Neumayer-Station III
Eine innovative Basis für die Antarktisforschung
Das Alfred-Wegener-Institut betreibt trotz beschwerlicher Bedingungen in der Antarktis eine Forschungsstation, in der ganzjährig Wissenschaftler:innen leben und arbeiten: die Neumayer-Station III. Die Station auf dem Ekström-Schelfeis im atlantischen Sektor der Antarktis wurde 2009 in Betrieb genommen und ist die Basis für die deutsche Antarktisforschung.
Extreme Kälte, tobende Stürme und eine scheinbar endlose Polarnacht. Die Antarktis ist ein gefährlicher und faszinierender Ort zugleich. Ohne die richtige Ausrüstung ist die Eiswüste tödlich, doch sie birgt Datenschätze, mit denen wir unseren Planeten besser verstehen. Hier betreibt das Alfred-Wegener-Institut deshalb trotz beschwerlicher Bedingungen eine Forschungsstation, in der ganzjährig Wissenschaftler:innen leben und arbeiten. Seit 2009 dient die Neumayer-Station III auf dem Ekström-Schelfeis an der Küste des östlichen Weddell-Meeres als Basis für die deutsche Antarktisforschung.
Position der Station
Positionsdaten: Ekström-Schelfeis, Atka-Bucht, nordöstliches Weddell-Meer
Koordinaten: 70°40´S, 008°16´W
Der Namensgeber
Georg von Neumayer war Geograph und Hydrograph mit Herzblut für die Wissenschaft und die Antarktis. Heute ist der 1826 geborene Neumayer vor allem für sein Engagement in der Südpolarforschung und seine Rolle als Wissenschaftsorganisator bekannt.
Nur wenige Kilometer entfernt von ihren beiden Vorgängerstationen ist sie ebenfalls in der Atka-Bucht errichtet. Einst als Ausweichposition gedacht, hat sich die Lage der drei Stationen sowohl wissenschaftlich als auch logistisch bewährt. Mit dem Skidoo ist das Meereis in nur wenigen Minuten zu erreichen und Eisbrecher können an der Eiskante sozusagen direkt vor der Haustür anlegen. In einer Region, die selbst nach antarktischen Verhältnissen noch als dünn besiedelt gilt, führen die Observatorien an der Neumayer-Station III einzigartige Messreihen fort, die bis in die 1980er Jahre zurückgehen. Gleichzeitig kommen Jahr für Jahr neue Forschungsfragen hinzu und die Station ist Basis für Wissenschaftler:innen verschiedenster Disziplinen aus der ganzen Welt. Dabei dient sie auch als Ausgangspunkt für Expeditionen ins antarktische Hinterland.
Die Lage verlangt dem Bauwerk allerdings harte Bedingungen ab. Rund 40 Zentimeter schiebt sich das Schelfeis jeden Tag in Richtung Küste und gibt damit ein natürliches Verfallsdatum vor. In ferner Zukunft wird auch der Untergrund, auf dem die Station steht, als Eisberg abbrechen. Außerdem müssen Gebäude in der Antarktis einen endlosen Zutrag an Schnee aushalten. Die Neumayer-Station III passt sich in dieser Hinsicht jedoch optimal ihrer Umgebung an. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängerstationen ist sie nicht mehr ins Eis gebaut und droht somit auch nicht, im Laufe der Zeit von den Schneemassen zerdrückt zu werden. Stattdessen ist die Station auf einer Plattform oberhalb der Schneeoberfläche errichtet und wird von 16 hydraulischen Stützen getragen. Regelmäßig heben Techniker das gesamte Gebäude an. So wächst es mit der Schneedecke und die Plattform liegt immer circa sechs Meter über dem Eis. Diese ausgefeilte Technik beschert der Station eine deutlich längere Lebenszeit – mindesten bis 2035 soll sie noch im Einsatz bleiben.
Die Neumayer-Station III ist die größte und komfortabelste Station in der Geschichte der deutschen Antarktisforschung. In den Sommermonaten finden hier rund 50 Personen Platz. Im Gegensatz zu den meisten anderen Forschungsstationen in der Antarktis beherbergt sie so gut wie alle Arbeitsflächen, Aufenthaltsräume und Vorräte zentral unter einem Dach. Und wenn die Station erst einmal ihr vorgesehenes Alter erreicht hat, kann sie bis auf die letzte Schraube rückgebaut werden, sodass die Spuren der Forschung in dieser schützenswerten Region so gering wie möglich bleiben.
