Marine Aquakultur: Ökosystem-freundliche Nutzung mariner Ressourcen

Prof. Dr. Bela H. Buck, Leiter der Forschungsgruppe Marine Aquakultur am Alfred-Wegener-Institut und Professor an der Hochschule Bremerhaven.

Aquakultur

Marine Ressourcen

Nachhaltige Nahrungsmittelproduktion

Open Ocean

Aquakultur ist der weithin kontrollierte Prozess für die Produktion aquatischer Organismen, die dem menschlichen Verzehr oder anderen Nutzungen, wie zum Beispiel in der Medizin oder in der Biotechnologie, dienen. Die Aquakultur ist inzwischen der am schnellst wachsende Nahrungsmittelproduktionszweig der Welt; der Großteil der Meeresfrüchte, die man heutzutage im Fischgeschäft kaufen kann, stammen laut FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) aus der Aquakultur. Fast zweidrittel der globalen Produktion entstammt inzwischen aus den Kulturen, der Anteil an Fischereierzeugnissen dagegen stagniert beziehungsweise reduziert sich. Ein Vorteil der marinen Aquakultur ist ihre Vielseitigkeit, da sie überall auf der Weltbetrieben werden kann: landgestützt in Teichen oder Kreislaufanlagen, wie auch in küstennahen Meeresgewässern oder sogar weit draußen im Ozean.

Gerade der Transfer der Aquakultur von Land oder fragilen Küstengewässern in den offenen Ozean spielt bei der Suche nach Flächen für die nachhaltige Produktion von extraktiven oder nieder-trophen Organismen – Organismen wie Algen oder Muscheln, die nicht gefüttert werden –  eine zunehmend große Rolle zur Lebensmittelsicherheit. Weltweit werden kommerziell wie auch in Forschungsprojekten die Kultur von solchen Organismen im offenen Ozean durchgeführt. Doch die nachhaltige Produktion in solchen exponierten Gewässern erfordert eine stabile Technologie, die den hohen Wellen und starken Strömungen widerstehen kann und gleichzeitig eine leichte Handhabung bei der Wartung und Ernte erlauben. Unsere Arbeitsgruppe Marine Aquakultur am AWI setzt genau hier an und entwickelt mit internationalen Partnern für die Zucht von unterschiedlichen Organismen ein robustes System-Design, dass teilweise ferngesteuert, in der Wassersäule abgetaucht den harschen Bedingungen widerstehen kann. Solche innovativen Entwicklungen sind nicht nur rein technischer Natur, sondern beziehen biologische Fragestellungen, rechtliche Rahmenbedingungen, sozio-ökonomische Studien wie auch rein wirtschaftliche Machbarkeitsstudien mit ein.

Eine unserer besonderen Expertise am AWI ist die Kombination von verschiedenen Nutzungsformen, auch Multi-Use genannt. Das sind zum Beispiel die Kultivierung von Miesmuscheln, Austern und Makroalgen in den gleichen Gebieten, in denen auch Offshore-Windparks betrieben werden. In der Entwicklung solcher Multi-Use-Konzepte leistet das AWI Pionierarbeit und hat hier bereits über zwanzig Jahre Erfahrung vorzuweisen.