Wettermodelle berücksichtigen vor allem die physikalischen Vorgänge in der Atmosphäre. Die Prozesse im Ozean, etwa große Strömungen oder die Entwicklung des Meereises, werden dabei nicht im Detail berücksichtigt. Doch sie haben einen erheblichen Einfluss auf das Klima. Auch die AWI-Experten nutzen solche Atmosphärenmodelle - beispielsweise das ECHAM[TS1] -Modell, das vom Max-Planck-Institut für Meteorologie entwickelt wurde und im Klimarechenzentrum in Hamburg betrieben wird.
Um die Vorgänge im Meer genauer beschreiben zu können, wurde am AWI in den vergangen Jahren ein spezielles Ozeanmodell entwickelt - FESOM. Es simuliert unter anderem Meeresströmungen und das Meereis. Für ihre Klimarechnungen haben die AWI-Forscher die Modelle ECHAM und FESOM zu einem gemeinsamen Modell gekoppelt, das als "AWI-Klimamodell" bezeichnet wird. Damit werden jetzt Klimarechnungen möglich, die nicht nur die Atmosphäre, sondern auch das Meer im Detail betrachten.
Mit dem AWI-Klimamodell können Simulationen sowohl auf der globalen Skala als auch im Detail für bestimmte Regionen durchgeführt werden. Das liegt nicht zuletzt an den besonderen Eigenschaften von FESOM. Anders als viele andere Ozeanmodelle verwendet FESOM keine Würfel als Gitterboxen. Stattdessen arbeitet es mit der Finite-Elemente-Methode. Vereinfacht ausgedrückt wird dabei auf den Globus ein flexibles Netz aus Dreiecken gelegt. Der Vorteil: Man kann die Dreiecke größer und kleiner ziehen und damit bestimmte Gebiete genauer auflösen - zum Beispiel einzelne Meeresströmungen.
Mit dieser Methode haben die AWI-Forscher zum Beispiel das Klimaphänomen El Niño mit feiner Auflösung über mehrere Jahrhunderte simulieren können. In einem anderen Fall berechneten die Forscher, wie sich künftig die Strömungen unter dem Schelfeis der Antarktis verändern könnten. Als Schelfeis wird jene Masse der antarktischen Gletscher bezeichnet, die sich langsam aufs Meer schiebt. Das Schelfeis schwimmt als gigantische Eisplatte auf dem Wasser, ist aber noch fest mit dem Gletscher verbunden. Mit FESOM konnten die Forscher berechnen, unter welchen Strömungsbedingungen das Schelfeis im Zuge des Klimawandels schneller schmilzt. So wird befürchtet, dass die antarktischen Gletscher schneller ins Meer abrutschen, wenn das Schelfeis schwindet. Dadurch könnte sich der Anstieg des Meeresspiegels beschleunigen.
Neben dem aus ECHAM und FESOM gekoppelten Klimamodell wird am AWI das NAOSIM-Modell betrieben, mit dem vor allem das arktische Meereis simuliert wird. Es ist mit viel Wissen über die Physik des Meereises gefüttert und berücksichtigt unter anderem die Dicke und die Konzentration der Eisschollen. Denn beides hat einen großen Einfluss auf den Wärmeaustausch zwischen Atmosphäre und Ozean. Während mit dem gekoppelten AWI-Klimamodell weltweite Klimasimulationen möglich sind, bildet NAOSIM nur die Prozesse in der Arktis und im Nordatlantik ab. "In der Summe können wir mit unseren Modellen das ganze Spektrum von klein bis groß bedienen", sagt Helge Gößling. "Wir können globale Klimasimulationen durchführen, uns aber auch in bestimmte Meeresgebiete hineinzoomen." So beteiligt sich das AWI mit dem "AWI Klimamodell" unter anderem an weltweiten Simulationen, die letztlich auch dem Weltklimarat als Grundlage für die Klimaszenarios dienen.