräser ausreichend Nährstoffe, um Unterwasserwiesen und -wälder zu bilden. Unweit der Niedrigwasserlinie schlüpft auch der Nachwuchs von Hering, Auster und Co. heran, so dass die Küstengewässer um ein Vielfaches artenreicher sind als die Lebensräume auf dem offenen Meer. Gleichzeitig nutzt der Mensch keine andere Meeresregion so intensiv wie die Küstengewässer. Küstenschutzanlagen, Häfen, Städte und vermehrter Tourismus schützen, beeinflussen und interagieren mit Wattflächen, Seegraswiesen, Salzmarschen, Mangroven und Dünen. Die Folgen des Klimawandels sind in den Küstengewässern ebenfalls besonders stark zu spüren – etwa in Form stetiger Erwärmung der Schelfmeere, Hitzewellen oder aber auch sauerstoffarmer Zonen.

Karen Wiltshire erforschte in der Nordsee, im Wattenmeer und in den arktischen Schelfmeeren, wie der Klimawandel und die zunehmende menschliche Nutzung die Struktur und Funktionen der verschiedenen Küstenökosysteme beeinflussen und in welchem Maße sich deren Lebewesen an die Veränderungen anpassen können. Deshalb sei es eine der größten Herausforderung unserer Zeit, neue, nachhaltige Formen der Meeresnutzung zu finden.

Dafür sind nach Meinung der Expertin drei wichtige Bausteine erforderlich: 1) ein koordiniertes Management aller menschlichen Aktivitäten in den Küstenmeeren; 2) die Entwicklung neuer mariner „Ökostrukturen“ und Ökologie-fördernde und nachhaltige Infrastrukturen sowie 3) der Aufbau neuer wissenschaftlicher Beobachtungssysteme, mit denen der Zustand der Küstenökosysteme überwacht und die Auswirkungen menschlicher Eingriffe bewertet werden können. Entsprechende Pläne und Konzepte aber müssen zunächst einmal in vielen sektorenübergreifenden Gesprächen mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft entwickelt und abgestimmt werden. Karen Wiltshire engagiert sich seit vielen Jahren in den entsprechenden Gremien und gehört zu den treibenden Kräften für eine Zeitenwende in der europäischen Meeres- und Küstennutzung. Sie hat die Strategiegruppe „Meeresschutzgebiete-Multi-Use“ in KDM gegründet.