CryoGrid

CryoGrid  ist ein eindimensionales Landoberflächenmodell, das zur Simulation von Bodentemperaturen in Permafrostgebieten entwickelt wurde. Durch Berechnung der Oberflächenenergiebilanz bildet CryoGrid verschiedene Prozesse des Wärme- und Wasseraustausches zwischen Atmosphäre und Bodenoberfläche ab. Dazu gehören unter anderem die Strahlungsbilanz, der Austausch von fühlbarer Wärme und die Verdunstung bzw. Kondensation von Wasser. Für die Berechnung der Bodentemperaturen sind außerdem der Phasenwechsel zwischen gefrorenem und flüssigem Bodenwasser und die thermische Isolierung durch die winterliche Schneedecke von entscheidender Bedeutung.
Durch Weiterentwicklungen von CryGrid  können inzwischen auch Phänomenen wie
Bodenabsackung, das das Entstehen von Thermokarst durch das Abschmelzen von Bodeneis, sowie die Entwicklung von polygonalen Tundrastrukturen abgebildet werden. Ein implementiertes  Seemodul (FLAKE) ermöglicht darüber hinaus  Veränderungen in den Wärme- und Wasserflüssen von Tundralandschaften mit hoher Seebedeckung zu untersuchen.

Simulationsergebnisse

Die Animation zeigt die jahreszeitlichen Schwankungen der Bodentemperatur in verschiedenen Tiefen – unter einem Thermokarstsee und in der nicht See-bedeckten Umgebung. Die Simulation startet im Jahr 1950 und läuft für eine angenommene starke Klimaerwärmung (RCP8.5 Szenario) bis zum Jahr 2100 (in der Animation sind auszugsweise die erste und letzte Jahresdekade, sowie die Dekade von 2017 bis 2027 dargestellt, in welcher der Boden unter dem See erstmalig im Winter nicht mehr durchfriert). Rote Farbtöne verdeutlichen aufgetaute Bodenbereiche, blaue Farbtöne zeigen gefrorene Bereiche im Boden, bzw. die Dicke der Eisschicht im See.
Unter Thermokarstseen erwärmt sich der Untergrund deutlich stärker als in der Umgebung. Als Folge davon erreicht die Taufront deutlich tiefere Bodenschichten. Dies ist insbesondere in einem wärmeren Klima zu erwarten, wenn der See nicht mehr bis zum Boden durchfriert. Durch das Abschmelzen von Bodeneis vertieft sich der See zunehmen  (blaue gestrichelte Linie) sodass sich im Untergrund dauerhaft aufgetaute Bereiche (sogenannte Taliks) bilden.
Die unterschiedlichen Bodentemperaturverläufe sind Ausdruck einer Energiebilanz, die sich aus dem Nettostrahlungsfluss und den sensiblen und latenten Wärmeflüssen ergibt (dargestellt durch farbige Pfeile). Zusätzlich führt lateraler Wärmefluss im Untergrund zu einer teilweisen Angleichung der Temperaturprofile.

CryoGrid/LARIX – Wärme- und Wasseraustauschprozesse in von Lärchen dominierten Permafrost-Ökosystemen

Boreale Wälder in Permafrostgebieten machen rund ein Drittel der globalen Waldfläche aus und sind ein wesentlicher Bestandteil regionaler und globaler Klimamuster. Die Wälder isolieren normalerweise effektiv den darunterliegenden Permafrostboden. Das Kronendach beschattet durch Reflektion und Absorption des größten Teils der nach unten gerichteten Sonnenstrahlung, verändert die Oberflächenalbedo, verringert die Bodenfeuchtigkeit, indem es Niederschläge abfängt und die Evapotranspiration erhöht und fördert die Ansammlung der organischen Oberflächenschicht (Litter), die den Boden weiter von der Atmosphäre isoliert.

Wechselnde klimatische Bedingungen können eine Zunahme der aktiven Schicht begünstigen oder das teilweise Verschwinden des oberflächennahen Permafrosts auslösen. Von weitreichenden Ökosystemverschiebungen wie auch Veränderungen der Zusammensetzung, Dichte oder Verteilung der Vegetation und daraus resultierenden Veränderungen der Strahlungsflüsse unterhalb und innerhalb der Baumkronen wurden bereits berichtet. Diese Veränderungen der Vegetations-Permafrost-Dynamik können einen potenziell großen Einfluss auf zahlreiche Rückkopplungsmechanismen zwischen den beiden Ökosystemkomponenten haben. Die erhöhte Kohlenstofffreisetzung aus dem auftauenden Permafrostboden durch die Zufuhr organischer Bodensubstanz in den Aktivkohlekreislauf wird durch Vegetationsveränderungen modifiziert, welche die Kohlenstoffverluste aufgrund einer erhöhten CO2-Aufnahme kompensieren oder den Gesamtkohlenstoffverlust noch weiter beschleunigen können.

Ziel dieses interdisziplinären Projekts ist es zu verstehen, wie die Wechselwirkungen zwischen Vegetation, Permafrost und Atmosphäre die Wälder und den darunter liegenden Permafrost stabilisieren. Ein eindimensionales Landoberflächenmodell (CryoGrid) wird durch Kopplung eines mehrschichtigen Baumkronen-Modells (CLM-ml v0; Community Land Model) für die Anwendung in bewachsenen Gebieten adaptiert und dient der Simulation des Energietransfers und des thermischen Regimes in einem Untersuchungsgebiet im borealen Mischwald in Ostsibirien.

Stuenzi et al. (2021) stellen fest, dass der thermische Zustand des Permafrosts stark durch die Wälder kontrolliert wird, indem sie die Strahlungsbilanz und die Schneebedeckungsphänologie verändern. In einem weiteren Schritt wird untersucht, wie sich Veränderungen der Waldbedeckung auf die Rückkopplungsprozesse in von Permafrost unterlagerten borealen Wäldern über einen weiten Transekt in Ostsibirien auswirken. Damit werden wichtige Erkenntnisse über die Bandbreite möglicher Veränderungen des Permafrostzustandes, die nach Landschaftsveränderungen wie Entwaldung durch Brände oder Landnutzungsänderungen, Aufforstung in derzeit unbewaldeten Graslandschaften oder klimabedingter Verdichtung von Waldgebieten zu erwarten sind, geliefert.

Es wird festgestellt, dass unterschiedliche Dichte und Zusammensetzung der Baumbestände einen signifikanten Einfluss auf den thermischen und hydrologischen Zustand des Permafrosts haben und daher eine wichtige Rolle für die Weiterentwicklung dieses Ökosystems spielen, die Wälder als Kohlenstoffsenken und Permafroststabilisatoren fungieren, was bei Reduzierung zu unerwünschten Rückkopplungsmechanismen wie Versumpfung, Dürren, Bränden oder weiteren Waldverlust führen kann.


Weitere Informationen können der open-access Veröffentlichung in Biogeosciences entnommen werden:

Stuenzi, S. M., Boike, J., Cable, W., Herzschuh, U., Kruse, S., Pestryakova, L. A., Schneider von Deimling, T., Westermann, S., Zakharov, E. S., and Langer, M.: Variability of the surface energy balance in permafrost-underlain boreal forest, Biogeosciences, 18, 343–365, https://doi.org/10.5194/bg-18-343-2021, 2021