Die Station
Die extremen Bedingungen in der Antarktis erforderten beim Bau der Neumayer-Station III innovative Konstruktionen vom Fundament bis zum Dach. Jedes Detail ist perfekt durchdacht, um den Anforderungen der Forschung in dieser Region gerecht zu werden. Den Ingenieuren ist sozusagen die Quadratur des Kreises gelungen: eine Station auf dem fließenden Eis, die so langlebig und komfortabel ist wie Stationen auf dem Festland. Dabei wurde Nachhaltigkeit immer mitgedacht. Die erzeugte Energie bleibt soweit wie möglich in einem geschlossenen System und wird somit optimal genutzt.
1. Fundament: Die Gesamtlast von etwa 2300 Tonnen verteilt sich auf 16 Fundamentplatten. Die Station wird in
regelmäßigen Abständen mit Hilfe von hydraulischen Stützen angehoben, um den Schneezutrag auszugleichen.
2. Fahrzeughalle: In der Garage findet der gesamte Fuhrpark (Kettenfahrzeuge und Skidoos) ausreichend Platz. Im
Zwischendeck sind zusätzliche Lager und Technikräume eingebaut.
3. Kraftstation: Ein intelligentes Managementsystem steuert die elektrische und thermische Energieversorgung der
Station. Der Anteil der Windenergie soll in den kommenden Jahren schrittweise durch weitere Windkraftanlagen
erhöht werden.
4. Ballonfüllhalle: Meteorologische Ballonsonden werden aus der Halle auf dem Außendeck der Station gestartet.
5. Treppenhaus
6. Wohn- und Arbeitsräume
7. Wasserversorgung: Über eine Schneeschmelze wird die Versorgung der Station mit Trinkwasser gewährleistet.
8. Zufahrt: Über eine verschließbare Rampe aus Schnee gelangen die Fahrzeuge in die Garage der Station.
Meteorologie
Bereits seit 1981 sammelt das Meteorologie-Observatorium kontinuierlich hochwertige Daten für die Klimaforschung. Außerdem liefert es einen täglichen Wetterbericht für das Dronning-Maud-Land, für den die Neumayer-Station III Wettersatellitenbilder empfängt. Um Temperatur, Luftfeuchte, Luftdruck und Wind nicht nur am Boden zu erfassen, werden täglich Radiosonden an einem Wetterballon gestartet. Weitere Sonden messen zudem die Verteilung von Ozon in der Atmosphäre.
Geophysik
Das Magnetfeld der Erde schützt uns vor kosmischer Strahlung, doch es befindet sich in einem ständigen Wandel. Das geophysikalische Observatorium misst deshalb unter anderem, wie sich das Magnetfeld verändert. In einer zehn Meter tiefen Eishöhle ermöglichen Magnetometer die dafür notwendigen Messungen. Mehrere Seismometer registrieren an der Neumayer-Station III außerdem Erdbeben in der Antarktis und der ganzen Welt, die hier anschließend ausgewertet werden.
Luftchemie
Die Luft in der Antarktis ist die sauberste und damit der am wenigsten von der Zivilisation beeinflusste Teil der Atmosphäre. Deshalb kann sie weitgehend als natürliche Referenzatmosphäre angesehen werden. Im Spurenstoff-Observatorium messen Wissenschaftler:innen kontinuierlich, welche und wie viele klimarelevante Gase und Teilchen sich in der antarktischen Luft befinden.
SPOT
Das ferngesteuerte Pinguin-Observatorium SPOT liegt direkt an der Schelfeiskante. Mit Bildund Videoaufnahmen zeigt es die Bewegungen der Kaiserpinguine. So können Wissenschaftler verstehen, wie sich einzelne Pinguine in der Gruppe verhalten und wie sich die Gruppe insgesamt koordiniert. Die Untersuchungen sind so wenig invasiv wie möglich, um die Pinguine in ihrem natürlichen Verhalten nicht zu stören oder zu beeinflussen.
Infrasound
An der Neumayer-Station III betreibt die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe die Infraschallstation I27DE. Als eine von weltweit 60 Infraschallstationen bildet sie einen Beitrag zur Kontrolle des Kernwaffenteststopp-Vertrags. Gemessen werden hier Druckwellen unterhalb des hörbaren Frequenzbereiches, die durch Explosionen sowie andere natürliche und künstliche Phänomene in der Atmosphäre entstehen und sich über große Entfernungen ausbreiten können.
Impressionen von der Arbeit an der Station
Webcam
Die Webcam an Neumayer liefert alle 10 Minuten ein aktuelles Bild - diese Bilder zeigt das Zeitraffer-Video der letzten 24 Stunden. Die Kamera schaltet dabei Nachts auf Schwarz/Weiß-Bilder um. Bei Schneesturm kann die Station auch einmal gar nicht zu sehen sein.
Wege in die Forschung
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