Welche Mengen an Treibhausgasen, allen voran Kohlendioxid (CO2), gehen Jahr für Jahr in die Atmosphäre und wieviel davon können Land und Ozean aufnehmen und damit der Atmosphäre entziehen? Das Global Carbon Project (GCP), ein weltweiter Zusammenschluss von Klimaforschenden zieht seit 2006 jedes Jahr Bilanz. Auch im Jahr 2019, so zeigt der neueste Bericht des GCP, steigen die globalen Kohlenstoffemissionen weiter an, allerdings langsamer als in den Vorjahren. Zwar wurde global gesehen weniger Kohle verbrannt, aber der wachsende Verbrauch von Erdgas und eine Zunahme der Emissionen aus der Landnutzung gegenüber dem Vorjahr haben den Rückgang mehr als wieder aufgehoben.
Die CO2 Emissionen müssen drastisch sinken
Die Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphäre steigt weiter an und wird im Jahresmittel voraussichtlich einen Wert von 410 ppm (parts per million) erreichen. Das entspricht einer Zunahme von 47 Prozent gegenüber dem vorindustriellen Wert.
Die Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger werden mit wahrscheinlich fast 37 Milliarden Tonnen CO2 (GtCO2) mehr als vier Prozent höher ausfallen als 2015, dem Jahr des Paris-Abkommens. „Die CO2-Emissionen müssen global drastisch sinken, um das im Pariser Klimaabkommen vereinbarte 1.5°C-Ziel nicht zu überschreiten“, appelliert AWI Biogeowissenschaftlerin, Judith Hauck.
Das Tempo, mit denen Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger ansteigen, hat sich indes verringert und liegt mit 0,6 Prozent (-0.2 bis +1.5 Prozent Unsicherheitsspanne) 2019 deutlich unter 2017 (1,5 Prozent) und 2018 (2,1 Prozent). Gemittelt über das letzte Jahrzehnt stammte knapp die Hälfte der fossilen CO2-Emissionen aus dem Energiesektor sowie jeweils knapp ein Viertel aus Industrie und Verkehr.
Gas ist nur kurzfristiger Ersatz
In Europa sorgte vor allem ein höherer CO2-Preis dafür, dass die Emissionen zurückgingen, vor allem, weil weniger Strom aus Kohle erzeugt wurde. Trotz des Rückgangs bleibt Kohle jedoch mit 42 Prozent der fossilen Emissionen im letzten Jahrzehnt noch immer die Hauptquelle anthropogenen CO2-Ausstoßes. Auch wenn bei der Verbrennung von Gas etwa 40 Prozent weniger CO2 pro Energieeinheit emittiert wird als bei Kohle, kann Gas bestenfalls ein kurzfristiger Ersatz in der Energieproduktion sein, merken die Forscherinnen und Forscher des Global Carbon Projects an, weil er schlechterdings nicht zum Ziel führe, die Gesamtemissionen auf netto null zu fahren.
Emissionen aus Landnutzungsänderungen sind mit größeren Unsicherheiten behaftet und beliefen sich im letzten Jahrzehnt im Schnitt auf etwa 5,5 GtCO2 pro Jahr. Vorläufige Abschätzungen der Emissionen aus Landnutzungsänderung für 2019 ergeben einen Anstieg von etwa 0,8 GtCO2 gegenüber dem Vorjahr. Diese Zunahme dürfte vor allem auf eine Zunahme der Brandrodung im Amazonasgebiet zurückgehen. Daten der brasilianischen Weltraumagentur zeigen, dass die Entwaldung im brasilianischen Teil des Amazonas-Regenwaldes seit 2008 stetig zugenommen hat. Gleichzeitig war auch die Feueraktivität in den Entwaldungsgebieten Indonesiens ungewöhnlich hoch.
Die wichtigste CO2 Senke sind die Ozeane
Für die globale Kohlenstoffbilanz schauen die Forschenden aber nicht nur auf die Emissionen, sondern auch auf die Aufnahme von Kohlenstoff durch die Vegetation und die Ozeane, die CO2 Senken. Nur etwa 45 Prozent der CO2-Emissionen verbleiben jährlich in der Atmosphäre. „Die Weltmeere haben 2018 23% der vom Menschen freigesetzten Kohlendioxidemissionen aufgenommen und erweisen der Menschheit damit einen großen Dienst. Denn ohne diese Aufnahme würde die Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre noch schneller steigen als bisher und damit auch der Klimawandel schneller voranschreiten,“ beschreibt Judith Hauck die Rolle der Ozeane in der globalen Kohlenstoffbilanz. Dabei haben die positiven Effekte der Landsenken seit Beginn der Industrialisierung die Landnutzungsemissionen in etwa ausgeglichen. Die wichtigste CO2 Senke stellen auf langer Sicht daher die Ozeane dar.
Judith Hauck warnt aber auch, dass diese „Dienstleistung“ nicht unbeschränkt zur Verfügung stehen wird: „Im Jahr 2018 ist die CO2-Aufnahme der Ozeane weiter angestiegen auf 9,6 +/- 2,2 GtCO2. Noch ist nicht zu erkennen, dass die Aufnahmekapazität der Kohlenstoffsenken stagniert. Aber wir wissen, dass irgendwann eine Sättigung erreicht sein wird, wenn die Pufferkapazität des Ozeans aufgebraucht ist. Auch die Erwärmung der Ozeane führt zu einer geringeren CO2-Aufnahme.“
Die Originalveröffentlichung. Pierre Friedlingstein et al.: Global Carbon Budget 2019