Ohne Wasser gäbe es kein Leben auf der Erde. Ein internationales Team von Forschenden hat jetzt in einer umfangreichen Datenanalyse den Wasserkreislauf der vergangenen 2.000 Jahre rekonstruiert. In der jetzt in Nature Geoscience veröffentlichten Studie untersuchen sie den Zusammenhang von Wasserkreislauf und Klimaveränderungen und tragen zu einem besseren Verständnis bei.
Es ist eine Multimilliarden-Dollar-Frage: Was wird mit dem Wasser passieren, wenn die Temperaturen zukünftig weiter steigen? Wenn sich ändert, wo, wann und wieviel Wasser den Menschen zum Trinken und zur Nutzung zur Verfügung steht, wird es Gewinner und Verlierer geben.
Um Antworten zu finden und fundierte Vorhersagen zu treffen, blicken Wissenschaftler:innen in die Vergangenheit. Rekonstruktionen vergangener Klimaveränderungen anhand geologischer Daten haben dazu beigetragen, den weitreichenden Einfluss menschlicher Aktivitäten auf die Temperaturen seit dem Industriezeitalter aufzuzeigen. Aufzeichnungen über das Hydroklima - also das vielfältige Zusammenspiel von Klima und Wasserkreislauf, wie zum Beispiel Niederschlagsmengen oder -intensitäten oder das Verhältnis von Niederschlag und Verdunstung auf lokalen bis globalen räumlichen Skalen - für denselben Zeitraum zusammenzustellen, hat sich jedoch als wesentlich schwieriger erwiesen.
Eine Studie des Iso2k-Projektteams von Past Global Changes (PAGES), einschließlich Dr. Thomas Opel vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, ist es gelungen, die globale Wassergeschichte der vergangenen 2.000 Jahre zu rekonstruieren. Anhand von geologischen und biologischen Belegen, die in natürlichen Umweltarchiven weltweit aufbewahrt werden – darunter 759 Paläoklimaaufzeichnungen von Korallen, Bäumen, Eis, Höhlenformationen und Sedimenten – konnten die Forschenden zeigen, dass sich der globale Wasserkreislauf in Zeiten höherer und niedrigerer Temperaturen in der jüngsten Vergangenheit verändert hat.
„Der globale Wasserkreislauf ist eng mit der globalen Temperatur verbunden“, sagt Bronwen Konecky, Assistenzprofessorin für Erd-, Umwelt- und Planetenwissenschaften an der Washington University in St. Louis (USA) und Hauptautorin der neuen Studie, die in Nature Geoscience veröffentlicht wurde. „Wir haben festgestellt, dass sich in Zeiträumen, in denen sich die Temperatur auf globaler Ebene ändert, auch die Art und Weise ändert, in der sich das Wasser auf der Erde bewegt“, sagt sie.
Insbesondere der Niederschlag unterliegt geografischen Schwankungen, die viel deutlicher sind als die der Lufttemperatur. Daher ist es schwierig zu beurteilen, wie sich die Niederschläge verändert haben. „Wir haben uns für Zeitreihen von Wasserisotopen entschieden, weil sie ganzheitliche Signale widerspiegeln und weil sie in allen möglichen natürlichen Archiven aufgezeichnet sind“, so Konecky. „Dies ist ein erster Schritt zur Rekonstruktion von Dürre- oder Niederschlagsmustern auf globaler Ebene während der vergangenen 2.000 Jahre.“
Ein verschlungener Kreislauf
Der globale Wasserkreislauf ist komplex und verflochten. Wasser verdunstet von der Erdoberfläche, steigt in die Atmosphäre auf, kühlt ab und kondensiert in Wolken zu Regen oder Schnee und fällt als Niederschlag wieder auf die Oberfläche. Jedes Wassermolekül, das Teil des Kreislaufs ist, hat einen bestimmten isotopischen Fingerabdruck oder eine bestimmte Zusammensetzung, die kleine Variationen im Atomgewicht der Sauerstoff- und Wasserstoffatome, aus denen das Molekül besteht, widerspiegelt. Einzelne Wassermoleküle können also schwerer oder leichter sein.
In dieser neuen Studie fanden die Wissenschaftler:innen heraus, dass Niederschlag und andere natürliche Wässer bei höheren globalen Temperaturen isotopisch schwerer werden. Die Forschenden interpretierten diese Isotopenveränderungen und bestimmten ihren zeitlichen Verlauf, indem sie Daten aus einer Vielzahl natürlicher Archivquellen aus den vergangenen 2.000 Jahren Erdgeschichte zusammenfassten.
Das PAGES Iso2k-Projektteam, dem mehr als 40 Forschenden aus zehn Ländern angehören, sammelte, ordnete und digitalisierte teilweise Datensätze aus Hunderten von Studien, um die für ihre Analyse verwendete Datenbank aufzubauen. Am Ende verfügten sie über 759 weltweit verteilte Zeitreihen, die die weltweit größte integrierte Datenbank von Wasserisotopen-Proxydaten darstellen.
Das Zusammensetzen von Signalen aus vielen verschiedenen Arten von natürlichen Archiven kann allerdings wie das Zusammensetzen von Äpfeln und Birnen sein. Das Projektteam wusste jedoch, dass Klimasignale in verschiedenen natürlichen Archiven auf spezifische Weise in Wasserisotopen aufgezeichnet werden. Sorgfältig zusammengesetzt, konnte dieser rote Faden ihnen helfen, einen Baumring mit einem Eiskern zu vergleichen.
„Jedes Archiv ist anders“, sagt Konecky. „Um die Sache noch komplizierter zu machen, werden Datensätze aus verschiedenen Archiven von verschiedenen wissenschaftlichen Gemeinschaften mit ihrer eigenen Terminologie, ihren eigenen Normen und Referenzmaterialien erstellt. Wir haben Datenbeschreibungsfelder, also Metadaten, für die Datenbank entwickelt, die die Besonderheiten jedes Datensatzes in eine gemeinsame Sprache übersetzen, die es ermöglicht, Variationen in einem Archiv mit Variationen in einem anderen zu vergleichen. Dieser Prozess hat Jahre gedauert!“
Das Team traf sich einmal persönlich und danach in virtuellen Konferenzen. Sie organisierten Arbeitssitzungen zu ungewöhnlichen Zeiten, um Zeitzonen von Hawaii bis Japan, von Australien bis Europa und dazwischen zu berücksichtigen. „Wir haben sogar einen Silvesterabend damit verbracht, an der Datenbank und den Analysen zu arbeiten, die zu dieser Arbeit geführt haben“, so Konecky.
„Als ich mich 2015 dazu entschloss, in der neuen PAGES Iso2k-Initiative mitzuarbeiten, habe ich nicht erwartet, dass mich eine acht Jahre lange intensive Zusammenarbeit über die Grenzen von Kontinenten und Disziplinen hinweg erwartet“, sagt Thomas Opel. „Aber es wäre anders nicht möglich gewesen, die Vielzahl von vorhandenen Wasserisotopenstudien zu sichten, auf ihre Eignung für die Projektidee hin zu überprüfen, und die Daten für die spätere integrierte Analyse zu extrahieren und zusammenzustellen.“
Weitere Veränderungen im Wasserkreislauf stehen bevor
Globale Zusammenhänge zwischen der Temperatur und der Isotopenzusammensetzung bestimmter natürlicher Wässer, wie Meerwasser und Gletschereis, sind seit langem bekannt, da sich die Erde in Eiszeitzyklen hinein und wieder heraus bewegt. Lokale Zusammenhänge mit der Temperatur auf Zeitskalen von Minuten bis Monate sind ebenfalls gut belegt.
Diese Studie liefert jedoch den ersten Beweis dafür, dass die Temperatur und die Isotopenzusammensetzung natürlicher Wässer auf Zeitskalen zwischen diesen beiden Größenordnungen – also über Jahrzehnte bis Jahrhunderte – Hand in Hand gehen.
Konecky bezeichnet das als schnelle Anpassung. „Wenn sich der Planet erwärmt und abkühlt, wirkt sich das auf das Verhalten des Wassers aus, wenn es die Ozeane verlässt, und auf die Stärke seiner Bewegungen durch die Atmosphäre“, sagt sie. „Die isotopischen Signale in diesen Wässern reagieren sehr stark auf Temperaturveränderungen.“
Das Team fand heraus, dass die globale mittlere Oberflächentemperatur einen zusammenhängenden Einfluss auf die Isotopenzusammensetzung des weltweiten Niederschlags und so genannten „meteorischen Wässern“ (Wasser in Seen, Flüssen und Eisschmelzen) während der vergangenen 2.000 Jahre ausübte. Die beobachteten Veränderungen wurden durch Verdunstungs- und Kondensationsprozesse in den Weltmeeren verursacht, mit niedrigeren Werten während der so genannten Kleinen Eiszeit (1450 bis 1850 unserer Zeitrechnung) und höheren Werten nach dem Einsetzen der vom Menschen verursachten Klimaerwärmung ab etwa 1850.
Was die konkreten Auswirkungen dieser Veränderungen auf die künftigen Niederschläge und die Wasserverfügbarkeit betrifft, so ist es laut dem Iso2k-Team noch zu früh, um Gewinner und Verlierer vorherzusagen. Die Daten dieser Studie deuten jedoch darauf hin, dass weitere Veränderungen im Wasserkreislauf wahrscheinlich sind, wenn die globalen Temperaturen weiter ansteigen.