Course Reports
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Einweisung ins Schlauchtauchen (7.4.-10.4.2014) an der BAH / AWI
Schlauchtauchen ist nach den Regeln der Berufs- bzw. nach den Richtlinien der Forschungstaucherei die Alternative, wenn Tauchgänge erforderlich werden, bei denen uU die Nullzeit überschritten werden muss. Der Gesetzgeber ist der Ansicht, mit dieser Methode eine besonders hohe Sicherheit erreichen zu können. Die Luftversorgung erfolgt von der Oberfläche aus, wird von zusätzlichem Personal kontrolliert und verlangt zudem das Vorhalten definierter Luftreserven. Die Gefahr, dass während der Dekompressionspausen der Atemgasvorrat zu Ende geht, ist damit minimal. Der Taucher führt zusätzlich so viel Gasreserve mit sich, so dass er selbst im Falle des Schlauchbruches atemgasversorgt auftauchen kann.
In jüngster Zeit werden zunehmend Taucherarbeiten mit wissenschaftlicher Zielstellung an Offshoreanlagen (z.B. Windmühlen auf See) beauftragt. Anfänglich überraschend war der Umstand, dass der Auftraggeber das Schlauchtauchen forderte, obwohl es infolge der aufzusuchenden Tauchtiefen und Tauchzeiten meist keine zwingende Veranlassung dazu gab. Die Forschungstauchergruppen stehen damit vor der Entscheidung, der Forderung des Auftraggebers nachzukommen und Schlauchtauchgeräte einzusetzen (also zu kaufen, zu leihen und vor allem vorher damit zu üben) oder diese Aufträge nicht anzunehmen.
Schlauchtauchgeräte müssen der DIN 58 642 entsprechen. Als Anwender ist man gezwungen, auf Ausrüstungen zurückzugreifen, die diese Norm erfüllen und bereits "in Verkehr" gebracht worden sind - selbst Hersteller werden zu wollen, ist finanziell kaum realisierbar.
Kollegen der Biologischen Anstalt Helgoland (BAH/AWI) luden nun 2 Ausbilder des Forschungstaucherzentrums an der Universität Rostock ein, eine solche Anlage kennenzulernen, und vielleicht sogar auszuprobieren. Letztlich sollte man als Ausbildungsbetrieb wissen, worüber evtl. gesprochen bzw. entschieden werden muss. Deswegen nahmen die Rostocker (Andreas Frahm,IOW und Gerd Niedzwiedz, UniR) die Einladung dankbar an und machten sich mit ihrem Tauchgerödel auf den Weg nach Helgoland ...
Das Kennenlernen und der Umgang mit der Kirby-Morgan-Maske (KMB 28 Bandmask) war Schwerpunkt am ersten Tag. Diese Maske ist nicht zu verwechseln mit den bekannten Helmen derselben Firma. Es handelt sich bei der KMB 28 um eine Vollgesichtsmaske, die allerdings eine Nummer größer ist, als die bisher am FTZ benutzten Vollmasken anderer Hersteller. Die KMB 28 wird zusätzlich noch über die Kopfhaube des Trockentauchanzuges gezogen und am Hinterkopf mit einem Reissverschluss eng verschlossen. Damit wird ein ganz beträchtliches Luftvolumen eingeschlossen, so dass diese Maske fest am Kopf befestigt werden muss, um nicht zu verrutschen. Hierzu wird eine sehr stabile und mit breiten Gurtbändern versehene Gummikopfspinne verwendet.
Leider befindet sich die Frontscheibe konstruktiv bedingt relativ weit vor dem Gesicht, so dass das Blickfeld stärker eingeschränkt ist, als gewohnt. Alle vom Taucher zu bedienenden Ventile (am Lungenautomaten zum Einstellen des Atemwiderstandes, an der rechten Maskenseite zum Einstellen der Spülluft und ebenfalls an der rechten Maskenseite zum Umschalten von Schlauch- auf Notluft) müssen jetzt blind bedient werden können. Da sollte man schon wissen, ob man ein Ventil links oder rechts herum zudreht!
Die Bedienung der übrigen Ausrüstung sollte ebenfalls wie im Schlaf beherrscht werden. So ist bspw. die Beobachtbarkeit des Finimeters der Not-Druckluftflasche durchaus wichtig: falls nämlich das entsprechende Ventil falsch gedreht ist, wird u.U. versehentlich aus der Notflasche geatmet und nicht aus dem Schlauch. Welche Konsequenzen das haben kann, mag sich jeder selber ausmalen...
