27. März 2006
Pressemitteilung

Carl Weyprecht (1838-1881) und das Internationale Polarjahr

Die Suche nach der Nordostpassage mündete im Internationalen Polarjahr
Am 29. März jährt sich zum 125. Mal der Todestag Carl Weyprechts. Der Marineoffizier mit wissenschaftlicher Ausbildung leitete im Jahre 1872 die Nordpolexpedition, deren Ziel die Erforschung der Nordostpassage war. Nach dem Verlust seines Schiffes und dem Scheitern der Expedition plädierte er vehement für feste Forschungsstationen in den Polargebieten. „Die arktische Forschung ist für die Kenntnis von den Naturgesetzen von höchster Bedeutung“, schrieb er in seinem Aufsatz zu den „Grundprinzipien der arktischen Forschung“. Seine Thesen führten zur Ausrichtung des ersten Internationalen Polarjahres 1882/1883, dem 1932-1933 und 1957-1958 zwei weitere wissenschaftliche Großveranstaltungen an den Polen folgten. Zur Zeit laufen die Vorbereitungen für das im März 2007 beginnende vierte Internationale Polarjahr.

Ganz aktuell: Eismassenbilanzen
Der am 8. September 1838 in Darmstadt geborene Carl Weyprecht war Marineoffizier, Arktisforscher und Geophysiker in österreichisch-ungarischen Diensten. Vor der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften stellte Weyprecht in Wien im Dezember 1871 eine Bilanzbetrachtung zur Eisbedeckung des arktischen Beckens an. Die Betrachtung der Quellen und Senken als Ursache der saisonalen Schwankungen bilden den eigentlichen Gegenstand seiner Ausführungen. Da er die Eisbildungsrate während der sechs Monate des Sommerhalbjahres als vernachlässigbar annahm, den Abfluss der Eismassen als kontinuierlich voraussetzte, kam er zu der Folgerung, dass im Herbst ein schiffbares zentralarktisches Becken existieren müsste. Aufgrund dieser These forderte Weyprecht Schiffsexpeditionen zur Aufsuchung der Zentralarktis und zur Verfolgung der sibirischen Küste.

Auf Suche nach der Nordostpassage
Im Jahr 1871 erfolgte zusammen mit Julius Payer eine erste Expedition in die Barentssee. Die Österreich-Ungarische Nordpolexpedition zur Erforschung der Nordostpassage startete 1872 in Bremerhaven unter der Leitung von Carl Weyprecht und Julius Payer mit der eisgängigen „Admiral Tegetthoff“. Im Laufe dieser Expedition wurde zwar der Franz-Josef-Inseln entdeckt, aber nicht eines der geographischen Ziele erreicht. Nach zwei Überwinterungen musste das Schiff aufgegeben werden. Über das Eis gelang unter Weyprechts Führung die glückliche Rückkehr mit Schlitten und Booten. Wegen des nach Norden driftenden Treibeises dauerte es 90 Tage bis sie die Eisgrenze erreichten. Von dort an konnten die vier mitgeführten Boote genutzt werden.

Grundprinzipien der arktischen Forschung
Ab 1875 setzt er sich unnachgiebig dafür ein, zirkumpolare Forschungsstationen einzurichten. Diese sollten die klassischen Polarexpeditionen ablösen. In seiner Schrift „Die Grundprinzipien der Arktischen Forschung“ macht er sich stark für ein systematisches Erforschen der Polargebiete in internationaler Zusammenarbeit. In seinen Thesen vertrat er die starke Bedeutung der Polargebiete für die naturwissenschaftliche Forschung und wies auf die Notwendigkeit koordinierter Beobachtungsreihen hin.

Der Weg zum Internationalen Polarjahr
Die Bemühungen Weyprechts fanden erste große Resonanz auf der zweiten internationalen Meteorologen-Konferenz in Rom 1879. Als Folge wurde am 5. Oktober 1879 die Internationale Polarkommission in der Deutschen Seewarte in Hamburg gegründet. Georg von Neumayer, zu der Zeit Direktor der Deutschen Seewarte, wurde Vorsitzender der Kommission. In nur drei Jahren bereitete er den Weg für das erste internationale Polarjahr. Neumayer vertrat erfolgreich die Idee, die Antarktis in das Programm einzubeziehen. Im Jahr nach dem Tod Weyprechts am 29. März 1881 in Michelstadt fand das erste Internationale Polarjahr mit Beteiligung von zwölf Nationen statt. Das bis dahin größte wissenschaftliche Projekt umfasste 15 aufeinander abgestimmte Expeditionen in Arktis und Antarktis.

Im zweiten Polarjahr 50 Jahre später stieg die Anzahl teilnehmender Nationen von 12 auf 67. Im Internationalen Geophysikalischen Jahr 1957 – 1958, der dritten wissenschaftlichen Großveranstaltung in den Polargebieten, waren rund 80.000 Wissenschaftler aus vielen Ländern der Welt vertreten. Ein Resultat war der 1959 abgeschlossene Antarktisvertrag, dem seit 1979 auch die Bundesrepublik Deutschland angehört.

Die deutsche Gesellschaft für Polarforschung verleiht seit 1967 an verdiente Forscher die Carl-Weyprecht-Medaille.

Vom 29. März bis 6. August zeigt das Odenwaldmuseum Michelstadt anlässlich des 125. Todestages von Carl Weyprecht eine von der deutschen Gesellschaft für Polarforschung und der Volkshochschule Odenwald ausgerichtete Sonderausstellung unter dem Motto "Polarforschung gestern - heute - morgen". Am 29. März findet ebenfalls in Michelstadt eine Gedenkveranstaltung mit Vorträgen statt.

Bremerhaven, den 27. März 2006


Ansprechpartner: Dr. Reinhard A. Krause (Tel.: 471 4831-1924, E-Mail: rkrause@awi-bremerhaven.de)