Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung beobachteten in der vergangenen Woche die höchste Luftverschmutzung seit Beginn der Messungen in Ny-Ålesund auf Spitzbergen. Die Messgeräte zeigten eine gegenüber normalen Bedingungen extrem erhöhte Aerosolbelastung. Durch eine besondere Großwetterlage Anfang Mai erreichten große Aerosolmengen aus Osteuropa die Atmosphäre über Spitzbergen.
Hohe Konzentration von Aerosolen und Ozon
Die sonst klare Luft über der deutsch-französischen AWIPEV-Forschungsbasis in Ny-Ålesund auf Spitzbergen war deutlich orange-braun gefärbt. Die Werte der deutschen Gruppe bestätigend maßen schwedische Kollegen aus dem Institut für angewandte Umweltwissenschaften (ITM) in Ny-Ålesund bis zu fünfzig Mikrogramm Aerosol pro Kubikmeter Luft – ein Wert, der sonst an belebten Straßen in Stadtgebieten erreicht wird. Parallel verkündete das Norwegische Institut für Luftforschung (NILU) extrem hohe Konzentrationen von Ozon in Bodennähe. Mit über 160 Mikrogramm Ozon pro Kubikmeter wurde der höchste Wert seit Einrichtung der Station im Jahre 1989 ermittelt.
Orange brauner Dunst in der Arktis
Ursache für den diesjährigen Luftverschmutzungs-Rekord ist eine besondere Wetterlage. Dadurch gelangten große Mengen der verschmutzten Luft aus Osteuropa in die sonst sehr saubere Arktis. Eine erhöhte Aerosolkonzentration wurde auch in den vergangenen Jahren jeweils im Frühjahr über der Arktis registriert. Dieses als „Arctic Haze“ bezeichnete Phänomen war allerdings in diesem Jahr so stark wie noch nie ausgeprägt.
Aerosole sind kleine Partikel in der Atmosphäre. Sie können flüssig oder fest sein und dienen als Kondensationskeime für die Wolkenbildung. Weiterhin können sie das Sonnenlicht streuen oder absorbieren. Diese Eigenschaften machen Sie zu wichtigen Einflussfaktoren für das Klimasystem. „Die aktuelle Luftverschmutzung liegt um das Zweieinhalbfache über den Werten vom Frühjahr 2000. Als Folge erwarten wir eine deutlich höhere Erwärmung“, erläutert Dr. Andreas Herber vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven.
Seit 1991 messen Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts regelmäßig die Aerosolmenge in der Atmosphäre über Spitzbergen. In den letzten Jahren durchgeführte Messungen mit den Flugzeugen des Alfred-Wegener-Instituts dienen der weiteren Erforschung der Klimawirkung von Aerosolen. „Ob wir hier den Beginn eines Trends sehen, können wir erst durch die Fortsetzung der begonnenen Messungen erkennen“, meint Andreas Herber. Nun untersuchen die Wissenschaftler genauer den Ursprung und die chemische Zusammensetzung der Aerosole.
Die AWIPEV-Forschungsbasis in Ny-Ålesund wird gemeinsam vom deutschen Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) und dem französischen Institut Polaire Paul Emile Victor (IPEV) betrieben. Es besteht aus der deutschen Koldewey- und der französischen Rabot-Forschungsstation.
Bremerhaven, den 11. Mai 2006
Ansprechpartner: Dr. Andreas Herber (E-Mail: aherber@awi-bremerhaven.de)