Mund und Nase werden durch eine Silikonmaske umschlossen. Der gewohnte Druckausgleich (Valsalva bei zugehaltener Nase) ist nicht möglich - aber das Problem kennt man ja bereits von der alten Dräger-VM und auch von den im FTZ vorhandenen Interspiro-VM. Unterhalb des KMB-Maskenfensters ist ein Stößel angebracht, mit dem ein Nasenkeil im Innern der Maske bewegt werden kann. Glücklich ist derjenige, der im Bewegungsbereich dieses Gummiteils seine Nase platzieren kann und den Druckausgleich jetzt hinbekommt. Ansonsten hilft nur langsames Abtauchen und Schlucken...
Die Kombination der KMB mit einer drahtgebundenen Telefoneinrichtung ist natürlich sehr angenehm, weil die Verständigung bei komplizierteren Taucherarbeiten wichtig ist. Die Lautstärke wird an der Oberfläche auch für den Taucher eingestellt. Vorteilhaft für die Sicherung des Tauchers ist der Umstand, dass die Atemgeräusche kontinuierlich hörbar sind.
Um Zugkräfte des Schlauches an der Maske zu vermeiden legt der Taucher einen sogenannten Harness um, in dem eine Zugentlastung des Schlauches eingeschäkelt wird.
Damit wäre prinzipiell die Ausrüstung beschrieben.
Der Tauchgang selbst erfolgt in gewohnter Manier mit Flossen und im austariertem Zustand. Gewöhnungsbedürftig erscheint natürlich der verstärkte hydrodynamische Widerstand des Schlauches, der insbesondere beim Vorhandensein von Strömung unangenehm zu Buche schlägt.
Nach Aussage der Kollegen von der BAH kostet das System bestehend aus KMB 28, 80m Luftschlauch und Kommunikationsanlage ca. 10 TEuro. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass selbstverständlich auch diese Anlage regelmäßig gewartet werden muss, so dass jährlich weitere mehrere hundert Euro aufgebracht werden müssen.
Fazit: Eine sehr lehrreiche Dienstreise mit vielen Aha-Effekten. Wo jetzt aber wirklich der Vorteil bei der Verwendung einer derartigen Schlauchtauchanlage liegt, wenn an einer Offshore-Windkraftanlage bspw. biologische UW-Beprobungen in 10-15m Tiefe durchgeführt werden sollen, bleibt eine offene Frage. Wir halten den Umgang mit dieser Schlauchtauchanlage durchaus für gewöhnungsbedürftig und können nur dringend Trainingsabstiege vor ihrer "scharfen" Benutzung empfehlen. Natürlich sollte die Maske auch dahingehend ausprobiert werden, ob noch genügend Platz zum Luftholen vorhanden ist und der Druckausgleich problemlos durchgeführt werden kann - Tests, die im "Selbstversuch" noch nicht befriedigend gelaufen sind.
In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, welche Alternativen es zur KMB 28 beim Schlauchtauchen gibt. Möglicherweise lässt sich die Umschalteinheit (siehe 2. Abbildung: Schlauch/Notatmung) auch an andere Vollgesichtsmasken anbauen, vielleicht sogar an die am FTZ bzw. IOW vorhandenen. Neben der preislichen Attraktivität wäre die bereits vorhandene Erfahrung beim Umgang mit diesen Masken ein riesiger Vorteil. Und: ein drahtloses Telefon für die Interspiro bzw. Poseidon-VM ist ja ebenfalls schon vorhanden. Da müssen wir mal schauen ...
Auf jeden Fall sei den Kollegen im wissenschaftlichen Tauchzentrum des Alfred-Wegener-Instituts Bremerhaven, Biol. Anstalt Helgoland ein herzliches Dankeschön gesagt für die Chance, die Anlage zu benutzen.
Detaillierte Informationen zur KMB-28 hier:
www.kirbymorgan.com/products/bandmasks/kmb-bandmask-28
Übrigens:
Die Firma Kirby-Morgan selbst bietet eine Maske (M-48 Supermask) an, die ebenfalls fürs Schlauchtauchen geeignet ist, finanziell wesentlich günstiger liegt und auch mit einem alternativen Lungenautomaten ausgestattet werden kann. das wäre dann vielleicht wirklich eine interessante(re) Form des schlauchversorgten Forschungstauchens.
Link siehe hier: