Für seine wissenschaftlichen Beiträge zur Polarforschung sowie sein Engagement in der Zusammenarbeit mit Russland erhält Prof. Jörn Thiede, Direktor des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI), am 12. Mai 2004 die Ehrendoktorwürde der Staatlichen Universität St. Petersburg.
Seit Anfang der 90er Jahre setzt sich Prof. Thiede für die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland in Bildung und Forschung ein. Die wissenschaftlichen Ergebnisse seiner ersten Polarexpeditionen hatten Thiede gezeigt, dass die sibirischen Schelfmeere für die Einschätzung der Entwicklung des weltweiten Klimas und der Folgen möglicher Klimaveränderungen von unschätzbarem Wert sind. In den letzten Jahren hat sich ein umfassendes Netzwerk von deutschen und russischen Wissenschaftlern entwickelt, die gemeinsam die Ursachen und Auswirkungen von globalen Klimaveränderungen in der sibirischen Arktis studieren. Im Oktober 2001 mündete diese Zusammenarbeit in die Einrichtung eines internationalen Masterstudiengangs für angewandte Polar- und Meereswissenschaften an der Staatlichen Universität St. Petersburg (POMOR). Der Unterricht wird von russischen Dozenten der Universität St. Petersburg und russischer Forschungsinstitute wie dem Staatlichen Institut für Arktis- und Antarktisforschung (AARI) und deutschen Kollegen vom Alfred-Wegener-Institut, der Universität Bremen und den anderen Hochschulen im Verbund Norddeutscher Universitäten (Hamburg, Greifswald, Kiel, Oldenburg, Rostock) sowie dem Forschungszentrum IFM-GEOMAR erteilt. Die Übungen finden zum Teil am deutsch-russischen Otto-Schmidt-Labor für Polar- und Meeresforschung (OSL) am AARI statt. Die Kooperation dient allen Partnern zur Heranbildung von Nachwuchswissenschaftlern, auch für laufende und künftige Kooperationsprojekte, und zur Weiterentwicklung und Vertiefung der Lehre.
Thiede wurde 1941 in Berlin geboren. Er studierte Geologie und Paläontologie an den Universitäten Kiel, Buenos Aires, Aarhus und Wien und promovierte 1971 an der Universität Kiel. Nach Forschungsarbeiten in Aarhus, Bergen, Corvallis und Oslo wurde Thiede 1982 auf den Lehrstuhl für Paläontologie und Historische Geologie an der Universität Kiel berufen. Hier startete er mehrere Initiativen zur meeresgeologischen Erforschung der hohen nördlichen Breiten, aufbauend auf Erfahrungen als Leiter der meeresgeologischen Arbeitsgruppe der schwedischen YMER-80 Expedition. Es folgten die ersten Fahrten in den Arktischen Ozean mit dem neuen deutschen Forschungseisbrecher „Polarstern“, die ihre Höhepunkte 1991 in der Expedition zum Nordpol und 1993 in der ersten Sediment-Bohrung im Nordpolarmeer fanden. 1987 wurde das GEOMAR Forschungszentrum für Marine Geowissenschaften in Kiel gegründet, zu dessen erstem Direktor Thiede berufen wurde. 1997 folgte dann die Berufung zum Direktor des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven.
Prof. Thiede wurde für seine wissenschaftlichen Arbeiten durch viele Auszeichnungen, wie beispielsweise den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Jahre 1988, das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland 1995 und die Ernennung zum ausländischen Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften im Jahre 2003, auf nationaler und internationaler Ebene gewürdigt. Thiede ist der amtierende Präsident des internationalen Scientific Committee on Antarctic Research (SCAR).
Bremerhaven, den 12. Mai 2004