Die Kryosphäre der Erde reagiert besonders empfindlich auf Klimaveränderungen. Steigende Temperaturen führen zwangsläufig zu tiefgehenden und weitreichenden Veränderungen an den hohen Breitengraden, wo der Boden ganzjährig gefroren ist. Ungefähr ein Viertel der Nordhemisphäre besteht aus Permafrostböden - ein derart ausgedehntes Gebiet, dass nur satellitengestützte Messungen eine regelmäßige und umfassende Überwachung sicherstellen können. Das Lena-Delta in Russland liegt in so einer Permafrostzone: Es besteht aus einer Vielzahl von Inseln und Flussarmen, die im Winter mit Eis bedeckt sind. Ein Teil dieses Flussdeltas wurde im Oktober 2014 durch die TanDEM-X-Satelliten abgebildet - eine Mission des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Die Farben korrespondieren mit unterschiedlichen Wellen, die die Satelliten senden und empfangen. Zum Beispiel erscheinen die Eisschollen, die die Flussarme bedecken, in Blau, wohingegen der gefrorene Boden einen gräulichen Farbton annimmt. Mitten in diesem gefrorenen Boden sieht man gelbe Flecken im Bild: Diese entsprechen seichten Gewässern.
Gewässer
Solche Gewässer kommen in hohen Breitengraden einschließlich des Lena-Deltas häufig vor. Die gelbe Farbe, in der sie im Radarbild erscheinen, korrespondiert mit einer besonderen Interaktion zwischen der Eisdecke und den Mikrowellen, die vom Satelliten gesendet werden. Im Umkehrschluss können Wissenschaftler durch die Analyse solcher Bilder die physikalischen Eigenschaften der Eisschicht abschätzen. Insbesondere bieten diese Mikrowellendaten „wertvolle Auskunft darüber, ob diese Vielzahl seichter Gewässer in der Arktis komplett bis zum Boden durchfrieren oder nicht, was wiederum die Permafrostbedingungen unter diesen Seen, die Lebensräume der Fische und die hydrologische Konnektivität zwischen den Gewässern im Winter beeinflusst", sagt Guido Grosse vom Alfred-Wegener-Institut (AWI). In Zukunft könnten solche Daten operativ verwendet werden, um langfristige Veränderungen des Thermokarstseeeises festzuhalten und so zum besseren Verständnis der Wirkung des Klimawandels auf Gewässersysteme in der Arktis, auf die denen zugrunde liegenden Permafrostböden und auf das mögliche Freisetzen der Treibhausgase Methan und Kohlendioxid, beizutragen.