Eisschilde: Was kann die Wärme ihnen anhaben?

Prof. Dr. Olaf Eisen, Glaziologe am Alfred-Wegener-Institut und Professor an der Universität Bremen.

Eisschilde

Gletscher

Eisdynamik im Klimawandel

Die Eismassen Grönlands und der Antarktis sind keine trägen oder gar starren Gebilde, sondern überraschend veränderbar. Sie stehen mit ihrer Umwelt – das heißt in erster Linie mit dem Meer und der Atmosphäre – in ständiger Wechselwirkung und reagieren auf deren Veränderungen deutlich schneller als man dies noch vor 25 Jahren geglaubt hätte. Heutzutage versetzen uns verbesserte Forschungstechnik sowie moderne satellitengestützte Beobachtungssysteme in die Lage, die Eismassen sowohl vor Ort grundlegend zu untersuchen als auch aus der Ferne immer im Blick zu behalten. Auf diese Weise haben wir ein solides Verständnis für ihre Rolle im Klimasystem der Erde entwickelt und können die Ursachen ihres Wandels besser nachvollziehen.

Diese Aussage gilt sowohl für die Vergangenheit, die von Wechseln zwischen Kalt- und Warmzeiten geprägt war, als auch für die Gegenwart, in welcher die menschengemachte Erderwärmung alle bislang bekannten Geschwindigkeitsrekorde bricht. Genau hier setzen die aktuellen Fragestellungen der Eisschildforschung an: Wie schnell werden Eisschilde auf einen wärmeren Ozean reagieren? Wie wirkt sich Eisschmelze an der Oberfläche der Eisschilde auf ihre Massenbilanz aus – schmilzt mehr Eis als sich durch Schneefall neu bildet? Welche Rolle spielen die Bedingungen an der Eisunterseite für die zum Teil rasant fließenden Eisströme und wie haben sich diese in der Vergangenheit verändert? Wo können wir das älteste Eis finden, mit welchem wir Rückschlüsse auf das Klima der Vergangenheit vor mehr als einer Million Jahren ziehen können?

Für all diese Fragen sind Beobachtungen vor Ort unerlässlich. Angefangen von der Bestimmung der Eisdicke bis hin zur Bestimmung der Kristallorientierung in großen Tiefen und der Beschaffenheit des Untergrundes unter dem Eis, die beide für das Fließverhalten des Eises von großer Bedeutung sind. Am Ende hoffen wir Schlussfolgerungen ziehen zu können, wie sich die Eismassen in den nächsten Jahrzehnten unter fortschreitender Erwärmung verhalten werden – und welche Gefahren dabei von ihnen ausgehen.