25. März 2008
Pressemitteilung

Die Reaktion von Meeresalgen auf den Klimawandel: Nachwuchswissenschaftler am Alfred-Wegener-Institut erhält EU-Förderung in Höhe von 1,4 Millionen Euro

Bremerhaven, den 25. März 2008. Mit 1,4 Millionen Euro fördert der Europäische Forschungsrat (European Research Council ERC) ein neues Projekt am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft, um die Folgen des Klimawandels auf das Phytoplankton im Meer zu untersuchen. Das Projekt PhytoChange von Dr. Björn Rost, der sich mit seinem Antrag europaweit gegen mehr als 9000 Konkurrenten durchsetzen konnte und zu den 3 Prozent erfolgreichen Antragstellern gehört, wird von der Europäischen Union über 5 Jahre gefördert. Mit dem Independent Investigator Grant sollen junge Spitzenforscher unterstützt werden, die eine Arbeitsgruppe aufbauen oder erweitern wollen.
 
Im Oberflächenwasser der Ozeane sorgen Mikroalgen, das so genannte Phytoplankton, für die Nahrungsgrundlage der marinen Artengemeinschaft. Als Energiequelle für ihr Wachstum nutzen sie das Sonnenlicht, um Kohlendioxid (CO2) zu organischen Verbindungen wie Zucker umzuwandeln. Über diesen Prozess der Photosynthese bindet das Phytoplankton große Mengen an CO2 und beeinflusst maßgeblich das Klima auf unserem Planeten. Der vom Menschen verursachte Klimawandel hat große Veränderungen für die Ökosysteme der Meere zur Folge. Der Anstieg im atmosphärischen CO2-Gehalt erhöht die CO2-Konzentrationen im Meerwasser und verringert damit seinen pH-Wert - die Meere werden saurer („Ozeanversauerung“). Die zunehmende Erwärmung des Oberflächenwassers beeinflusst die Durchmischungstiefe, das Lichtklima und den Nährstoffeintrag aus tieferen Wasserschichten. Die Veränderungen dieser physiko-chemischen Bedingungen beeinflussen das Phytoplankton hinsichtlich ihrer Produktivität und Artenzusammensetzung. Dies wiederum wirkt sich auf die biogeochemischen Kreisläufe aus, die mit dem Klimasystem gekoppelt sind. „Vorhersagen, wie das Phytoplankton sowohl auf zellulärer Ebene als auch im Ökosystem auf die zukünftigen Veränderungen reagiert, sind eine der zentralen Aufgaben in der Klimaforschung. Hierzu müssen wir die Reaktionen der Arten in Experimenten nicht nur beschreiben, wir müssen verstehen warum Photosynthese, Kalkbildung, Stickstofffixierung und andere wichtige zelluläre Prozesse von Meeresalgen sich unter dem Einfluss des Klimawandels verändern“, erläutert Rost den Stellenwert seines Forschungsprojekts.

Die neue Arbeitsgruppe PhytoChange wird den Einfluss von Umweltveränderungen auf ausgewählte Phytoplanktongruppen wie Kieselalgen und Kalkalgen untersuchen. „Bisher wurde in Experimenten in der Regel nur der Einfluss einzelner Umweltfaktoren untersucht und selten die kombinatorischen Effekte“, erklärt Rost. „In unseren Labor- und Felduntersuchungen werden wir deshalb mehrere Einflüsse gleichzeitig untersuchen. Mit den Methoden, die wir in den letzten Jahren entwickelt haben, sollen dann neben der Beschreibung auch Erklärungen für die artspezifischen Reaktionen auf die veränderten Umwelteinflüsse geliefert werden.“ Die so genannte Membraneinlass-Massenspektrometrie (MIMS) wird hierbei eine zentrale Rolle spielen, da sie es ermöglicht, Gasaustauschprozesse in Echtzeit zu beobachten und mehrere Prozesse simultan zu untersuchen. Neben natürlichen Gasen werden auch stabile Isotope eingesetzt, um verschiedene Stoffwechselprozesse detailliert beschreiben zu können. So können etwa der photosynthetische Kohlenstofferwerb quantifiziert oder die Aktivitäten wichtiger Enzyme bestimmt werden. Die gewonnenen Daten werden auch zur Entwicklung und Verbesserung von Ökosystem- und biogeochemischen Modellen sowie Zellmodellen genutzt. Die Arbeitsgruppe PhytoChange kooperiert mit Forschungseinrichtungen der Universität von British Columbia (Kanada), der Technischen Universität Sydney (Australien), der Biologischen Station Roscoff (Frankreich), der Bar Ilan Universität (Israel), der Universität Kopenhagen (Dänemark) und der Universität von Edinburgh (Großbritannien).

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