Austernforschung in Nordfriesland
Im Jahr 1869 beauftragte das Preußische Ministerium für landwirtschaftliche Angelegenheiten den Kieler Zoologen Karl August Möbius, die Ursachen für die sinkenden Austernerträge zu untersuchen und ein nachhaltiges Befischungskonzept für die Europäische Auster zu erarbeiten. Er warnte bereits 1877 in seinem Werk „Die Auster und die Austernwirtschaft“ vor den Auswirkungen der Überfischung. Zudem erkannte er die ökologische Bedeutung der Austernbänke und führte an diesem Beispiel den Begriff der Lebensgemeinschaft „Biozönose“ ein. Damit schrieb er Forschungsgeschichte und machte die Austernbänke im nordfriesischen Wattenmeer weltweit bekannt.
1912 nutzte Arthur Hagmeier, Kustos an der Biologischen Anstalt Helgoland, einen Teil seines Sommerurlaubs auf Sylt, um Zuchtversuche der „Königlich-Preußischen Austernfischerei“ in List mit mikroskopischen Untersuchungen zu begleiten. Die Ergebnisse veröffentlichte er 1916 unter dem Titel „Über die Fortpflanzung der Auster und die fiskalischen Austernbänke“. Begeistert von dem Forschungsgebiet bat er 1923 um Arbeitsräume auf dem Areal des damaligen Austernbetriebs. 1924 entstand so auf Sylt das „Zweiglaboratorium für Austernforschung und zur Erforschung des Wattenmeeres“ als weitere Feldstation der Biologischen Anstalt Helgoland.
Aus dieser Einrichtung ist die heutige Wattenmeerstation Sylt des Alfred-Wegener-Instituts Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) hervorgegangen. Die Auster wird hier auch heute noch als zentraler Modellorganismus und wichtiges Forschungsobjekt verwendet, um generelle ökologische Zusammenhänge im Wattenmeer zu verstehen.