Veränderung an der Küste – Pathogene Bakterien und Klimawandel
Die Deutsche Bucht ist ein Ökosystem, das besonders von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen ist. Gleichzeitig ist sie – als wichtige wirtschaftlich hochaktive Region – auch beeinflusst durch eine große Zahl anthropogener Einflüssen, wie u. a. durch den Tourismus, die Fischerei, den Schiffsverkehr, Umweltverschmutzung und Eutrophierung, sowie seit kurzem auch durch den Aufbau von Offshore-Windparks. Beide Aspekte, der Klimawandel und der anthropogene Druck auf das Ökosystem, werden mit dem Fokus auf die Mikroorganismen in unserer Arbeitsgruppe untersucht.
Vibrionen sind Teil der seltenen marinen Bakteriengemeinschaft (rare community), sie vermehren sich unter optimalen Bedingungen (meist mesophil) schnell und verschwinden ebenso schnell wieder (boom and bust). Die Wassertemperatur ist bei den meisten potenziell humanpathogenen Vibrionen ein entscheidender Faktor für deren Wachstum und Verbreitung. Sie kommen sowohl in Muscheln als auch in der Wassersäule vor. Vibrionen können im Winter nahezu nicht nachweisbar sein und dann aber im Sommer hoch abundante Blüten bilden. Ihr Auftreten ähnelt damit dem in tropischen Regionen mit wärmerem Klima; untypisch für die Nordsee mit den eher gemäßigten Temperaturen. Bisher gibt es kein Monitoring von Vibrionen in der Deutschen Bucht. Daher sind wir nicht in der Lage, die Gefahren, die von pathogenen Vibrionen für die Gesundheit ausgehen, oder auch deren negative wirtschaftliche Folgen, für Europa zu beurteilen.
Dies ist insofern alarmierend, als dass der Klimawandel wahrscheinlich die Verbreitung pathogener Vibrionen beeinflussen wird. Wie es schon für andere Küstenregionen vorhergesagt ist, werden steigende Wassertemperaturen, hohe Strömungsgeschwindigkeiten und ungewöhnliche klimatische Verhältnisse zu einer größeren Verbreitung auch der pathogenen Vibrionen in nördliche temperente Gewässer führen. Bakterienviren (Phagen) spielen eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der genomischen Vielfalt der Bakteriengemeinschaft. Auch bei der Weitergabe von Pathogenitätsfaktoren (durch z.B. Gentransfer), tragen die Vibriophagen zu einer Veränderung der natürlichen Gemeinschaften pathogenen Vibrionen bei. Die Rolle dieser Gruppe von Phagen bei der Entwicklung pathogener Bakterienpopulationen gehört daher zu einer unserer speziellen Forschungsfragen.
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